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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Angst!
    Mit einem Ruck blieb er stehen und sah um sich. Schweigend standen in der Mittagsglut die Villen zwischen den Schirmen der Kiefern. Irgendwo summte ein Staubsauger. Alles, was er bis jetzt getan hatte, um das Drücken auf den Klingelknopf zu verzögern, war ihm von der Angst eingegeben worden. Und es hatte noch viel früher angefangen: er hätte keine Lucky strike gekauft, sondern ein Frühstück für sie beide – hätte er keine Angst gehabt. Ohne die Angst hätte er auch die Sachen dem Onkel nicht gelassen.
    »Ja«, sagte er und ging langsam weiter, »es treibt auf das Ende zu.« Er sah ihrer beider Lage plötzlich, wie sie wirklich war: in Schulden, ohne jede Aussicht für den nächsten Tag, Petra fast nackt in der stinkenden Höhle, ihn hier im Viertel der Reichen mit seinem abgeschabten, feldgrauen Rock, nicht einmal das Fahrgeld in der Tasche.
    Ich
muß
ihn überreden, uns Geld zu geben, dachte er. Und wenn es auch nur ganz wenig ist.
    Aber es war Idiotie, es war völliger Wahnsinn, von Zecke ein Darlehen zu erwarten! Nichts von dem, was ihm über Zecke bekannt war, berechtigte zu der Erwartung, daß er Geld verlieh – mit einem Minimum an Aussicht, es wiederzubekommen. Aber was dann, wenn er nein sagte –? (Und er würde natürlich nein sagen, Wolfgang konnte sich jede Frage ruhig sparen.)
    Die lange, ziemlich breite Allee, an deren Ende Zeckes Villa liegt, tut sich vor Pagel auf. Er beginnt, sie hinunterzugehen, ziemlich langsam zuerst. Dann schneller und schneller, alstreibe es ihn einen Berghang hinunter, seinem Schicksal entgegen.
    Er
muß
ja sagen, denkt Wolfgang Pagel wieder einmal, und wenn er auch noch so wenig gibt. Dann mache ich Schluß mit dem Spielen. Ich kann immer noch Taxichauffeur werden – Gottschalk hat mir seinen zweiten Wagen fest zugesagt. Dann bekommt Petra es auch leichter.
    Nun ist er der Villa schon ganz nahe. Er sieht schon wieder Muschelkalk und Eisengitter, Messingschild und Klingelknopf. Von neuem zögernd, überquert er die Straße.
    Aber er sagt natürlich nein. – Oh, verdammt, verdammt!!! Denn beim Umsehen sieht er am Straßenende ein Mädchen kommen; der an der Leine zerrende, kläffende Fox verrät schon, was das für ein Mädchen ist. Und zwischen Auseinandersetzung hier und Bitte dort, gejagt und Jäger, drückt er auf den Klingelknopf und atmet erst erleichtert auf, als der Türverschluß leise surrt. Ohne einen Blick auf die Heraneilende tritt er ein, zieht sorgfältig die Tür zu und atmet auf, als eine Biegung des Weges ihn zwischen deckende Büsche führt.
    Zecke kann schließlich bloß nein sagen, dieser Dienstbolzen da aber unmenschlichen Krach schlagen – Wolfgang haßt Krach mit Frauen. Das wird immer gleich so uferlos.

7
    »Also, da bist du wirklich, Pagel«, sagte Herr von Zecke. »Halb und halb hatte ich dich erwartet.« Und als Wolfgang eine Bewegung machte: »Nicht grade heute – aber du warst fällig, nicht wahr?«
    Und Zecke lächelt überlegen, Wolfgang Pagel aber ärgert sich. Ihm fällt ein, daß Zecke schon immer diese wichtigtuerische Geheimniskrämerei liebte, daß er schon immer dieses überlegene Lächeln gehabt hat und daß er, Pagel, sich schon immer darüber geärgert hat. Zecke lächelte so, wenn er sich besonders schlau vorkam.
    »Na, ich meine ja bloß«, grinst Zecke also. »Schließlich sitzt du ja wirklich hier bei mir – das wirst du wohl nicht bestreiten wollen. Na, laß man. Ich weiß, was ich weiß. Trinken wir einen Schnabus, nimm ’ne Zigarette und schauen wir uns meine Bilder an, was?«
    Pagel hat die Bilder längst gesehen. Sie sitzen in einem großen, sehr anständig eingerichteten Gartenzimmer. Ein paar Türen zu der sonnenüberglühten Terrasse stehen offen, man sieht Sonne und Grün, aber es ist doch angenehm kühl hier drinnen. Ein schönes Licht, das durch die grünlichen Jalousien vor den Fenstern kommt, hell und dunkel zugleich und vor allem kühl.
    Sie sitzen in schönen Sesseln, nicht in diesen schrecklichen, glatten, kalten Ledersesseln, die man jetzt überall sieht, sondern in tiefen, geräumigen Gehäusen, die mit irgendeinem blumigen, englischen Stoff bespannt sind – Chintz vermutlich. Bücher bis zu einem Drittel Höhe der Wand, darüber Bilder, gute moderne Bilder, Pagel hat es gleich gesehen. Aber er reagiert nicht auf Zeckes Frage, er hat schon gemerkt, daß die Atmosphäre ihm gar nicht ungünstig ist, daß dem Herrn von Zecke sein Besuch irgendwie zupaß kommt. Natürlich will Zecke was von

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