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Wir neuen Großvaeter

Wir neuen Großvaeter

Titel: Wir neuen Großvaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Holbe
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Vorträge Fragen stellen, auch über die akademischen Rituale im Universitätsbetrieb. Keineswegs eingeschüchtert
waren sie von den Uni-Gebäuden mit ihren Säulenportalen und den herrschaftlichen Hörsälen. Sie fanden es auch prima, dass Mama und Papa draußen bleiben mussten.
    Kinder verfügen ab einem Alter von etwa drei Jahren über die Fähigkeit, gezielt Fragen zu stellen, manchmal so viele, dass es die Eltern bisweilen nervt. Dabei sollten Erwachsene froh sein über jede Frage aus Kindermund, weil sie dadurch erfahren, wie unbefangen und neutral Kinder die Welt sehen. Philosophie beginnt mit neugierigem Staunen. Es ist deshalb jedes Mal ein Abenteuer, wenn ich mit meinen Enkeln ins Kino, ins Museum oder ins Theater gehe. Bereits auf dem Heimweg beginnen die Fragen, die vor Ort nicht beantwortet wurden. Sehr schnell kam ich zu der Erkenntnis, dass mein Wissen für korrekte Auskünfte nicht immer reicht. Seitdem bereite ich mich auf diese Ausflüge vor, lerne viel über drahtlose Telegrafie – wenn wir das »Museum für Kommunikation« ansteuern – oder über das Leben der Dinosaurier, deren Skelette im Naturkundemuseum präsent sind. Stolz war ich, als Leo einmal seinem Freund Noah* zuflüsterte: »Mein Großvater weiß alles!« Ich habe nicht dementiert. Inzwischen hat er seine damalige Meinung längst korrigiert.
    Erwachsene sollten bereit sein, vor den Kindern Wissenslücken einzugestehen. Wenn Eltern oder Großeltern scheinbar auf alles eine Antwort wissen, verlassen sich Kinder darauf und verzichten auf andere Quellen.
    Dabei sollten Kinder auch lernen, sich anderweitig zu orientieren, wenn die Eltern oder Großeltern als Auskunftei einmal ausfallen. Souverän verhalten wir uns, wenn wir alles, was wir nicht wissen, gemeinsam mit einem fragenden Kind herausfinden oder ihm dabei behilflich sind, das ganz allein zu schaffen.
Kinder wollen gefordert werden, ob vor der Playmobil-Pyramide oder in der Kinder-Uni.
    Â 
    Immer öfter beobachten Pädagogen einen Vorgang, den sie »Kultur des Nachgebens« nennen. Viele Eltern scheuten inzwischen den Konflikt mit ihren Kindern und verwöhnten sie viel zu sehr. Es sei keine Ausnahme mehr, dass Eltern Hausaufgaben als Ȇberlastung« und das Lernen für Klassenarbeiten als »Zumutung« für ihre Kinder empfänden, meint der »Verband Bildung und Erziehung«. Unpünktlichkeit und Schwänzen würden von zahlreichen Eltern durch Entschuldigungen gedeckt. Mit ständigem Nachgeben und der falsch verstandenen Art des Verwöhnens nähmen Eltern ihrem Nachwuchs die Chance, sein Leben eigenverantwortlich zu gestalten. So würden Kinder zu »egoistischen Erwachsenen«, die alles haben wollten, aber nicht bereit seien, dafür etwas zu tun.
    Pädagogen plädieren dafür, dass die Schule keine »Verwöhnstrukturen« zulassen darf, sondern Tugenden wie Anstrengung, Disziplin und Pünktlichkeit bei den Schülern einfordern muss. Denn diese haben auch im späteren Berufsleben hohe Priorität.
    Nirgends sonst in Europa sind die Schulkinder derart flächendeckend mit Handys, Computern und Digitalfernsehen ausgerüstet wie in Dänemark, wo die Eltern ihr schlechtes Gewissen über zu wenig Zeit für ihren Nachwuchs noch dreister als anderswo mit materiellen Gütern abzugelten suchen. Und keine anderen Kinder wissen so gut wie die dänischen, wie sie sich aufzuführen haben, um ihren entnervten Erzeugern die nötige technische Aussteuer aus der Tasche zu ziehen. So sieht es zumindest eine Umfrage, mit der ein Kopenhagener TV-Kinderkanal
etwas über die Drangsaliergewohnheiten seiner jugendlichen Kunden herauszufinden versuchte.
    Wenn das Elternhaus kapituliert, muss die Schule gegensteuern. Und dabei neue pädagogische Wege abseits von Norm und Gleichschritt anbieten. So präsentiert sich die Wegenkamp-Schule in Hamburg als »eine Grundschule gegen Gängeln, Gähnen und Gänsehaut«. Einen besonderen Platz nimmt dort die Forscherwerkstatt ein, in der Projekte in kleinen Gruppen gemeinsam entwickelt werden. In der Werkstatt züchten die Schüler Kristalle, untersuchen Maschinen auf ihre Funktionsfähigkeit und bauen Stromkreise nach. In vier Labors, jeweils einem der vier Elemente zugeordnet, können schon die Erstklässler eigene Experimente durchführen. Hinter der Werkstatt liegt ein Hof, auf dem

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