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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Magén
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Spezies gegenüber, wenn er sein altes Haus zum Vermieten anbot, aber das Geld, das ihm das Haus einbrachte, war es ihm offenbar wert. Seine Beziehung zum obersten Herrn war keineswegs besser. Auch gegen ihn hatte er etwas einzuwenden. Er trug keine Kipa und betete nicht, das hieß, dass der da oben ihn gut kannte und wusste, was Levi sagte und was er dachte, im Guten wie im Schlechten, von ihm würde Gott nicht die Schmeicheleien hören, die im Gebetbuch standen, nie im Leben würde er sagen, dass er der Allerbarmer sei und das ganze Zeug, er hatte mit ihm noch eine Rechnung offen.
    Seit vier Monaten beobachtete er von morgens bis abends unsere Schritte, als habe er uns das Haus nur vermietet, um eine Beschäftigung zu haben. Eine Frau und ein Kind, eine schwache familiäre Zelle, man konnte sie offen anstarren,ohne blinzeln zu müssen. Als er fragte, wo mein Mann sei, sagte ich, er sei weggegangen, um den Kopf freizubekommen.
    »Ah, den Kopf freibekommen«, sagte er kopfschüttelnd.
    Ich wollte ihm nicht erzählen, dass Gideon Monate bevor er ging, geklagt hatte, sein Kopf sei verstopft, Tonnen von Informationen würden seinen Schädel sprengen und sein Gehirn könne schon fast nicht mehr atmen. Eines Morgens stand er auf und sagte: »Das war’s, ich gehe los, um meinen Kopf zu reinigen und mich von Tonnen von Überflüssigem zu befreien.« Er hängte seine schwarze Robe in den Schrank mit der Winterkleidung, die zum Weggeben bestimmt war, und sagte noch, er wolle sich nicht länger in die Betrügereien von Angeklagten vertiefen, in Gesetzeslücken und in den geschmeidigen Umgang mit der Wahrheit. Er sei neununddreißig und bereits müde vom Herumirren im Labyrinth der Gerechtigkeit und vom Stochern in den Tiefen sündiger Seelen. »Ich muss aufhören, ich weiß nicht mehr, wo der Anwalt bei mir aufhört und wo ich beginne.« Und um herauszufinden, wo sein Ich begann, sagte er, würde er sich ein Zelt auf einem Berg aufschlagen, er würde den Flug der Störche und der Wolken beobachten, er würde dünne Luft atmen und seinen Kopf reinigen. Nach einem Tag hatte er es sich seltsamerweise anders überlegt. »Ich bin kein Tibetaner, ich will kein Fressen für die Adler werden, ich bin neununddreißig und habe das Gehirn eines Hundertjährigen. Früher haben die Menschen in einem ganzen Leben nicht ein Viertel von dem Mist angesammelt, mit dem ich in einer einzigen Woche zu tun habe.« Er stützte den Kopf auf, der ihm zu schwer war, betrachtete die Vögel und beneidete sie um ihre kleinen Köpfe, er ließ die Insignienseiner beruflichen Identität zurück, fuhr nach Eilat und wurde der letzte Fischer in einer Fischfarm, über die ich nichts wusste.
    Er entschuldigte sich nicht für die Ferien vom Leben, die er sich nahm, er zog los, um seinen Kopf zu reinigen, so natürlich, wie jemand zum Arzt geht, wenn er Bauchschmerzen hat. Ich glaube, es ging ihm um Leben und Tod. Ich sah, wie er morgens vor seinem Schüsselchen mit Cornflakes saß, bevor er sich in den reißenden Strom draußen stürzte, ich wusste, wie er ein paarmal auf den Tisch schlug, wie er einen Blick zum Fenster warf und auf seine Uhr schaute und sich am liebsten an irgendein Ufer gerettet hätte. Seine Hand klopfte auf den Tisch, und inzwischen saugten die Cornflakes die Milch auf und wurden zu einem grauen, klebrigen Brei, den er betrachtete und als Gleichnis fürs Leben nahm. »Siehst du? So ist das Leben.« Er rührte das Essen nicht an und ging.
    Der Junge schaute ihm beim hastigen Packen zu und sagte: »Wie kannst du deinen Kopf reinigen, Papa, du hast vergessen, Shampoo mitzunehmen.« Und damit war sein Staunen zu Ende. Der Koffer wurde zugemacht, es gab eine Umarmung, die die Vergangenheit einschloss, und einen Kuss, der vor der Zukunft erschrak, auf die Wange. Er war schon an der Tür, da pickte ich ein Stückchen Cornflakes von seinem Hemd, er lachte und führte die Pantomime eines Mannes auf, der sich den Kragen für eine Zeremonie hochstellt, aber sein Hals war nackt. Er trug ein graues T-Shirt, ohne Kragen, ohne Taschen, ohne Knöpfe. Ich ging zum Fenster, er schaute sich um und winkte, und ich winkte auch, und der leichte Luftzug, den meine Hand verursachte, traf einen Schmetterling und brachte ihn aus der Bahn. Nadav stand auf einem Stuhl und schaute hinaus, erverfolgte den Flug des Schmetterlings und rief: »Bye, Papa«, sprang vom Stuhl und kehrte zu dem Feuerwehrauto zurück, das er von ihm zum Abschied bekommen hatte, bevor sein Vater

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