Wir schaffen es gemeinsam
des Films. Es ist damit sonderbar. Man sollte meinen, es sei bei einer Diskussion über einen Gegenstand am anregendsten, wenn man ganz verschiedener Meinung ist. Aber tatsächlich ist es viel lustiger, sich über etwas zu unterhalten, worüber man sich einig ist, eine gemeinsame Begeisterung oder eine gemeinsame Ablehnung kann für Stunden oder sogar Tage reichen Unterhaltungsstoff bieten.
Dann sprachen Yvonne und Steneng ein bißchen über Paris, und Steneng fragte, wie es mit meinem Französisch gehe. Ich war stolz wie ein Schulmädchen, als Yvonne versicherte, ich mache schöne Fortschritte. Es würde nicht mehr lange dauern, und ich könne in der Seinestadt mit der Sprache zurechtkommen.
„Ja, Sie reisen ja sicher eines schönen Tages,“ sagte Steneng zu mir. „Ich bin überzeugt, daß Sie es irgendwie schaffen werden.“
„Sind Sie wahnsinnig… vergessen Sie denn meine Kinder? Haben Sie mir nicht selber den Gedanken mit dem Kinderparkplatz eingegeben?“
„Ach, Sie werden sich bestimmt nicht durch die Kinder an Ihrer Pariser Reise hindern lassen“, sagte Steneng ruhig. Er streckte die Hand nach Mouche aus, die sich soeben auf leichten Pfötchen dem Kaffeetisch genähert hatte. Mouche hatte so ihre Erfahrung im Hinblick auf den Kaffeetisch und das Sahnekännchen. Gerade jetzt wurde sie ärger verwöhnt als je zuvor. Wir mußten ihr ja Dankbarkeit zeigen – das kleine Tier hatte doch ein großes Verdienst an Yvonnes feinen Besprechungen, und auf alle Fälle hatten wir ihr eine Einnahme von neunhundert Kronen zu verdanken.
Wir lobten und priesen Mouche in lauten Tönen, und ich erzählte von Kille. Dann mußte ich meine Fotos herausholen, und Kille und mich auf der Verandatreppe zeigen, und Kille, der artig Männchen machte, und Tante Beate und Kille und mich am Teetisch unter dem Gartenschirm. Doktor Steneng schaute sich alles an und fand Bilder von mir als Schulmädel und hinten auf dem Motorrad mit Onkel Matthias zusammen und noch viele andere.
„Sie müssen eine herrliche Jugend gehabt haben“, meinte er. „Dieser Onkel sieht ungemein gemütlich aus.“
„Er war der beste Mensch von der Welt“, versicherte ich. „Viel zu gut. Er hätte etwas von mir verlangen und mich nicht einfach nur zu Hause rumsitzen lassen sollen in lauter Wohlbehagen und Müßiggang.“
„Nun, das wird nicht so gefährlich gewesen sein. Als es nötig war, stellte sich ja heraus, daß Sie zupacken konnten. Ich denke, Ihr Onkel wäre zufrieden mit Ihnen, wenn er sähe, wie energisch Sie sein können, wenn es notwendig ist.“
Da hätte ich Doktor Steneng fast umarmen mögen!
„Du mußt zusehen, daß du das Geheimnis mit der Dame auf dem Nachttisch aufklärst,“ sagte Yvonne am Abend. „Ich fange offengestanden allmählich an, doch die verstorbene Schwester in ihr zu vermuten. Der Mann ist ja so verliebt in dich, daß er nicht bis drei zählen kann. Ich kann mir einfach nicht denken, daß er zweispännig fährt.“
„Was fährt?“
„Denk nach, dann kapierst du es. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er an eine gebunden ist, so wie er sich gegen dich aufführt.“
Ich hätte so schrecklich gern geglaubt, was Yvonne sagte. Aber eben deshalb mußte ich widersprechen: „Ja, aber du mußt bedenken, so wie er heute war – das kann ja von der Stimmung kommen, in der er war. Das mit dem jungen zuckerkranken Mädchen hat offenbar einen riesigen Eindruck auf ihn gemacht.“
„Du hast nicht das Recht, das nur eine Stimmung zu nennen, Wibke. Ich glaube, es ist richtig, zu sagen, daß das Beste in ihm durch diesen Fall an die Oberfläche kam. Ich mag ihn gern, Wibke. Und meinen Segen hast du.“
Wonne
„Tante Grundt, hat ein Ferkel wohl Hörner?“ – „Tante Grundt, Nelli hat mir den roten Buntstift weggenommen!“ – „Uhu, ich sag es Tante Grundt, Bubi, daß du mich geziept hast!“ – „Tante Grundt, warum hast du keine Kinder?“ – „Tante Grundt, ich hab ‘n Schiff gemalt.“
Helle Lockenköpfe, braune Ponys, dunkle Struwwelköpfe, alle saßen über Zeichnungen und Plastilin gebeugt. Nicht immer ging es friedlich ab, aber im großen und ganzen waren die Kinder gutartig. Hinter dem Wandschirm schliefen zwei kleine Wesen in ihren Kinderwagen. Das eine sollte um zwölf Uhr seine Flasche haben, die in warmem Wasser auf ganz niedriger Gasflamme stand. Das andere war ein Brustkind und würde – so hatte die Mutter gesagt – drei Stunden friedlich schlafen und rechtzeitig abgeholt werden, ehe
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