Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen
Wovor könnte dein Wolf Angst haben, was meinst du?«
»Gewehre vielleicht. Größere Wölfe, vor allem, wenn sie böse auf ihn sind. Etwas, das ihn in die Luft sprengen könnte.« Toby dachte einen Moment nach, den Blick in die Ferne gerichtet, als würde er seinen schlafenden Wolf befragen. »Oh, das ist alles etwas, das jetzt passiert, oder? Nicht etwas, das vielleicht passieren könnte.«
Rule lächelte. »Das stimmt. Wölfe fürchten sich vor unmittelbaren, nicht vor möglichen, erdachten Gefahren.«
»Dann hat der Wolf also recht? Wir sollten keine Angst vor etwas haben, das nicht jetzt passiert?«
»Im Großen und Ganzen, ja. Die Welt ist komplex, und Wölfe können nicht mit abstrakten Risiken oder Eventualitäten umgehen, deswegen gibt der Wolf dem Mann einen Rat für die Gegenwart, aber der Mann dem Wolf einen Rat für die Zukunft. Der Wolf braucht den Mann ebenso wie der Wolf den Mann.«
Toby sagte düster: »Ich bin noch kein Mann, und der Wolf in mir schläft. Ich weiß nicht, was eine echte Gefahr ist und was nicht.«
»Deine Aufgabe ist es jetzt, das zu lernen. Und meine ist es, dich zu beschützen …« Rule verstummte, als die grüne Limousine sich wieder näherte. »… dich zu beschützen, während du lernst.«
Auch Toby beobachtete den Wagen. »Das ist Alex. Warum hält er nicht an? Ist er jetzt eine Gefahr, weil du dir die Macht der Leidolf genommen hast und so?«
Rule wusste, dass sein Körper seine Wachsamkeit verriet und dass Toby es bemerkt hatte. »Vielleicht ist er wütend, aber er wird mir nichts tun oder auch nur den Versuch machen. Ich bin sein Rho. Aber in Zukunft könnte er vielleicht eine Gefahr für mich oder die, die mir nahestehen, oder für meine Pläne sein.« Er erhob sich und warf einen Blick auf seinen Sohn hinunter. »Geh bitte jetzt ins Haus. Nicht weil es gefährlich für dich werden könnte, sondern weil Alex darauf wartet. Es ist ein Zeichen von Respekt.« Er machte eine Pause und musste lächeln. »Und sag Lily, dass sie herauskommen kann. Als Auserwählte wird ihre Anwesenheit keine Respektlosigkeit sein.«
»Okay, aber Nettie wird es nicht gefallen, wenn Lily aufsteht.«
»Ich fürchte, sie ist bereits aufgestanden.«
Die Haustür öffnete sich. »Ich habe vielleicht nicht eure guten Ohren, aber ich bin nicht taub«, sagte Lily.
»Außerdem hast du eben das Fenster geöffnet.«
»Stimmt. Ich habe gesehen, dass Alex um den Block fuhr.« Sie trat auf die Veranda – barfuß und nur mit einem alten T-Shirt und Jeans bekleidet … und unter dem T-Shirt trug sie nichts. In ihrer Eile hatte sie keinen Büstenhalter angezogen. Sein Körper wusste das zu schätzen.
Sie sah gut aus. Sie sah wunderschön aus, aber das tat sie ja immer. Was jedoch wichtiger war: Sie roch gesund. Trotzdem hätte sie nicht aufstehen dürfen.
»Warum ist es nicht respektlos, wenn sie dabei ist, wenn ich dabei bin, aber doch?«, fragte Toby, während er widerstrebend auf die Tür zuging.
»Später.« Alex hatte gehalten. Rule hörte, wie der Motor abgestellt wurde. »Ich erkläre es dir später, aber im Wesentlichen liegt es daran, dass sie eine Auserwählte ist. Lily, setz dich lieber.«
Toby seufzte und schloss die Tür hinter sich. Lily stellte sich neben Rule. »Ich bin so ausgeruht, dass ich schreien könnte«, sagte sie. »Aber das wird Nettie nicht davon abhalten, mich wieder einschlafen zu lassen, sobald sie mich ausgeschimpft hat, weil ich aufgestanden bin. Dabei geht es mir prima. Du darfst mich stützen, wenn du willst«, sagte sie, als würde sie ihm einen Gefallen tun.
Eine Welle der Liebe erhob sich, hoch wie ein Tsunami, und brach über ihm zusammen, riss ihn mit sich fort. Es würde ihr nie in den Sinn kommen, ihm zu gehorchen. Was sie tat, tat sie, weil es ihre Wahl war. Und seine Auserwählte wählte ihn immer wieder aufs Neue.
Er kam ihrer Aufforderung nach und legte den Arm um ihre Taille, um sie zu stützen, so wie sie es zuließ … Auch sie war gekommen, um ihn zu stützen.
Gleichgestellte. Das war für einen Lupus nichts Selbstverständliches, aber sie war eine eigenständige, starke Persönlichkeit, die sich ihm weder beugen noch darauf bestehen würde, dass er sich ihr unterwarf. Sie war wie ein unerwartetes Geschenk.
Während er zusah, wie Alex über den Rasen ging, kam ihm ein Gedanke. Es war nicht das erste Mal, und er war ihm ursprünglich so fremd vorgekommen, dass er ihm wenig Beachtung geschenkt hatte. Aber mehr und mehr gefiel ihm die Idee,
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