Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau
Lebensunwichtige Organe werden in der Versorgung hintangestellt. Stattdessen konzentriert sich der Körper auf Gehirn und Herz, deren Funktion er primär aufrechterhalten will. Je nachdem, wie lange ein Mensch in diesem Zustand der Unterversorgung verbleibt, können daraus später Komplikationen entstehen, die zum Tode führen. Es kommt dann zu Multiorganversagen – und man stirbt an den Folgen des Schocks. Deshalb bemühen wir uns, die Schockphase so kurz wie möglich zu halten. Wir legen dem Verunfallten eine Sauerstoffmaske und eine Infusion für Flüssigkeit und Schmerzmittel und bereiten alles vor, um ihn zu retten. In diesem Fall griffen wir als Erstes zu einem Gabelschlüssel, um ein Schutzblech, in das er gezogen worden war, wegzuschrauben. Ferner bereiteten wir eine Narkose vor und hoben ihn dann mit einem Spineboard aus dem Gleisbett auf den Bahnsteig. Das Spineboard ist ein Rettungsbrett, auf dem der Verletzte gerade liegen kann, bis er ans Krankenhaus übergeben wird. Die Bewegung der Wirbelsäule muss in solchen Fällen unbedingt vermieden werden, da das Rückenmark verletzt oder durchtrennt werden könnte. Wochen später erfuhr ich, dass der junge Mann überlebt hatte. Allerdings würde er nie wieder laufen können, er war auf einen Rollstuhl angewiesen – durch eine Sekunde der Unbedachtheit. So ist es oft. Die Geschehnisse, die ein Leben gravierend verändern, passieren häufig in Sekundenbruchteilen. Und dann ist alles anders.
Wem werden wir in solchen dramatischen Sekunden heute beistehen, meine 35 Kollegen und ich?
Das Opfer aus der Tiefkühltruhe
Unsere Wachstärke beträgt immer mindestens 35 Feuerwehrler, damit jede Funktion besetzt ist. In der Münchner Hauptfeuerwache sind wir zwei Frauen im Dienst und 150 Männer. Um den Drei-Tage-Wachdienst zu organisieren, haben wir drei Wachabteilungen aufgestellt: A, B und C. Jeder, der morgens in die Wache kommt, unterschreibt die Ablösung, damit sein Vorgänger weiß, dass er nun frei hat. Es könnte ja jederzeit ein Alarm losgehen, und dann muss klar sein, wer jetzt zuständig ist.
Ich unterschreibe: Wedel. Mich gibt es nur einmal, deshalb brauche ich keine laufende Nummer. Auf unserer Wache gibt es zwei Hilfeleistungslöschfahrzeuge, das HLF 1 und 2. Heute bin ich im Angriffstrupp am HLF 1 eingeteilt. Was wird der Tag bringen? Zwei Minuten später weiß ich es: kein Frühstück, denn da kommt schon der erste Alarm:
Licht – Gong: Bereiteranger, Feuerwache 1, der Zug, Zimmerbrand.
Ich laufe zur Rutschstange, die Tür davor steht bereits offen. Es gibt fünf Rutschstangen, sie sind von allen Stockwerken aus zugänglich. Vom ersten Stock bis in die Fahrzeughalle sind es etwa acht Meter. Unten angekommen, schlüpfe ich in meine bereitstehenden Einsatzstiefel, nehme Jacke und Helm vom Haken und steige ins HLF . Wenn der Alarm während der Ablösezeit erklingt, rutschen zur Sicherheit meist alle runter, damit auch wirklich jede Funktion besetzt ist.
Das Brummen von Motoren erfüllt die Halle. Schmidi, der Maschinist und somit Fahrer dieses Wachtages, startet den Diesel. Die Lüftung in der Halle läuft an. Peter von der Nachrichtenstelle bringt dem Gruppenführer auf dem Beifahrersitz unseres Fahrzeugs das Alarmschreiben mit der Meldung und Adresse. Der Verantwortliche sitzt immer auf dem Beifahrersitz, die Mannschaft hinten. Für insgesamt acht Personen ist ein HLF ausgerichtet, besetzt ist es bei uns mit sechs Einsatzkräften, der sogenannten Staffelbesatzung. Die Tore öffnen sich. Meine Kollegen steigen kurz nach mir zu: Florian, Ulrich und Georg.
Schmidi fährt zum Tor, und als alle Fahrzeuge bereitstehen, geht es los.
» Gerade wollte ich einen Schluck Kaffee trinken«, seufzt Florian.
» Hättest Milch reingetan, wär er nicht so heiß gewesen«, rät ihm Georg.
Der Einsatzleitwagen setzt sich an die Spitze unserer Kolonne, wir folgen. Insgesamt besteht unser Zug aus fünf Fahrzeugen: dem Einsatzleitwagen, den beiden HLF s, der Drehleiter und dem Rettungswagen. Die erste Ampel vor der Feuerwache ist von der Nachrichtenstelle bereits auf Grün geschaltet, die folgenden werden wir selbst mit unserem Blaulicht steuern, vorausgesetzt, die anderen Verkehrsteilnehmer nehmen uns wahr und spielen mit.
Blaulicht und Martinshorn sind kein Freifahrschein, der die Straßenverkehrsordnung aufhebt. Man muss trotzdem gewissenhaft auf den Verkehr achten. Es sind schließlich noch weitere Menschen unterwegs, die dürfen nicht gefährdet werden, auch
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