Wolfgang Ambros - Die Biografie
verbreitet sich wie ein Lauffeuer, wenn du so willst.
Die paar Tage bis zur Operation wollen sie mich ruhig stellen und mir sogar die Leibschüssel unterschieben. Ich hänge zwar am Tropf, aber bewegen kann ich mich, also gehe ich allein aufs Klo. Ich mach die Tür auf, steh direkt vorm Spiegel und seh einen Neger. Das darf man an sich nicht mehr sagen, aber ich pfeif auf diese ganze Political Correctness. So lange, wie ich schon zeitweise in Afrika lebe, ist das bei mir kein Schimpfwort. Jedenfalls, ich schau mein Gesicht an und ich bin schwarz. Über Nacht hat sich das aufs Tiefste verfärbt. Habe die Ehre, denk ich mir, super, mein Lieber, mhm.
Zwei Wochen später sitze ich auf der Bühne in Purkersdorf, bei strömendem Regen. Und ich sage bewusst: sitze, weil mir die künstlichen Hautzellen den Arsch gerettet haben. Im Publikum klatscht das halbe Spital, meine Krankenschwestern und Ärzte waren alle zu dem Konzert eingeladen. Sie haben mich wunderbarhingekriegt. Nur meine Augenbrauen sind nimmer dieselben und ich stecke teilweise in einer fremden Haut.
Leser: »Seit dem Grillunfall.«
Sehr witzig. Also bitte, noch einmal: Ich war schon selber schuld an dem Unfall, keine Frage. Aufgrund meiner emotionalen Aufgewühltheit war ich sehr unvorsichtig, wie man halt so ist, wenn man etwas sehr gut kann.
Feuer machen ist eine Kunst, und um die zu beherrschen, musst du ein paar grundlegende Sachen wissen. Die hab ich quasi studiert, über Jahrzehnte hinweg. Pass auf, ich sag sie dir:
Die sieben Regeln für das perfekte Lagerfeuer
Das klassische Lagerfeuer beginnt damit, dass man den Platz, auf dem es brennen soll, einkreist. Man muss eine Fläche festlegen, sie ebnen, von Unrat befreien, respektive säubern, und dann das Ganze mit Steinen umgrenzen. Je größer das Feuer, desto größer die Steine.
Danach macht man sich auf die Suche nach dem Holz. Die Wahl des Holzes ist das Um und Auf, ganz generell. Du nimmst trockenes, nach Möglichkeit am
Baum verdorrtes Holz, das ist das allerbeste. Wenn du so was nicht findest: Such einfach weiter. Der Wienerwald zum Beispiel besteht hauptsächlich aus
Buchen, es gibt schon Nadelhölzerbereiche, aber der Hauptanteil sind Buchen. Die sind insofern perfekt, weil sie hartes und fast rückstandsfrei
verbrennendes Material darstellen. Jetzt gibt es in Buchenwäldern einen brutalen Verdrängungswettbewerb. Manche Buchen werden groß und viele, die
aufgehen, wachsen in die Höhe, aber die anderen wachsen schneller, und irgendwann decken die einen die anderen zu. Dann kriegen sie kein Licht mehr und
verdorren, bleiben aber als Stecken stehen. Das ist das Nonplusultra. Weil so ein Stecken in der Luft getrocknet ist und nicht auf dem Boden liegt, wo
er von unten wieder feucht wird. Das ist der Idealfall.
Man sucht also genau solches Zeug: trockene Buchenhölzer. Wir reden jetzt vom Wienerwald, weil ich halt einmal von dort her bin. Ich
könnte dir das auch weltweit erklären, da habe ich schon meine Entsprechungen. Also bis auf Asien, aber in Amerika, in Australien, in Afrika und in
Europa ist es mir kein Problem. Wobei es in Afrika noch am schwierigsten ist, aber selbst dort geht es. Ich bin in der Lage, überall etwas Adäquates zu
finden und damit Feuer zu machen. Aber wir schweifen ab. Das ideale Feuer im Wienerwald, sagen wir einmal so, besteht aus luftgetrockneten,
abgestorbenen Buchenstämmen und einer guten Hand voll Reisig. Das findest du im unteren Bereich von Fichten und Tannen. Fichten sind sogar
besser.
Die abgestorbenen Äste, die unten am Baum herausstehen, brichst du ab und formst sie zu einem nicht zu festen Bündel.
Das sollte an sich, wenn du kein Papier zur Verfügung hast,
schon reichen, um es mit einem Feuerzeug in Brand setzen zu
können. Vorausgesetzt, es ist trocken. Aber viel einfacher geht
es natürlich, wenn du zwei, drei Blätter einer Zeitung hast, die
du locker zerknüllst. Manche Leute sind ja so unglaublich deppert und machen so Steinknödel. Das heißt, die knüllen die
Zeitung bis zum Gehtnichtmehr zusammen, legen die Knödel
einzeln auf und meinen, das brennt. Das kann nicht brennen.
Da musst du so viel Luft wie möglich lassen und schauen, dass
du einen Zipfel herausstehen hast, nachdem du Reisig drauf
platziert hast.
Mit den dünneren Staberln versuchst du, eine Pyramide über
das Ganze zu bauen. Du legst dickere Äste drüber und machst
die Pyramide immer höher, bis zu einem Punkt, an dem das
einzustürzen droht.
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