Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
versuchen, die Stellung zu halten.“
„Ha! Bietest du dich freiwillig an?“ Max schüttelte den Kopf. „Besser wir machen kurzen Prozess. Bumm!“ Er rieb sich grinsend die Hände.
„Nein“, sagte Lily unvermittelt. „Wir dürfen keine Granaten in die Berge werfen. Rule ist …“ Sie setzte sich in Bewegung und suchte die Felsblöcke, in die der überdimensionale Vorsprung eingebettet war, aufmerksam mit ihren Augen ab. „Er ist hier. Er ist da drin.“
Die anderen folgten ihr. „Da drin?“, fragte Cynna zweifelnd.
„In einer Höhle oder so.“ Sie ging jetzt schneller; ihr Herz hämmerte. Er war so nah, so schrecklich nah. Sie hatten keine Ausrüstung mitgebracht, mit der man die Steine hätte bewegen können, dachte sie halb hysterisch. Sie hatten nie darüber nachgedacht, was sie brauchen würden, um ein paar Meter Stein fortzuschaffen. „Und er bewegt sich.“
„Auf uns zu?“
„Nein.“ Eine schnelle, enttäuschte Antwort. „In diese Richtung.“ Sie zeigte auf das andere Ende des Vorsprungs, wo ein Haufen Steine ihnen im Weg lagen. Und dann begann sie zu rennen, als ob ihre Füße allein diese letzte Distanz überwinden, sie trotz der Felsen zwischen ihnen zu ihm bringen könnten.
„Max“, sagte Cullen, der neben ihr herlief.
„Ja?“ Der Gnom keuchte leicht beim Laufen.
„Du sollst doch einen besonderen Instinkt für Steine haben. Wie kommen wir da rein, oder wie bekommen wir ihn da raus?“
„Daran arbeite ich gerade.“
Lily achtete nicht auf sie. Hier, er ist hier …
Und am anderen Ende des Vorsprungs trat ein riesiger dunkler Wolf aus einer Geröllspalte.
Vielleicht hatte sie seinen Namen laut geschrien. Vielleicht auch nur im Geist. Ihre Füße bewegten sich von ganz alleine. Sie rannte, stolperte über den unebenen Boden – und dann trat jemand hinter Rule aus der Spalte.
Das war sie selbst. In einem blauen Sarong, mit ihrem Anhänger um den Hals. Rules Halskette, die verschwundene Halskette.
Lily hielt abrupt inne. Sie streckte die Hand aus – nicht um etwas zu berühren, sondern um das Unmögliche abzuwehren. Aus sechs Metern Entfernung sah sie in ihre eigenen Augen, sah, wie ihr eigenes Gesicht blass wurde, und hörte, wie sie leise sagte: „Alles, was ich verloren habe. Das hast du.“
Dann wurden ihre Knie weich.
Doch sie fiel nicht in Ohnmacht, jedenfalls nicht tief. Das Nächste, das sie spürte, war eine raue, nasse Zunge in ihrem Gesicht. „Rule.“ Sie berührte seine Schnauze, seine Schulter, ließ die Hände über seine Rippen gleiten. „Rule.“
„Das ist ultra-schräg.“
Es war Cynna, die das sagte. Lily wandte langsam den Kopf und hoffte, sie würde nicht sehen … aber sie stand immer noch da, mit leerem Gesicht. Nicht exakt demselben Gesicht, das Lily schon eine Million Mal gesehen hatte, weil es jetzt nicht spiegelverkehrt war.
„Heilige Scheiße.“ Die hohe, quietschende Stimme kam ihr bekannt vor. Und noch eine weitere Person – eine Kreatur – trat aus der Spalte ins Freie.
„Dich gibt es ja auch zweimal!“
Ein Dämon. Derselbe orangefarbene Dämon, der versucht hatte, sie in Besitz zu nehmen – der, der sich mit Harlowe verschworen hatte, der sie festgehalten hatte, als Harlowe sie mit dem Stab getroffen hatte.
Noch im Aufstehen griff Lily nach ihrer Waffe.
Cynna und Cullen hatten ihre bereits im Anschlag. Aber auch die andere Lily reagierte schnell. Sie stellte sich vor den Dämon. „Nein! Sie ist … das ist Gan. Sie wird euch nichts tun.“ Sie sah erst Lily an, dann die anderen und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen – eine nervöse Geste, die Lily sich seit Jahren abzugewöhnen versuchte. „Vielleicht wollt ihr wissen, was passiert ist?“
Cullen antwortete für sie alle, ohne sein Maschinengewehr herunterzunehmen. „Das wäre gut. Und vergiss auch nicht, uns zu sagen, was, zum Teufel, du bist.“
„Du kennst sie!“, meldete sich Gan zu Wort. „Das ist Lily Yu!“ Dann fuhr sie, etwas kleinlauter, fort: „Aber die andere natürlich auch, nehme ich an.“
Die zweite Lily seufzte. „Es kann aber eine ganze Weile dauern.“
Lily warf einen Blick zurück auf den Pass. „Ich bitte um die Kurzversion. Wir haben nicht viel Zeit. Sonst werden wir noch von einem Krieg überrollt.“
***
Jetzt fühlte sie sich noch verlorener als zuvor. Sie war Rule durch die Dunkelheit gefolgt, um dann schließlich sich selbst zu begegnen – ihrem anderen Ich, das alles das besaß, was sie verloren hatte. Das Ich, das
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