Wo mein Herz zu Hause ist
Trainer.“
Ihr Vertrauen machte ihn stolz, und noch immer rührte es ihn, wie selbstverständlich sie ihn „Dad“ nannte. Als er ihr vor zehn Monaten die Lage erklärt hatte, hatte sie sich in ihrer Sehnsucht nach einer richtigen Familie so schnell und vollständig angepasst, dass es ihm fast das Herz brach. Doch ihr die Wahrheit über Addie zu sagen, hatte er bisher nicht gewagt.
Er legte seiner Tochter einen Arm um die Schultern und ging mit ihr in Richtung Ausgang. Draußen war das Festzelt mit dem Büfett aufgebaut. Dabei hielt er angestrengt Ausschau nach Addie, doch trotz ihres auffälligen gelben Kleides konnte er sie nirgends entdecken. Vielleicht hatte er sich nur eingebildet, sie zu sehen? Schon möglich.
Schließlich hatte er in den letzten dreizehn Jahren fast ständig an sie gedacht. Nachts träumte er von ihr – manchmal gute, manchmal schlechte Träume. Auf jeden Fall wurde es höchste Zeit, einen Abschluss zu finden. So oder so.
„Komm, lass uns das Büfett stürmen“, sagte er zu seiner Tochter.
Zusammen traten sie hinaus auf den Schulhof.
Manchmal konnte es Addie kaum fassen, dass sie mal zu fünft in dem nicht sehr geräumigen Haus gelebt hatten, in dem ihre Mutter immer noch wohnte. Von den drei Schwestern war sie diejenige, die Charmaine fast täglich besuchte. Lee hielt sich als Charterpilotin oft tagelang nicht auf der Insel auf, und Kat hatte mit ihrer Frühstückspension gerade im Sommer alle Hände voll zu tun.
Doch es lag auch daran, dass Addie, die Jüngste der drei, als Einzige ihren leiblichen Vater kannte. Er war vor zwei Jahren gestorben und hatte die Vaterrolle für alle drei Schwestern übernommen, aber noch immer überschatteten diese Familiengeheimnisse Kat und Lees Verhältnis zur Mutter. Lees Vater hatte Frau und Tochter verlassen, als Lee noch klein war, und Kat wusste überhaupt nicht, wer ihr Vater war, und ob er noch lebte. Charmaine weigerte sich standhaft, irgendetwas darüber preiszugeben.
Wozu?, fragte sie immer. Das ist alles lange vorbei und verges sen .
Tja, Mom, dachte Addie bitter. Manchmal holt die Vergangen heit einen trotzdem ein. Skip Dalton ist das beste Beispiel dafür.
Als sie ihn vorher auf der Bühne gesehen, seine tiefe, warme Stimme gehört hatte, stand ihr sofort wieder alles deutlich vor Augen. Es kam ihr wie gestern vor, als er sie am Rande des Footballfelds geküsst und in einer Mondnacht am Ufer des Silver Lake entjungfert hatte. Und dann hatte er sie geschwängert, hier in ihrem Elternhaus, ein paar Meter von der Stelle entfernt, wo sie jetzt in ihrem alten Pick-up saß.
Entschlossen verdrängte sie diese Erinnerungen und stieg aus. Sie führte längst ihr eigenes Leben. Sollte Skip Dalton sich doch eine andere Frau suchen – was ihm sicher nicht schwerfallen würde. Schließlich hatte er nach allem, was sie dank Dempsey so aus der Footballszene gehört hatte, noch nie etwas anbrennen lassen.
„Liebe Güte, du siehst ja aus, als hättest du einen Geist gesehen“, begrüßte sie ihre Mutter an der Tür.
„Schön wär’s. Wie geht’s meiner Kleinen?“, lenkte Addie ab.
„Sehr gut.“
Addie ging ins Wohnzimmer, wo sie Michaela unter einer Wolldecke fand, die mit Hilfe von Stühlen zu einem Zelt geworden war. Vor dem „Eingang“ lagen mehrere Barbiepuppen.
Addie zupfte liebevoll an Michaelas Haar. „Hey, Süße, kommst du mit nach Hause?“
„K-k-k-ann ich n-n-n-och b-bl-bleiben?“
Michaela verkroch sich noch weiter unter der Decke und sah Addie bittend an. Sie kniete sich auf den Boden und nahm die Hände ihrer Tochter.
„Sprich langsam, Liebes.“
„Kann … ich … noch … bleiben?“
„Grandma hat heute noch etwas anderes zu tun.“
Zwar wusste Addie nicht sicher, ob das stimmte, aber jedenfalls wollte sie so schnell wie möglich nach Hause. Sie brauchte die Geborgenheit ihrer eigenen vier Wände, um sich zu beruhigen und zu verinnerlichen, dass Skip Dalton nicht ihre ganze Welt durcheinanderbringen würde.
Michaela verzog das Gesicht. „Aber … ich … will … weiterspielen.“
„Ich weiß. Vielleicht kommen wir morgen wieder her, okay?“
Addie stand auf und streckte ihrer Tochter die Hand hin, ein Zeichen, dass die Diskussion beendet war.
Michaela packte ihre Barbies ein und kroch aus ihrem Versteck. „T-tschüss, Grandma.“
Nachdem Charmaine ihr noch Kekse zugesteckt hatte, beeilte sich Addie, wieder zum Wagen zu kommen.
Doch ihre Mutter hielt sie zurück und flüsterte: „Was ist auf der
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