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Wir lassen sie verhungern

Wir lassen sie verhungern

Titel: Wir lassen sie verhungern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ziegler Jean
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individuelle Vermögen der reichsten Leute ist exponentiell angewachsen.
    Éric Toussaint, Damien Millet und Daniel Munevar 296 haben während der letzten zehn Jahre die Entwicklung der Vermögen von Milliardären beobachtet. Hier die Ergebnisse ihrer Studie.
    2001 belief sich die Zahl der Dollarmilliardäre auf 497 und ihr kumuliertes Vermögen auf 1,5 Billionen Dollar. Zehn Jahre später, 2010, hatte sich die Zahl der Dollarmilliardäre auf 1210 und ihr kumulatives Vermögen auf 4,5 Billionen Dollar erhöht.
    Das kumulierte Vermögen dieser 1210 Milliardäre übersteigt das Bruttosozialprodukt Deutschlands.
    Der Zusammenbruch der Finanzmärkte 2007/08 hat die Existenz vieler Millionen Familien in Europa, Nordamerika und Japan vernichtet. Laut der Weltbank sind zusätzlich 69 Millionen Menschen im Elend des Hungers versunken. In den Ländern des Südens wurden überall neue Leichengruben ausgehoben.
    Doch 2010 hatte das Vermögen´der Superreichen jenes Niveau überschritten, das ihr Reichtum drei Jahre vor dem Zusammenbruch der Finanzmärkte hatte.
    Wer sind die Herren des Agrar- und Lebensmittelmarktes, die heute über die Ernährung der Menschen bestimmen?
    Einige transkontinentale Konzerne beherrschen diesen Markt. Jeden Tag entscheiden sie, wer stirbt und wer lebt. Sie bestimmen die Herstellung und den Preis der Produktionsmittel, die die Bauern und Viehzüchter kaufen müssen (Saatgut, Pflanzenschutzmittel, Pestizide, Fungizide, Mineralischer Dünger etc.). Ihre Trader sind die Hauptakteure an den Commodity Stock Exchanges (den Agrarrohstoffbörsen) der Welt. Sie legen die Lebensmittelpreise fest.
    Auch das Wasser unterliegt inzwischen großenteils der Kontrolle dieser Konzerne.
    Seit kurzem haben sie sich viele Millionen Hektar Ackerland in der südlichen Hemisphäre angeeignet.
    Sie berufen sich auf den Freien Markt und die »Naturgesetze«, die ihn angeblich regieren. Doch an den Gesetzen des Marktes ist gar nichts natürlich. Die Ideologen der transkontinentalen Unternehmen (der Hedgefonds, der internationalen Großbanken etc.) sind es, die, um ihre mörderischen Praktiken zu legitimieren und um das Gewissen der Akteure zu beruhigen, diese »Marktgesetze« als natürlich ausgeben, indem sie sie ständig als »Naturgesetze« bezeichnen.
    Vielfältige Ursachen sind daran beteiligt, dass jeder siebte Mensch auf der Erde schwerstens unterernährt ist und dass von diesen eine skandalöse Zahl verhungert. Doch egal, was für Ursachen es auch sind, die Menschheit verfügt, wie in diesem Buch immer wieder dargelegt wurde, über die Mittel, diesen entsetzlichen Missstand zu beseitigen.
    In seinem berühmten Elmhirst-Vortrag vom 26. August 1985 in Malaga stellte Amartya Sen fest: »Beim Hunger und der Ernährungspolitik ist rasches Handeln offenkundig von allerhöchster Bedeutung.« 297
    Amartya Sen hat Recht: Es gilt, keine Sekunde zu verlieren. Zu warten, sich über die Mittel zu streiten, sich in endlosen Debatten und haarspalterischen Diskussionen zu verlieren – mit diesem Choral Singing , das Mary Robinson so schockierte, als sie Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen war –, machen wir uns zu Komplizen des raffgierigen Raubgesindels.
    Die Lösungen sind bekannt und füllen viele Tausend Seiten von Projektentwürfen und Machbarkeitsstudien.
    Wie berichtet, haben 146 der damals 193 der UNO angehörenden Staaten ihre Vertreter im September 2000 nach New York entsandt, um ein Verzeichnis der schlimmsten Tragödien anzulegen, von denen die Menschheit an der Schwelle des neuen Jahrtausend heimgesucht wurde – Hunger, extreme Armut, Wasserverschmutzung, Säuglingssterblichkeit, Geschlechterdiskriminierung, Aids, Epidemien, Klimazerstörung – und die Ziele für den Kampf gegen diese Geißeln festzulegen. Nach Berechnungen, die die Staats- und Regierungschefs vorlegten, müsste man, um die acht Tragödien zu besiegen – unter denen der Hunger den ersten Rang einnimmt –, fünfzehn Jahre lang eine jährliche Investition von 80 Milliarden Dollar vornehmen.
    Dazu würde es genügen, bei den 1210 vorhandenen Milliardären eine jährliche Vermögenssteuer von 2 Prozent zu erheben …
    Wie können wir der Unvernunft der Hungermacher ein Ende setzen?
    Indem wir zunächst einmal gegen den Sittenverfall der Führungseliten in vielen Ländern der südlichen Hemisphäre kämpfen – gegen ihre Bestechlichkeit und die Besessenheit, mit der sie festhalten an der Macht ihrer Positionen und der Aussicht

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