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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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ihm, und so kann man geruhig abwarten und ein bißchen pampig sein. (Mein Geld kriege ich schon!)
    Pagel zeigt auf die Bücher. »Feine Bücher. Du liest viel –?«
    Aber so dumm ist von Zecke nun auch wieder nicht. Er lacht herzhaft. »Ich und lesen –?! Immer noch der kleine Schäker? Das möchtest du wohl, daß ich ja sage, und du ödest mich dann an, was in dem Nietzsche da steht!« Plötzlich ändert sich sein Gesicht, es wird nachdenklich. »Ich glaube, das ist ’ne ganz gute Kapitalsanlage. Volledereinband. Man muß ja sehen, daß man sein Geld irgendwie wertbeständig anlegt. Ich verstehe nichts von Büchern – Salvarsan ist einfacher. Aber ich habe da so einen kleinen Studenten, der berät mich …« Er denkt einen Augenblick nach, wahrscheinlich darüber, ob der kleine Student das Geld wert ist,was er ihm zahlt. Dann fragt er wieder: »Na – und die Bilder?«
    Aber Pagel will einfach nicht. Er zeigt auf ein paar Plastiken, die da stehen: Apostelfiguren, eine Madonna mit dem Kind, ein Kruzifix, zwei Beweinungen. »Mittelalterliche Holzplastik sammelst du auch?«
    Zecke macht ein kummervolles Gesicht. »Nicht sammeln, nein. Geld anlegen. Aber ich weiß nicht, wie es kommt, es macht mir plötzlich auch Spaß. Guck mal hier, den Burschen hier mit dem Schlüssel, Petrus, richtig. Den habe ich aus Würzburg. Ich weiß nicht, ich verstehe nichts davon, es macht ja wirklich nicht viel her, gar nicht pompös und so – aber es gefällt mir. Und dieser Leuchterengel – der Arm ist ja sicher ergänzt, glaubst du, daß ich angeschwindelt bin –?«
    Wolfgang Pagel sieht von Zecke prüfend an. Zecke ist ein kleiner Mann, trotz seiner vier- oder fünfundzwanzig Jahre wird er schon rundlich und die Stirn infolge Haarschwund hoch. Auch ist er dunkel – und all dies mißfällt Wolfgang. Es mißfällt ihm auch, daß von Zecke an Holzplastiken Gefallen findet und daß ihm seine Bilder anscheinend wirklich anteilvolle Sorge bereiten. Zecke ist ein roher Schieber, weiter nichts, und so hat er zu bleiben. Interesse an Kunst bei ihm wirkt lächerlich und empörend. Am meisten aber empört es Wolf, daß er diesen verwandelten Zecke um Geld angehen soll. Der ist imstande und gibt es aus Anstand –! Nein, Zecke hat ein Schieber zu sein und zu bleiben, und wenn er Geld verleiht, hat er Wucherzinsen zu nehmen, sonst mag Wolfgang nichts mit ihm zu tun haben. Von einem Zecke will er kein Geld geschenkt.
    So sagt denn Pagel und sieht den Leuchterengel mißbilligend an: »Also jetzt sind es Leuchterengel – mit Varieténutten handelst du nicht mehr –?«
    Pagel sieht sofort aus der Reaktion Zeckes, daß er es zu weit getrieben, daß er einen entscheidenden Fehler gemacht hat. Sie sind nicht mehr auf der Schule, wo man plumpe Vertraulichkeiten ertragen mußte, wo sie gradezu Sport waren.Zeckes Nase wird weiß, das kennt Pagel noch von früher, während das Gesicht stark gerötet bleibt.
    Aber wenn von Zecke auch immer noch nicht gelernt hat, Bücher zu lesen, sich zu beherrschen hat er gelernt (und ist in diesem Punkte Pagel weit voraus). Er scheint nichts gehört zu haben. Langsam setzt er den Leuchterengel wieder hin, streichelt noch einmal nachdenklich über den wohl ergänzten Arm und sagt: »Jaja, die Bilder. Ihr müßt auch noch ganz schöne zu Haus haben – von deinem Vater.«
    Aha! Das möchtest du also! denkt Pagel tief befriedigt. Und laut sagt er: »Ja, doch, einiges sehr Gutes ist noch da.«
    »Weiß ich«, sagt Zecke, gießt noch einen Schnaps ein, erst in Pagels Glas, dann in sein Glas. Er setzt sich gemütlich. »Wenn du also einmal Geld brauchst – du siehst, ich kaufe Bilder …«
    Das war ein Hieb, erste Antwort auf die Frechheit eben, aber Pagel läßt sich nichts merken. »Ich glaube nicht, daß wir jetzt verkaufen.«
    »Da bist du nicht ganz unterrichtet«, lächelt Zecke ihm liebenswürdig zu. »Letzten Monat erst hat deine Mutter ›Bäume im Herbst‹ nach England an die Galerie in Glasgow verkauft. Na, denn prost!« Er trinkt, lehnt sich dann zufrieden zurück und sagt harmlos: »Na ja, wovon soll denn die alte Frau schließlich leben? Was sie an Papieren hatte, ist heute doch nur Dreck.«
    Zecke grinst zwar nicht, aber Pagel hat doch sehr stark das Gefühl, daß die Bezeichnung »guter Freund«, die er heute früh noch für ihn gebraucht hat, reichlich übertrieben ist. Zwei Hiebe hat Pagel weg, und der dritte wird kaum auf sich warten lassen. Richtig, eine Giftkröte war von Zecke immer gewesen, ein

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