Wir neuen Großvaeter
mütterlicherseits, ist der einzige, der fiktionale Texte geschrieben hat, ein Theaterstück und einen Roman. Er soll auch meine Neigung zum Grübeln und ausgiebigen Reflektieren in allen Lebenslagen geteilt haben und sah mir zu allem Ãberfluss sogar ähnlich. Ich bin sicher, dass ich mich mit beiden sehr gut verstanden hätte.
Jan Costin Wagner, Schriftsteller
Kein Bedarf an »Schnitzel à la Asterix«
Gutes Benehmen ist keine Glückssache, sondern ein Zeichen für Intelligenz
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In der Stadt bin ich meistens mit der U-Bahn, der S-Bahn und dem Bus unterwegs. Um die Mittagszeit wird es oft schwer, einen Sitzplatz zu ergattern. Auf den Sesseln rekeln sich längst die Mädchen und Jungen, die nach einem anstrengenden Schultag den heimatlichen Fleischtöpfen zustreben. Vielleicht habe ich nicht richtig hingeschaut, aber ich sah noch nie, dass einer der hoffnungsvollen Sprösslinge etwa der stets zitierten »alten Dame« seinen Platz angeboten hat. Neulich musste ein erwachsener Mitreisender einen etwa zwölfjährigen Jungen bitten, seinen Sitz für einen behinderten Mann freizumachen.
Dies wird Philip vermutlich nicht passieren: Zufällig saà ich neben dem Zehnjährigen im Flugzeug aus Hamburg. Wir kamen ins Gespräch, und er erzählte mir, dass er dort übers Wochenende einen Benimmkurs besucht habe, eine Art »Knigge für Kids« im renommierten Hotel »Vier Jahreszeiten«. Philip kann nachvollziehen, warum ihn seine Eltern angemeldet haben. Irgendwann soll der Junge die Kanzlei seines Vaters übernehmen, und ohne gute Manieren komme ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nicht ins Geschäft.
Ich wurde neugierig. Ein Benimmkurs für Kinder in einem Hotel der Luxusklasse? Elf Mädchen und Jungen zwischen 9 und 15 Jahren lernten, dass man die Spaghetti mit der Gabel
aufdreht. So wie es die Gäste in einem römischen Restaurant auch machen. Die Teilnahme an dem Kurs kostete â wie ich erfuhr â 130 Euro, inklusive einem Vier-Gänge-Menü, bei dem die Kinder schon mal ausprobierten, dass man sich nicht mit den Ellenbogen auf den Tisch stützt. Die servierten Gerichte hatten einen hohen Schwierigkeitsgrad: Suppe, gebackener Kabeljau, Hähnchenkeule mit Spaghetti und zum Dessert Mousse au Chocolat. Auf dem Tisch lagen zwei Teller, zwei Messer, drei Gabeln, das Fischmesser und die beiden Löffel. Ihr korrekter Einsatz musste wohlüberlegt sein.
»Ich habe gelernt, dass die Schneide von dem Messer auf dem Teller für das Brot nicht nach innen gerichtet wird, damit man sich nicht verletzt«, erzählte Philip. »Und ich kann jetzt auf eine heiÃe Suppe pusten, ohne mein Gegenüber vollzuspritzen!«
Da mag vieles übertrieben klingen, festzuhalten ist jedoch: Gutes Benehmen ist Teil der Bildung, und Bildung ist das A und O für die Zukunft unserer Kinder. Wenn Philip später mal mit seinen Mandanten zu tun hat, wird er sich zu benehmen wissen und damit bestimmt erfolgreicher sein als ein anderer, der die Suppe schlürft.
Lehrer und Schüler wissen ein Lied davon zu singen: Gutes Benehmen ist tatsächlich Glückssache. Aus diesem Grund hat eine Bremer Schule Benimmkurse für Fünftklässler eingeführt. Eine Stunde pro Woche üben sie sich in respektvollem Umgang miteinander. In den Kursen sollen die Mädchen und Jungen nicht nur »Tür aufhalten, Mütze absetzen und Hände aus den Taschen« lernen (Hartmut Langetepe in www.stern.de 2003). Es gehe vor allem darum, den höflichen Umgang mit anderen zu trainieren und vernünftig mit Problemen umzugehen.
Die Bremer Lehrer wollen aus ihrer Not im wahrsten Sinne eine Tugend machen. Die meisten Schüler â so ihre Erfahrung â legten bisweilen ein Verhalten an den Tag, »das auf keine Kuhhaut geht«.
Natürlich erwartet die Schule, dass die Eltern bei dem Unterricht mitziehen. Kein Lehrer, und sei er auch noch so engagiert, kann ständig die Motivation vermitteln, die Kinder brauchen, um sich mit ihrer Umgebung zu arrangieren.
Höflichen Menschen öffnen sich alle Türen dieser Welt. Gutes Benehmen ist nicht nur eine Sache des Herzens, sondern ein Zeichen für Intelligenz.
Ãber zehn Jahre habe ich während der Sommermonate auf zwei Kabinenbooten in der Bretagne unter dem Motto »Panta rhei â alles flieÃt« Managerseminare für bekannte deutsche Unternehmen
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