Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wo die letzten Menschen hausen

Wo die letzten Menschen hausen

Titel: Wo die letzten Menschen hausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Chilson
Vom Netzwerk:
Mannes, obwohl die Stadt auf einem Hügel über der Ebene erbaut war.
    Trotzdem brachten die Gebäude und der Plan der Stadt einen Architekten jedes geringeren, nachfolgenden Zeitalters dazu, vor Freude zu weinen, daran zu verzweifeln, jemals etwas von Wert schaffen zu können. Denn hier, in der Alten Stadt, war Vollkommenheit erreicht, vor so langer Zeit, daß man sogar das Datum vergessen hatte. Wer konnte sich an die Namen der Männer erinnern – wenn es denn bloße Männer gewesen –, die im prähistorischen Morgengrauen eine solche Stadt sich zuerst vorgestellt und sie dann hervorgebracht hatten?
    Trebors von der Reise verschmutzte Schuhschnallen waren nun in der rosenbeschatteten Düsternis der gewaltigen Stadt blaßrosa. Rings um ihn und über ihm stellte sie empor, erhaben in der Abenddämmerung, andeutend, was sie gewesen. Hier sprangen schlanke Feenbrücken über die Straße; dort stachen rosarot-frostige Kristalle in den Himmel; hier, dort und überall schnellten gerundete Quarzfassaden empor, blaßrosa, rosig, weinrot, rosaviolett. Die sich verdichtende Düsternis unter überhängenden Gebäuden und in engen Spalten war vom tiefsten Purpur.
    Als die kleine Anhöhe erstiegen war, auf der man Rhodrora erbaut hatte, hielt Trebor als erstes an und drehte sich, um die beschatteten Hügel hinter sich mit einem magischen Auge zu betrachten. Er sah weder eine Bewegung – wie zu erwarten gewesen – noch ein Anzeichen von Feuer, was er mit einem Stirnrunzeln quittierte, als er das Messingrohr einsteckte. Tiefer in der Schattendüsternis der Stadt – ihr erborgtes Leuchten war fast ganz erloschen – hielt er wieder an, um sein Schanschid an einem zugedeckten Auffangtank zu tränken. In der Million Jahre seit dem Ende des Aufbruchs war die Alte Stadt oft von Barbaren bewohnt gewesen, die das alte System der Abzugskanäle angezapft hatten, um Tauwasser in Tanks zu leiten. Die hervorragenden grauen Steinaquädukte der Stadt mit ihren Glasrohren, nun schon lange aufgegeben, zerfielen zu Schutt. Rhodroras zeitlose Mauern träumten achtlos weiter.
    Dieser Auffangbehälter hatte drei Dutzend Öffnungen, in die Tiere ihre Köpfe zum Trinken hineinsenken konnten; er war vierzig Fuß lang und zehn Fuß breit und abgedeckt, um die Verdunstung zu hemmen. Die Abdeckung bröckelte nun hinein, und aus den Öffnungen sprossen üppig Wasserpflanzen.
    Auf diesem Platz – ein Oval, quer zur Längsachse fast eine Viertelmeile lang – war der Große Krieg der Halb-Erde gegen den Mond verkündet worden, vor Tausenden schreiender, jubelnder Bürger; auf jenem Balkon dort drüben hatte der größte Mann seiner Zeit gestanden, der in diesem Krieg ums Leben gekommen war, dessen Tod die Schleifung von Gramanaria, der Ewigen, der Mutter der Welten herbeigeführt hatte. Von einem anderen – jetzt verschwundenen – Balkon war ein Herrscher des ganzen Planeten zu Tode gestürzt, während Tausende kreischten. Trebors Schanschid war an einem grauen, fast schon in zwei Hälften verwitterten Steinpfosten festgemacht, den vergessene Nomaden auf dem Sockel einer längst geplünderten Statue errichtet hatten, der Statue des Retters von Aera, dessen Ruhm zehntausend Generationen überdauerte. Die Alte Stadt war nicht einmal, sondern zu vierzehn verschiedenen Zeiten die Hauptstadt des ganzen Planeten gewesen – ja, und auch von anderen Planeten, mehr als einmal, mehr als zweimal.
    Eben dieser Platz hier war jener, von dem in den Chroniken der Älteren Enna in der Zeit des Ersten Reiches gesprochen wurde: Das Herz von Aera. Für die Theiks war er Weltende, für Layan, in von den Büchern der Stunden der Tage von Ruhm und Infamie, war er Andannas Thron. Hier waren einmal Gesetze für ganz Aera verkündet, hier waren Kriege eröffnet und beendet, hier waren Herrscher in ihr Amt eingeführt und abgesetzt worden, hier hatte sich – immer und immer wieder – das kulturelle Zentrum der Welt befunden.
    Nun tränkte ein Mann in verstaubtem, bescheidenen Aufputz sein Schanschid an einem Tank für drei Dutzend und lockerte den Sattel und untersuchte den Rücken des Tieres auf wundgerittene Stellen. Ein Schanschid trank hier durstig und bespritzte das graue Steinpflaster neun Fuß über der alten Pflasterung, wo einst Tausende von Männern und Frauen schwerelos wie Falter durch die Luft geschwebt und die großen, meilenlangen Schiffe lautlos darüber hinweggeglitten waren. Das Prusten und Atmen des Schanschids klang laut in der brütenden Düsternis der

Weitere Kostenlose Bücher