Wir haben gar kein Auto...
Natur hier mit bunten Lettern das Wort Friede in die Welt geschrieben.«
Wir fahren die Passeggiata dâEstate entlang und bewundern die weiÃe Marmorstatue der Kaiserin Elisabeth von Ãsterreich, die sich hier mit Vorliebe aufhielt. Dann biegen wir in den Sissi-Weg ein, der das historische Zentrum mit Schloss Trauttmannsdorff verbindet. In der Dämmerung und den frühen Abendstunden ist Meran noch schöner und bezaubernder. Vor den Gärten würden wir am liebsten absteigen, uns in diesem phantastischen Labyrinth der Sinneverlieren und lernen, die zahllosen Varietäten der Kräuterpflanzen zu unterscheiden. Die Luft duftet nach Lavendel, Minze, Basilikum â herrlich!
Ein Stück entfernt befindet sich der Teich der Nymphen, ein weiterer magischer Ort mit Hunderten von Wasserpflanzen. Doch wir müssen umkehren, denn wir sind schon über den Weg hinaus, der zum Schloss Pienzenau führt. Der Pfad, den wir einschlagen, hat es allerdings in sich: Der Aufstieg ist anstrengend, und wir müssen die Räder schieben, aber wir kommen durch einen wunderschönen Park mit jahrhundertealten Zedern, Sequoia-Mammutbäumen und Kiefern. Wir waren vor ein paar Jahren schon einmal hier, um den Geburtstag unseres Freundes Jacob de Chirico zu feiern, aber wir hatten vergessen, wie schön dieser Ort ist. Ein echtes Juwel, verborgen im Grün!
Manchmal können Ãberraschungsbesuche für den, der sie erhält, unangenehm sein, doch nicht für unsere Freunde. Sie empfangen uns herzlich, obwohl sie bereits mit einem befreundeten Paar, das gerade aus Bali zurückgekehrt ist, auf einen Teller
fettuccine ai funghi
verabredet sind.
»Das ist ja eine schöne Ãberraschung«, sagt Gerti, fügt aber gleich hinzu: »Nur schade, dass wir keine freien Zimmer mehr haben, es ist alles belegt.«
Noch vor ein paar Minuten habe ich Jutta vorgeschlagen, im Hotel anzurufen, um zu fragen, ob es ausgebucht sei. Ich bin vorausschauend genug, um ausgerechnet in der letzten Nacht nicht ohne Bett dazustehen. Aber natürlich ist mein Rat auch diesmal umsonst gewesen.
Gerti kommt meinem verlegenen Blick zuvor und sagt mit einem herzlichen Lächeln: »Aber ihr könnt gerne unterm Dach schlafen, wo wir unsere Yogakurse abhalten.«
In einem solchen Fall hätte mein Vater mir ins Ohr geflüstert, das Gesetz der Vergeltung will, dass die Könige durchdas Gegenteil ihrer Schuld bestraft werden. Unsere Schuld besteht darin, dass wir die beiden letzten Nächte in einem 5-Sterne-Hotelzimmer verbracht haben, und die Sühne besteht darin, dass wir nun in einem Saal mit acht Reisstrohmatten schlafen werden!
Jutta scheint die Vorstellung, auf dem Boden zu nächtigen, deutlich mehr zu begeistern als mich. Doch im Nachhinein muss ich zugeben, dass mein Futon wirklich bequem war, auch wenn ich es vorgezogen hätte, mich unter einem warmen Kotatsu zusammenzurollen, da der Platz, den man mir zugewiesen hat (was für ein Zufall!), neben dem (weit geöffneten) Fenster lag.
Also schnell unter die Dusche und danach hinunter zum Abendessen. Die Pasta ist nicht unbedingt die beste meines Lebens, aber die gesellige Runde ist fröhlich, sympathisch und sehr amüsant. Morgen erwartet uns der Endspurt mit einer Ãberraschung auf einem der Hauptplätze. Das Teatro Puccini soll die Ziellinie sein.
»Die Ziellinie« â zwei Wörter. Wörter, die nach Leben schmecken. Nach Abenteuer. Leidenschaft. Das Ziel, von dem wir alle träumen. Der eine hofft, die Linie zu erreichen, um auf ein Podium zu steigen, der andere, um das Herz eines Menschen zu erobern, der Dritte, um Erfolg zu haben, und der Vierte findet, wenn er sie überschreitet, den Schatz von Onkel Dagobert. Wir wollten die Linie des Herzens überschreiten. Vielleicht haben wir es ja geschafft. Nach einer Woche hat der Wunsch anzukommen diese Linie in nächste Nähe gerückt â und die Abfahrt in weite Ferne. Die metaphorische Dimension der Fahrt hat jene der überwundenen Kilometer ersetzt. Nicht Stolz über die Leistung, die wir vollbracht haben, überkommt uns plötzlich, sondern eine völlig unerwartete Verblüffung darüber, dass wir keine neue Etappe mehr beginnen können. Ja, in Kürze werdenwir in Unterhosen in einem riesigen Raum unterm Dach sitzen, unsere sonnengebräunten Knie betrachten und uns sagen: »Es ist vorbei.«Von morgen an radeln wir nicht
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