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Wir zwei sind Du und Ich

Wir zwei sind Du und Ich

Titel: Wir zwei sind Du und Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Raufelder
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der Erde, dem Mond und den Sternen. Von Kometen, dem Weltraum und fremden Welten. Herrlich! Ri gefiel der Gedanke, dass alle Menschen auch bloß ein winziger Stern am unendlich weiten Himmel waren.
    „Hat’s euch gefallen?“, fragte Lola am Ende der Vorstellung.
    „Ganz arg!“, sprudelte es aus Ri heraus. „Am liebsten wäre ich auch ein Stern. Ich würde leuchten und die Nacht hell machen.“
    Lola und Ben lachten.
    „Wartet mal kurz hier, ich bin gleich wieder da“, sagte Lola und war auch schon in der Menschenmenge verschwunden.
    „Du Ben, weißt du was?“, Ri lächelte zu ihm hoch. „Wir zwei sind du und ich!“
    Ben guckte verwirrt. Er überlegte.
    „Stimmt!“, sagte er dann. „Wir zwei sind du und ich.“
    In dem Moment kam Lola zurück und drückte Ri einen goldenen Schlüsselanhänger in die Hand: ein kleiner Stern an einer dünnen Kette. An Bens Schlüsselanhänger baumelte ein goldener Halbmond. Wie auf der türkischen Flagge.
    „Wow!“ Ri ließ den Stern durch ihre kleinen Finger tanzen. „Danke, Lola!“
    Ben hielt seinen Mond an Ris Stern und lächelte. „Weißt du, Ri, wir zwei sind du und ich – bis zum Mond und zurück und einmal um den ganzen Ri-Stern herum.“
    Ri nickte. Damals war sie einfach nur glücklich.
    „Na, dann lasst uns mal nach Hause gehen, heißen Kakao trinken und türkisches Baklava essen, Mondkind und Sternenkind!“ Liebevoll nahm Lola die beiden an die Hand und sie machten sich auf den Weg durch die winterkalten Straßen Berlins.
     
    Warum kann nicht alles so wie damals sein? Ris Blick schweift von dem Sternenanhänger zu den Himmelslichtern, die durch ihr Fenster schimmern. „Ist Ben wieder in Berlin?“, fragt sie hinauf. Aber die Sterne geben keine Antwort.
    Lustlos schlägt sie ihr Chemiebuch auf, obwohl sie genau weiß, dass die ganze Lernerei keinen Sinn hat. Sie versteht es nicht. „Brom ist eine schwere rotbraune Flüssigkeit, die unangenehm stechend riechende Dämpfe bildet, die giftiger sind als Chlor“, liest Ri. „Festes Brom ist dunkel, bei weiterer Abkühlung hellt es auf.“ Aber ihre Augen sind so schwer, dass sie immer wieder zufallen. Mit Mühe hält sie sie auf, liest den Absatz noch einmal und noch einmal, bis der Schlaf sie übermannt.

Ris Traum
    In dieser Nacht träumt Ri von Ben. Sie sind auf der Insel – ihrem geheimen Versteck an der Spree. Im dichten Brombeergebüsch finden sie Jakob, den kleinen Hundewelpen, den sie aufziehen und heimlich mit nach Hause nehmen. Dann verschwimmen die Bilder. Ri läuft allein durch den dunklen Hinterhof, der zu ihrer alten Wohnung in Kreuzberg führt. Etwas verfolgt sie. Es ist ganz dicht hinter ihr. Ri hat furchtbare Angst. Sie beginnt zu laufen, stolpert und fällt hin. Sie will schreien, aber es kommt einfach kein Laut aus ihrer Kehle.
    „Ben ist ein Dieb!“, dröhnt die Stimme von Ris Vater durch den Hinterhof. „Ben ist ein Dieb!“ Ri schließt die Augen und hält sich die Ohren zu.
    Plötzlich steht sie vor Bens Haustür. Sie hämmert dagegen, aber niemand öffnet. „Ben!“, schreit sie. Aber Ben ist nicht da. Er ist einfach verschwunden – weg aus ihrem Leben.
    Schweißgebadet wacht Ri auf.
    06:03 Uhr zeigen die Ziffern auf Ris Wecker. Obwohl sie hundemüde ist, will sie nicht weiter schlafen. Zu groß ist ihre Angst, dass die düsteren Bilder aus dem Traum wiederkehren. Sie nimmt ihr Chemiebuch zur Hand, das noch aufgeschlagen auf ihrer Bettdecke liegt. Vielleicht bringt es ja doch etwas, überlegt Ri und blättert lustlos darin herum, bis es Zeit wird, zur Schule zu gehen.

Das Unheil nimmt seinen Lauf
    Ein grauer Dezembermorgen. Als Ri um kurz vor acht durch die große Flügeltür ihrer Schule tritt, macht sich wieder das bekannte ungute Gefühl in der Magengegend breit. Das gleiche Gefühl hat Ri auch beim Arzt, wenn ihr Blut abgenommen wird, kurz bevor sich die Nadel tief in ihre Vene bohrt. Dann würde sie am liebsten ihren Arm wegziehen und das Unaufhaltsame aufhalten. Aber das geht ja gerade nicht.
    Vor dem großen Chemiesaal im dritten Stock sitzen und stehen die Idioten aus Ris Klasse in kleinen Gruppen herum. Mit tief sitzenden Hosen, weiten Pullis und bunten Kappies. Wie klebrige Bonbons hängen sie aneinander, findet Ri. Als sie an ihnen vorbeiläuft, starren sie sie an und beginnen zu tuscheln. Genau die Gesichter, in die Ri am wenigsten sehen mag. Stumpf und nichtssagend.
    „Hallo Ri!“ Belinda stößt sie von der Seite an. Ri hatte sie gar nicht bemerkt, so sehr

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