Wir neuen Großvaeter
Rosa, den sie im eigenen Gasthaus in Schallan ihren Gästen auftischte.
Viele Mütter von heute â und leider auch manche GroÃmütter â stehen nur noch selten am heimischen Herd. Auf den Tisch kommt daher schon mal ein Menü aus der Tiefkühltruhe oder eine Pizza, die ihren Weg durch die Mikrowelle genommen hat.
Was wir essen, hat sich in den letzten 30 Jahren stärker verändert als in den 30.000 Jahren davor â ohne dass die meisten von uns es bemerkt haben.
Das Essen, das Millionen von Menschen jeden Tag zu sich nehmen, wird in riesigen Fabriken hergestellt, mit chemischen Geschmacksstoffen versetzt und an Kantinen, Restaurants und Kindergärten versandt, die es dann einfach erhitzen. Niemandem in der langen Geschichte der Menschheit wurde dergleichen jemals vorgesetzt.
Wenn wir uns daheim einen Erdbeer-Milchshake machen wollen, brauchen wir dazu bloà Milch, Eis, Sahne, Zucker, Erdbeeren und eine Prise Salz. Wenn wir dagegen ein solches Getränk in einem Schnellimbiss bestellen, stoÃen wir auf eine Liste von Inhalts â und Zusatzstoffen, von denen wir noch nie etwas gehört haben.
Andere Länder, andere Sitten: In vielen französischen Schulen zum Beispiel steht das Fach »Ernährung« gleich hinter Mathe und Geschichte auf dem Stundenplan. SchlieÃlich leben unsere Nachbarn in einem Land, in dem der Aufenthalt in einem guten Restaurant immer noch so wichtig ist wie der Besuch einer gotischen Kathedrale. Und Spitzenköche erkennt man hier wie dort an ihrem Wahlspruch: regional und saisonal! Keine Zutaten verwenden, die von weit herkommen. Keine Erdbeeren im Januar!
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Ich selbst versuche seit Jahren, den Weg des Vegetariers zu gehen. Monatelang hatte ich auf den Verzehr von Fleisch und Wurst verzichtet. Und dann dieser Rückfall. Ort der Handlung: Wien. Und im Prater blühten wieder die Bäume. Vor mir eine »Stelzen« wie auf einem Gemälde von Breughel. Die Schweinshaxe aus dem »Schweizer Haus« gehört zu den Attraktionen
der Stadt. Nirgendwo gibt es sie so kross gebraten, nirgendwo schmeckt das Budweiser dazu so prächtig wie unter den mächtigen Kastanien des alten Wirtshauses.
Am Tag davor war Welt-Vegetariertag, und wenig später proklamierten die Vereinten Nationen den »Tag der Gewaltlosigkeit«. Da passt etwas zusammen. Denn wir müssen uns klarmachen, dass wir den Tieren Gewalt antun, bevor wir sie verzehren. Die meisten Schweine und Rinder werden in Lastwagen durch halb Europa kutschiert, bevor sie im Schlachthof ihr Leben beenden.
Eine vierköpfige Familie in West-Europa isst im Jahr zwei Schweine, 54 Hühner und ein Viertel von einem Kalb. Viel zu viel sagen Ãrzte, Ernährungswissenschaftler und Ãkonomen.
In den USA hat die Herzerkrankung des ehemaligen Präsidenten Bill Clinton eine Ernährungsdebatte ausgelöst. Bevor er sich zum ersten Mal einer groÃen Bypass-Operation unterziehen sollte, schrieb ihm der Arzt und Ernährungswissenschaftler John McDougall einen offenen Brief, in dem er ihm riet, auf den Eingriff zu verzichten. Er warnte vor postoperativen Verhaltensstörungen. Und er prophezeite, dass bald weitere Operationen folgen müssten, wenn die Krankheit nicht an der Wurzel bekämpft würde, vor allem durch eine andere Ernährung. In einem Interview kam Clinton später auf die Empfehlungen des Arztes zu sprechen. Der daraufhin praktizierten Diät â ausschlieÃlich Obst, Gemüse, wenig Fett â schreibt Clinton seine wiedergewonnene Gesundheit zu, die auch in seiner erneuten politischen Aktivität erkennbar wird.
Eine Umstellung auf mehr Gemüse und weniger Fett geht überraschend schnell und hat ganz unerwartete Vorteile: Die
Pfunde purzeln, das schlechte Cholesterin sinkt, und der Blutdruck zeigt wieder normale Werte. AuÃerdem führt diese Art der Ernährung zurück in die Kulturgeschichte der Menschheit, als es ab und zu mal Beute und Braten gab, an Festtagen oder auch mal an einem Sonntag.
Irgendwann stellt jedes Kind seinen Eltern die Frage: Dürfen wir Tiere essen? Und je klüger es ist, desto besser weià es Bescheid: Wer weniger Fleisch verspeist, lebt gesünder, engagiert sich gegen die Massentierhaltung und sorgt für ein besseres Klima. All diese Informationen bekommen wir ständig um die Ohren gehauen. Trotzdem häufen sich die Fleischberge in den Supermärkten, hängen gigantische Schinken in
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