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Wolfsblut

Wolfsblut

Titel: Wolfsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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an. Vergessen waren die Tage, da sie miteinander getrabt, das Wild, das sie gejagt, die Hungersnot, die sie durchgemacht hatten! Das lag in der Vergangenheit; aber was sie jetzt beschäftigte, war ein viel ernsteres, grausameres Geschäft als die Jagd nach Speise.
    Währenddessen setzte sich die Wölfin, die Ursache und der Preis des Kampfes, geduldig hin und wartete. Sie schaute sehr befriedigt drein. Dies war der Tag ihres Triumphes, der nicht oft kam, der Tag, da um ihren Besitz die Haare der Gegner sich sträubten, die Zähne aufeinanderklappten oder Wunden in weiches Fleisch rissen. Und bei diesem Liebesabenteuer, dem ersten, das der Dreijährige wahrscheinlich gehabt hatte, mußte er das Leben lassen. Zu beiden Seiten seines Leichnams standen die Nebenbuhler. Sie blickten die Wölfin an, die zufrieden dreinschauend im Schnee saß. Allein der alte Wolf war klug, sehr klug, in der Liebe sowohl wie im Kampf.
    Als der jüngere den Kopf wandte, um eine Wunde an der Schulter zu lecken, kehrte er die Krümmung des Halses dem Nebenbuhler zu. Mit dem einen Auge erschaute der ältere die günstige Gelegenheit. Er schoß auf jenen los und packte ihn an der Gurgel. Er biß tief und scharf zu und zerriß ihm die große Schlagader am Halse. Dann sprang er zurück.
    Der junge Anführer knurrte fürchterlich, aber das Knurren ging plötzlich in ein prustendes Husten über. Zum Tode verwundet, sprang er auf den andern los und kämpfte, bis das Leben ihn verließ, die Glieder ihm versagten und es ihm dunkel vor den Augen wurde.
    Und die ganze Zeit über saß die Wölfin da und schaute zufrieden drein. Sie freute sich über den Kampf; dies war das Liebeswerben der Wildnis, die Liebestragödie der natürlichen Welt, eine Tragödie nur für die, welche starben, denn für die Überlebenden war es Triumph und Sieg.
    Als der junge Führer regungslos auf dem Schnee lag, ging der Einäugige mit großen Schritten zu der Wölfin hin. Seine Haltung war ein Gemisch von Triumph und Vorsicht. Er erwartete augenscheinlich eine Abweisung und war ebenso augenscheinlich überrascht, als jene ihm nicht ärgerlich die Zähne wies. Zum erstenmal begegnete die Wölfin ihm freundlich. Sie beschnüffelte ihn, sie ließ sich sogar herab, um ihn herumzuspringen und wie ein Hündchen mit ihm zu spielen, und er, trotz seiner grauen Haare und großen Erfahrung, betrug sich ebenso kindisch und vielleicht noch ein bißchen närrischer.
    Schon waren die besiegten Nebenbuhler und die mit roten Lettern in den Schnee geschriebene Liebesgeschichte vergessen, bis auf einen Augenblick vergessen, wo der Einäugige stillstand, um sich die Wunden zu lecken. Dabei kräuselten sich seine Lippen, entblößten sich die Zähne, sein Haar auf Nacken und Schultern hob sich empor, und zum Sprunge geduckt stemmte er die Pfoten fest auf den Boden, so daß die Krallen sich tief in den Schnee drückten. Doch im nächsten Augenblick war alles vorbei, und er sprang der Wölfin nach, die ihm durch die Wälder voraneilte.
    Darauf trabten sie wie gute Freunde, die sich vertragen haben, dicht nebeneinanderher. Die Tage verstrichen, und sie blieben beisammen, jagten zusammen, töteten ihre Beute und verzehrten sie gemeinsam. Einige Zeit darauf schien die Wölfin ruhelos zu werden. Es war, als suchte sie etwas, was sie nicht finden konnte. Die Höhlungen unter gefallenen Bäumen schienen sie anzuziehen, und sie verbrachte viel Zeit damit, unter den Schneegruben in den Felsen und in den Höhlen an steilen Flußufern herumzustöbern. Einauge hatte kein Interesse daran, aber er folgte ihr gutmütig bei der Suche, und wenn ihre Untersuchungen sich zu sehr in die Länge zogen, so pflegte er sich hinzulegen und zu warten, bis sie bereit war, weiterzuwandern.
    Sie blieben nie lange an einem Orte, sondern wanderten quer durch das Land, bis sie den Mackenzie erreichten, dessen Laufe sie langsam folgten, wenn sie ihn auch oft verließen, um an kleinen Nebenflüssen nach Wild zu suchen. Dennoch kehrten sie immer nach dem Hauptstrome zurück. Manchmal trafen sie auf Wölfe, gewöhnlich in Paaren, allein kein freundlicher Verkehr wurde angeknüpft, keine Freude über das Zusammentreffen, kein Verlangen, sich zu Rudeln zu vereinigen, gezeigt. Zuweilen trafen sie einen einsamen Wolf, der dann begierig war, sich Einauge und seiner Gefährtin anzuschließen, was dieser übel aufnahm. Stand sie dann aber zähnefletschend und mit gesträubtem Haar Schulter an Schulter mit ihm, so pflegte der einsame Freier

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