Wir neuen Großvaeter
Geduld: Schaut unsere kleinen Buben und Mädchen nur etwas nachsichtiger an, lasst euch beglücken von ihrer Freude am Leben, von ihren offenen Gesichtern.
Es ist doch nicht zu übersehen, dass sie selbstbewusster und geistig beweglicher sind als die Kinder früherer Generationen. »Kinder haben von Anfang an eine eigene Persönlichkeit und sind damit menschlich und sozial kompetente Partner ihrer Eltern«, sagt der Familientherapeut Jesper Juul und bezieht engagierte GroÃeltern mit ein. »Wir Erwachsenen müssen lernen, auch störendes Verhalten in Botschaften zu übersetzen. Denn Erziehung ist ein Entwicklungsprozess â für die Eltern und für die Kinder.« Das Deutsche Jugendinstitut stellt in einer Mehrgenerationen-Studie fest: »Nicht tiefe Gräben trennen die Generationen mehr voneinander, sondern nur ein paar Türen und StraÃen. Enkel und GroÃeltern sind in der Regel füreinander da. Darauf kann man sich verlassen, selbst wenn man sich nicht so oft sieht!«
Die gestiegene Lebenserwartung mag zwar eine Belastung für Renten â und Krankenkassen sein, für das Zusammensein von Enkeln und GroÃeltern bietet sie jedoch groÃe Chancen auf eine gemeinsame lange Lebenszeit. Heutige GroÃväter und GroÃmütter leben nicht nur länger als ihre eigenen Eltern, sie sind in der Regel auch gesünder, gebildeter und wohlhabender. Und sie sind mit einer wunderbaren Gabe ausgestattet, die das Zusammenleben der Generationen erleichtert: Gelassenheit.
Von »Ruhestand« kann bei den meisten GroÃeltern nicht mehr die Rede sein. Ruhestand bedeutet Stillstand, ja sogar Kapitulation gegenüber dem Leben, das in jedem Alter voller Gestaltungsmöglichkeiten ist.
AuÃerdem sind aktive GroÃeltern im Besitz jenes kostbaren Gutes, das ihren berufstätigen Kindern meistens fehlt: Zeit. Genau dies ist es, was Enkel zu Recht für sich einfordern. Die
Kinder des Informationszeitalters sehnen sich nach echten Menschengeschichten, nach Stories, in denen die GroÃeltern Helden oder Verlierer sind.
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Es gibt jedoch auch das Bild der scheinbar egoistischen GroÃeltern, die ihre eigenen Pläne verwirklichen wollen: endlich ein Apartment im Süden, ein nachgeholtes Studium an der Uni, Ãberwintern auf Mallorca. Steht also dem Gewinn an Zeit, Bildung und Wohlstand ein Verlust an Fürsorge für die Enkelkinder gegenüber? »Nein«, sagen die so Gescholtenen. Aus Vater Staat ist längst ein GroÃvater Staat geworden, der mit einem immer dichteren Netz aus Kindergärten und Krabbelstuben für die sozialen Belange der Enkel sorgt: Kinder brauchen Kinder. Die GroÃeltern springen ein, wenn Not am Mann ist, und konzentrieren sich auf die wichtigen Momente im Leben ihrer Enkel: Geburtstage, Einschulungen, Familienfeste.
Auch eine immer raffiniertere Technik verhilft zu mehr Nähe. Videogespräche über Computer und über das Mobiltelefon erobern den Familienalltag. Allein der kostenlose Videodienst von Skype hat über eine halbe Milliarde angemeldeter Nutzer, darunter viele GroÃeltern, die per Distanz mit ihren Enkeln spielen. Kein Ort ist zu weit für eine Plauderei, kein Land zu fern für ein Lächeln.
Noch in jüngster Vergangenheit konnten unsere Vorfahren ihren Enkeln verlässliche Auskunft über deren Zukunft geben. Die ältere Generation gab guten Gewissens Erfahrungen weiter, die sie über Beruf und Familie, über Umwelt und Technik gesammelt hatte. Wissen und Erfahrung waren ein wertvoller Schatz. Heute hat dieser Schatz an Wert verloren.
»Was Gültigkeit behält, sind Erfahrungen mit dem, was dem Menschen gemäà ist: Mit dem Wert der Familie und der
kleinen Lebenskreise als primären Orten menschlicher Identität und persönlicher Verantwortung«, schreibt Kurt Biedenkopf â politisches Urgestein und GroÃvater von zehn Enkelkindern â in seinem Buch Die Ausbeutung der Enkel . Viele Ãltere hätten Schwierigkeiten, die heutige wissenschaftlich-technische Welt zu verstehen, und seien deshalb auf den Rat der Jüngeren angewiesen. Reich und mächtig seien sie, unsere Enkel, verbunden und vernetzt mit der ganzen Welt. Aber arm an Erfahrungen und an geistiger wie kultureller Sinngebung, die uns auch in Zeiten des Umbruchs die Gewissheit vermitteln könnte, Teile einer gleichgesinnten Gemeinschaft zu sein, meint Biedenkopf.
Ein besonderer
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