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Wir schaffen es gemeinsam

Wir schaffen es gemeinsam

Titel: Wir schaffen es gemeinsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Vorteil von ein paar Stunden bei dem guten alten Professor haben.“
    „Aber Yvonne! Sei doch vernünftig! Warte bis nach Weihnachten und beantrage ein Stipendium! Die Aussichten, daß es bewilligt wird, sind gut. Dann kannst du zum Sommer fahren.“
    „Dann ist der Professor nicht in Paris. Er macht ewig lange Sommerfenen und läßt dann alles, was einer Arbeit auch nur von ferne ähnlich ist, stehen und liegen. Und ich brauche ihn jetzt, jetzt… verstehst du? Ich nehme mir wirklich nicht allzu viele Künstlerlaunen heraus, Wibke, das mußt du zugeben, und rede nicht übertrieben viel von Inspiration und Stimmung. Aber jetzt… gerade jetzt fühle ich, daß ich sehr viel weiterkommen würde, und ich glaube offengestanden, ich bin es mir selber und – lach nicht – meiner Kunst schuldig, wenn ich bald fahre.“
    „Ja, ja. Ich verstehe das. Wann willst du reisen?“
    „Spätestens in zwei Monaten. Ja vielleicht… vielleicht warte ich bis ins neue Jahr, so daß wir Weihnachten noch zusammen feiern können, du und ich. Und etwas Zeit kann ich gut noch brauchen. Ich hatte die Absicht, einige von meinen Skizzen in Ol auszuführen, damit ich ein paar Arbeiten zum Vorzeigen habe. Einige von den Kinderskizzen, und dann wollte ich gern noch ein Bild von Mouche machen. Du weißt, Kinder und Tiere, die male ich am allerliebsten.“
    Gut. So wußte ich es denn. Von Weihnachten ab würde ich allein sein. Also würde wieder eine neue Epoche meines Lebens anbrechen.
    Am letzten Tag der Ausstellung versprach Yvonne, eine Stunde meine Kinder zu hüten. Ich mußte schnell mal hinlaufen und zum letztenmal die „Blasse Lenzsonne“ ansehen. Es war so voll von Erinnerungen, dies Bild – ich glaube, ich liebte es ebenso wie Yvonne. Es war ganz schrecklich, daran zu denken, daß es jetzt an der Wand eines beliebigen Herrn Johansen hängen sollte. Aber Herr Johansens Geld war schließlich ebenso gut wie das Geld von irgend jemand anderem.
    Ich kam in die Ausstellung, als das Tor gerade aufgemacht wurde. Ein Her ging dicht vor mir hinein. Er und ich waren zunächst die einzigen Besucher. Ich sah ihn vor der „Blassen Lenzsonne“ wieder. Als ich sein Profil vor mir hatte, erkannte ich ihn. Es war Yvonnes Vater.
    Er bemerkte mich und grüßte. „Sie sind doch sicher… Yvonne ist doch sicher froh?“
    „Ja, das können Sie sich vorstellen. Sie will so bald wie möglich nach Paris gehen.“
    Da war es, als verschließe sich sein Gesicht noch mehr. Er sah von mir fort und auf das Bild. „Aha. Will sie… ihre Mutter besuchen?“
    Uff – jetzt war ich aber dumm gewesen. Ich hätte viel drum gegeben, wenn ich das von Paris nicht erwähnt hätte.
    „O nein“, beeilte ich mich zu versichern. „Sie hört ja fast gar nichts von ihrer Mutter. Nein, sie will dort weiterstudieren. Es juckt ihr in den Fingern, wieder bei ihrem Professor arbeiten zu können. Gerade jetzt hat sie es so nötig, sagt sie.“
    Herr Direktor Björgedal antwortete nicht gleich. Er starrte dauernd auf das Bild. Aber es war, als wolle er noch irgend etwas sagen. Wenn er es doch nur tun würde! Wenn er doch ein wenig Anteilnahme an seiner Tochter zeigen würde! Ob ich ihm nicht ein bißchen helfen konnte?
    Ich versuchte es. „Sie können mir glauben, ich graule mich davor, daß Yvonne weggeht. Sie ist so eine glänzende Kameradin. Ich weiß nicht, was ich ohne sie hätte machen sollen!“
    War es nicht, als zucke es um den strengen, zusammengepreßten Mund, so als wolle sich ein Lächeln hervorstehlen? „Soso, Sie halten also viel von Yvonne?“
    „Ja, und wie! Ich bewundere sie mehr, als ich je einen Menschen bewundert habe. Sie ist so… so… stark.“
    „Ja, das weiß ich. Was sie will, das setzt sie durch.“
    Ich war mir meiner Antwort nicht bewußt, als sie mir auch schon entschlüpft war: „Vielleicht hat sie das geerbt?“
    Jetzt drehte sich Herr Björgedal ganz zu mir um. Er wollte zweifellos eben etwas antworten. Aber plötzlich ging etwas Seltsames mit ihm vor. Das verschlossene Gesicht öffnete sich, der Anflug zu einem Lächeln wurde ein wirkliches Lächeln, seine Augen bekamen Wärme – er war ein neuer Mensch. Plötzlich sah ich die Ähnlichkeit zwischen ihm und Yvonne. Du lieber Himmel, wie waren sie sich gleich, wenn sie lächelten!
    Der Anlaß zu dieser Veränderung kam mit raschen, leichten Schritten hinter mir auf uns zu.
    „Bist du schon da, Herzchen?“ War das Björgedals Stimme? Konnte ein Mann in zweierlei Zungen reden? „Hallo,

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