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Wolfsblut

Wolfsblut

Titel: Wolfsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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rothaarige Wölfin hatte zuerst den Klang von Menschenstimmen und das Gebell der Schlittenhunde gehört, und sie war auch zuerst von dem Manne im Flammenkreis weggesprungen. Die anderen Wölfe hatten nur zögernd die Beute, der sie so lange gefolgt waren, aufgegeben, und sie verweilten noch ein paar Minuten lang und versicherten sich erst der Töne, bevor sie ihrem Beispiel folgten.
    An der Spitze des Rudels lief ein großer grauer Wolf, einer der vielen Führer. Er zwang die andern, den Spuren der Wölfin zu folgen, und er knurrte drohend oder schnappte zu, wenn die jüngeren Glieder des Rudels ihn überholen wollten. Auch beschleunigte er den Schritt, als er ihr, die langsam über die Schneedecke trabte, nahe kam.
    Sie lief neben ihm her, als sei das der ihr gebührende Platz, und hielt mit dem Rudel Schritt. Er knurrte sie nicht an, noch zeigte er ihr die Zähne, wenn sie zufällig einen Satz ihm voranmachte. Im Gegenteil behandelte er sie freundlich, für ihren Geschmack sogar zu freundlich; denn er drängte sich gern an sie heran, und dann zeigte sie ihm knurrend die Zähne, und einmal biß sie ihn sogar in die Schulter. Allein er bezeigte keine Empfindlichkeit, sondern sprang nur zur Seite und machte steifbeinig ein paar linkische Sätze, wobei er in Haltung und Benehmen einem verlegenen jungen Burschen vom Lande glich.
    Dies war sein einziger Verdruß, wie er so mit dem Rudel dahinlief, allein sie hatte deren mehr. Auf ihrer andern Seite lief ein hagerer alter Wolf, ergraut und mit den Narben mancher Schlacht bedeckt. Er lief ihr immer zur Rechten; denn er hatte nur ein Auge, und zwar das linke. Auch er hatte die Neigung, ihr so nahe zu kommen, daß seine narbenvolle Schnauze ihr die Schulter oder den Hals berührte, allein diese Aufmerksamkeiten, wie ähnliche des Gefährten ihr zur Linken, wies sie mit den Zähnen zurück. Wenn aber beide Liebhaber sie zu gleicher Zeit bedrängten, so mußte sie sich nach beiden Seiten hin mit raschen, scharfen Bissen wehren, um sie fortzutreiben, während sie zugleich mit dem Rudel Schritt halten und auf den Weg aufpassen mußte. In solchen Augenblicken knurrten sich die beiden Nebenbuhler drohend und zähnefletschend an. Sie hätten miteinander gekämpft, wenn nicht Werbung und Eifersucht vor der dringenderen Not des Hungers in den Hintergrund getreten wären.
    Nach jeder Abweisung, wenn der alte Wolf den scharfen Zähnen des Gegenstandes seines Verlangens auswich, stieß er gegen einen jungen, dreijährigen Rivalen, der auf seiner blinden Seite lief. Dieser junge, aber völlig ausgewachsene Wolf besaß gegenüber dem schwachen und verhungerten Zustande des Rudels mehr als durchschnittliche Kraft und Kühnheit. Nichtsdestoweniger lief er neben dem alten Einäugigen nur so hin, daß sein Kopf mit der Schulter des letzteren in gleicher Linie blieb. Wagte er sich weiter vor, was nur selten geschah, so schnappte der Alte zähnefletschend nach ihm und trieb ihn an den früheren Platz zurück. Manchmal blieb er jedoch langsam und vorsichtig zurück und drängte sich zwischen den Führer und die Wölfin. Dies trug ihm jedesmal zwei-, ja dreifache Ahndung ein. Während die Wölfin ihm nur die Zähne wies, pflegte der Alte sich gegen ihn zu drehen; tat dies jedoch auch einmal die Wölfin, so mischte sich auch der junge Führer zur Linken ein.
    Zu solchen Zeiten blieb der junge Wolf, von drei scharfen Gebissen angegriffen, eiligst stehen, setzte sich fest auf die Hinterbeine, stemmte die Vorderfüße steif auf den Boden, sträubte das Haar und knurrte drohend.
    Solch ein Aufenthalt an der Spitze des trabenden Rudels verursachte immer eine große Verwirrung an seinem Ende. Die Wölfe prallten von hinten auf den jungen und drückten ihr Mißfallen durch scharfe Bisse in seine Hinterbeine und Flanken aus. So brachte er sich stets in großes Ungemach; denn der Mangel an Nahrung erzeugt verdrießliche Stimmung. Doch mit der unerschöpflichen Hoffnungsfreudigkeit der Jugend wiederholte er immer wieder das Manöver, obwohl es ihm nichts als Unbehagen eintrug.
    Wäre Speise vorhanden gewesen, so würden Werbung und Kampf Hand in Hand gegangen sein, und das Rudel hätte sich bald zerstreut. Aber die Lage der Wölfe war verzweifelt. Durch die lange Hungersnot abgemagert, liefen sie weniger rasch als sonst. Im Nachtrab hinkten die Schwachen, die Jungen und die ganz Alten. An der Spitze trabten die Stärksten, doch sahen alle mehr wie Skelette denn wie ausgewachsene Wölfe aus. Trotzdem waren

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