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Wir tun es für Geld

Wir tun es für Geld

Titel: Wir tun es für Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Fenster, manchmal setzt sie das Büro des Vorstandsvorsitzenden in Brand, und einmal, das will ich nicht verschweigen, wurde sie auch bei einem Dreier mit zwei Projektleitern, die deswegen ein wichtiges Kundengespräch sausen ließen, in der Büroküche erwischt. Viktor und Ines sagen immer, das macht sie mit Absicht, weil sie einfach keine Lust hat zu arbeiten, und manchmal fügen sie hinzu, dass sie sich bestimmt irgendwann einfach mal einen Millionär angeln wird. Das tut mir natürlich weh. Sie ist nicht so. Ich kenne sie schließlich am längsten. Sie braucht halt noch etwas Zeit, um beruflich in die Spur zu kommen.
    Zum Glück haben wir über die alte Volleyballgruppe viele Freunde, die jetzt bei großen Firmen arbeiten, und wenn die ein gutes Wort für Vanessa einlegen, hilft das meistens. Sie tun es allerdings in der Regel nur einmal. Natürlich, die Affäre mit den beiden Projektleitern hab ich ihr damals schon übelgenommen. Und auch noch so einiges andere. Aber sie ist halt noch jung und noch nicht so bindungsfähig. Muss man auch mal so sehen. Irgendwann wird sich das fügen.
     
    * * *
     
    Nachdem ich mich bei Karstadt eingestempelt habe, mache ich mich auf den Weg zum Aufzug. Während ich, um die Zeit auszudehnen, einen kleinen Umweg durch die Schreibwarenabteilung mache, hält mich eine ältere Frau am Ärmel fest.
    »Entschuldigen Sie, könnten Sie mir sagen, ob dieser Taschenrechner gut für meinen Mann ist?«
    Immer das Gleiche. Sobald man sich das Namensschildchen drangesteckt hat, wird man was gefragt. Kann die Kundschaft allerdings auch nicht riechen, dass man zu den Herrenunterhosen gehört und nicht zu den Taschenrechnern. Ich hatte einmal als Abhilfe vorgeschlagen, dass alle Verkäufer sich einen typischen Gegenstand aus ihrer Abteilung auf den Kopf schnallen sollten, damit jeder schon von weitem erkennen kann, wofür sie zuständig sind. Würde auch optisch eine Menge hermachen. Frau Gruber von den Haushaltswaren mit einem Rührbesen auf dem Kopf, Herr Hüttl von Outdoor mit einem Campingkocher und ich, Herr Fink, natürlich mit einem riesigen Feinrippschlüpfer. Aber der Vorschlag reichte bei weitem nicht als Kündigungsgrund. Noch nicht einmal, als ich dem Chef ein paar Skizzen dazu vorgelegt habe. Aber ich bleibe dran. Jeder Tag eine neue Chance.
    Ich schenke der Kundin ein strahlendes Lächeln.
    »Meine Dame, dieser Rechner ist, um es mit einem Wort zu sagen, un-glaub-lich. Digitalanzeige, klares Schriftbild und eine Tastatur für alle Fingerdicken von Spinne bis Wurst. Den habe ich selber auch zu Hause. Neulich habe ich damit ausgerechnet, wie viel Geld ich für meine noch nicht zurückgebrachten Pfandflaschen kriegen würde. Eine gigantische Addition mit etlichen Fallstricken und Tücken. Und, was soll ich Ihnen sagen?« Rhetorische Pause kombiniert mit einem ebenso ernsten wie feierlichen Blick in ihre Augen. »Er hat sich nicht ein einziges Mal verrechnet.« Wieder Pause, währenddessen nahtloser Übergang zu schelmischem Lächeln. »Stopp! Ich muss mich korrigieren – ein einziges Mal hat er sich doch verrechnet.« Noch mal Pause, ausdrucksloses Gesicht, abwarten, bis die Kundin den Mund aufmacht und sie im gleichen Moment neckisch mit dem Ellbogen knuffen. »Da hatte ich mich nämlich vertippt, hua, hua, hua.« Plötzlich wieder ernst werden. »Aber – und das ist es, was mich an diesem Rechner am allermeisten beeindruckt hat – selbst die Aufgabe, bei der ich mich vertippt hatte, hat er fast richtig gelöst. Stellen Sie sich das vor.« Blick noch mal intensivieren und einen leicht verschwörerischen Ton in die Stimme legen. »Ich bin überzeugt, er hat meinen Tippfehler instinktiv erkannt und versucht, ihn auszugleichen.«
    Der Dame fällt die Kinnlade herunter.
    »Danke… dann… nehme ich den wohl.«
    Sie hält den Taschenrechner zärtlich wie ein frisch geschlüpftes Küken in den Händen und guckt sich nach einer Kasse um.
    »Viel Freude damit und meine Empfehlung an den Herrn Gemahl!«
    Nicht schlecht, aber ich könnte schwören, das reicht wieder nicht für eine Kündigung. Vanessa ist da anders. Die hat einfach Eier.
    Der Rest meiner Schicht ist nicht weiter erwähnenswert, außer dass sie mir, wie immer, so lang vorkommt wie noch nie.
     
    * * *
     
    Ich nähere mich unserem Hauseingang. Meinen Essay »Warum man bei Thelonious Monk besser gurgelt als summt« habe ich fertig im Kopf. Ich muss ihn nur noch runtertippen. Um mich in Stimmung zu bringen, gurgele ich Well,

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