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Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Titel: Wo die toten Kinder leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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für elf Uhr festgelegt.
    Eine beflissene Sekretärin hatte angerufen und ihn mit mir ausgemacht. In den darauffolgenden Tagen hatte sie sich mehrmals erkundigt, ob das Treffen wirklich zustande käme – es schien ihrem Auftraggeber sehr wichtig zu sein. Jedes Mal hatte ich bestätigt.
    Elf Uhr war eine gute Zeit. Ich stand früh auf, joggte meine fünf Kilometer und kam verschwitzt, aber zufrieden mit mir und der Welt, in meine Wohnung zurück. Dort duschte ich mich ausgiebig. Es gelang mir sogar, eine Kleinigkeit zu frühstücken.
    Jetzt saß ich da und wartete.
    Die letzte Nacht hatte ich ebenfalls ziemlich passabel überstanden - und das fast ohne Beruhigungsmittel. Die Albträume hatten zwar nichts von ihrer erschreckenden Intensität verloren, aber ich lernte zunehmend, mit ihnen umzugehen.
    Von jetzt an würde ich es selbst schaffen.
    Ich brauchte keine Ärzte mehr.
    Ich stand von der Bettkante auf und überlegte mir, was ich anziehen sollte. Meinen Kleiderschrank konnte man als übersichtlich bezeichnen. Ich entschied mich zunächst für eine etwas bessere Jeans und ein einfaches T-Shirt. Kurzerhand warf ich noch einen grauen Blazer darüber, um nicht zu salopp zu wirken. Nachdem ich ein wenig Make-up aufgelegt und die Haare gekämmt hatte, sah ich sogar halbwegs annehmbar aus.
    Der Wohnbereich meines Zweizimmerappartements diente mir gleichzeitig als eine Art Büro. Ein Schreibtisch, ein paar Stühle, zwei Sessel und eine Couch standen darin. An der Wand gegenüber dem großen Fenster befand sich ein Aktenschrank. Er war noch leer, aber er gab dem Raum ein professionelles Aussehen.
    Ich schloss die Verbindungstür, die zum Schlafzimmer führte, und nahm in einem der Sessel Platz. Der Raum wirkte sauber und von der Straße drang kaum ein Geräusch hinein.
    Ich wartete.
    Als es klingelte, erhob ich mich, ging zur Eingangstür und öffnete.
    Ein junger Mann in einem dunklen Anzug stand vor mir. Sein Haar war kurz geschnitten. Er hatte eine attraktive Figur und seine Augen schimmerten hell – graublau, um genau zu sein. Er war vielleicht zwei, maximal drei Jahre jünger als ich. Ich schätzte ihn auf ungefähr achtundzwanzig Jahre.
    Was so gar nicht zu seiner Erscheinung passen wollte, war der weiße Kragen. Es war kein gewöhnlicher Kragen. Es war der Kragen eines Priesters.
    „Frau Anne Steinbach?“, fragte er.
    Ich nickte.
    „Mein Name ist Paul Wagner. Ich komme vom Dekanat. Das Dekanat hat doch bei Ihnen angerufen?“
    „Ja. Sie sind meine Verabredung für elf“, bestätigte ich, um gleich darauf anzufügen: „Sie müssen wissen, ich bin Atheistin.“
    Mein Gegenüber runzelte die Stirn. „Darum geht es hier nicht. Das ist irrelevant. Aber wenn es Ihnen wichtig ist…“
    „Ich wollte das nur von vornherein klarstellen“, unterbrach ich ihn und bat ihn mit einer Geste, einzutreten.
    Kaum dass wir im Wohn- bzw. Arbeitszimmer standen, sagte der Priester: „Gut, dann können wir also anfangen.“ Er bedachte mich dabei mit einem geradezu kalten distanzierten Blick.
    Ich ärgerte mich über mich selbst, weil mir das Blut in den Kopf schoss. Was bildete sich dieser junge Schnösel ein? Glaubte er, mich mit seiner Priestermasche beeindrucken zu können? Die Wohnung gehörte immer noch mir. Hier hatte ich das Sagen.
    Ich setzte mich in einen Sessel und schlug betont lässig die Beine übereinander, bevor ich ihn mit einem leichten Nicken des Kopfes aufforderte, ebenfalls Platz zu nehmen. Prüfend blickte ich ihn an, bis er zur Seite sah. Runde zwei ging an mich.
    Wagner räusperte sich. „Wir sind uns noch nicht sicher, ob wir Sie für den Auftrag wollen...“
    „Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich den Auftrag will“, unterbrach ich ihn. „Genau deshalb sind wir hier zusammengekommen. Um was handelt es sich?“
    Wagner griff in seine Jackentasche und zog ein Briefkuvert hervor. Er legte es zwischen uns auf den Couchtisch und tippte mit dem Zeigefinger dagegen.
    „Was soll das?“, fragte ich.
    „Das sind Bilder. Bevor wir uns unterhalten, sollten Sie sich die zunächst einmal anschauen.“
    Ich nahm den Umschlag und öffnete ihn. Farbfotos kamen zum Vorschein. Eine Waldlichtung im Sommer, bunte Wiesenblumen, grünes Gras. Eine Leiche, offensichtlich weiblich. Schwarze, bösartig verkrustete Brandspuren, aufgeplatzte Haut, dunkelrotes Fleisch am ganzen Körper, das Gesicht schmerzverzerrt. Dort, wo sich die Augen einmal befunden hatten, schwarze Höhlen. Das, was vom Mund übrig geblieben war,

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