Wolfsflüstern (German Edition)
besser. Denn damit konnte sie ihn wieder und wieder und wieder verletzen. Er war das perfekte Spielzeug.
Sie registrierte es nicht einmal, als ihre Beute ihr Versteck verließ und sich davonstahl.
Dies war seine Chance.
Matt ließ die Tür los, fuhr mit den Fingern durch die blutende Wunde an seiner Wade und machte sich wieder an die Arbeit. Es war ein Rennen gegen die Zeit.
Würde er es schaffen, bevor einer der Werwölfe den Kampf darum, wer ihn töten durfte, gewann?
Würde er den Kreis aus Blut um das Bild ziehen können, bevor er das Bewusstsein verlor?
Oder würde er vorher zum Werwolf werden und keine Finger mehr haben, um mit ihnen zu zeichnen, nicht mehr genügend Menschlichkeit, als dass ihm das länger wichtig gewesen wäre?
Würde das, was er hier tat, überhaupt funktionieren?
Es spielte keine Rolle, denn es war die einzige Hoffnung, die blieb.
Matts Hände zitterten. Kostbare Blutstropfen rannen über seinen Arm und fielen zu Boden. Aber es strömte mehr aus seinem Bein – so viel, dass die Erde unter seinen Füßen dunkel und glitschig geworden war.
»Hätte das verdammte Bild nicht so groß machen sollen«, murmelte er.
Seine Zähne schlugen aufeinander, vielleicht veränderten sie sich auch nur. Sie fühlten sich zu groß an für seinen Mund. Ihr Klappern hielt an und lenkte ihn ab.
Das Fauchen und Knurren, das Zerfetzen von Fleisch und Zusammenprallen zweier Körper hinter ihm setzte sich fort. Matt ignorierte das alles. Erst wenn die Geräusche aufhörten, hätte er Grund zur Sorge.
Und dann hörten sie auf.
Matt riskierte einen Blick. Gina lag auf dem Boden – schwer verletzt, blutend, kaum noch atmend. Er musste sich beherrschen, nicht zu ihr zu laufen. Er konnte nichts für sie tun, außerdem würde sie ihn nicht einmal erkennen.
Ein bedrohliches Grollen vibrierte durch die feuchtkalte Luft. Matt verlagerte den Blick von Ginas regloser Gestalt zu den Augen des Nahual. Es waren noch immer Jase McCords Augen, und sie hassten Matt.
Mit heraushängender Zunge und tropfenden Fangzähnen kam er auf ihn zu. Er wollte sichergehen, dass Matt genügend Zeit hatte, seinen bevorstehenden blutigen qualvollen Tod zu erahnen – und sich zu fürchten.
Stattdessen strich Matt ein letztes Mal mit den Fingern über seine Wade und vollendete den Kreis.
Die glatten Nackenhaare des Wolfs stellten sich auf. Er schwenkte den Kopf, neigte ihn verwirrt. Dann, einen Sekundenbruchteil zu spät, begriff er.
Ein einzelnes Jaulen entrang sich seiner Kehle, bevor eine unsichtbare Gewalt ihn mit sich fortzerrte; er grub die Krallen in den Untergrund und zog eine Spur von Furchen hinter sich her, die in der Grabkammer verschwanden. Die Tür fiel zu und schnitt sein verzweifeltes Heulen ab. Die eintretende Stille war geisterhaft und tröstlich zugleich. Dann rumpelte ein leises Grollen durch die Düsternis, als Gina sich auf die Füße rollte und ihre hungrigen Augen auf Matt richtete.
Er rührte keinen Muskel. Es gab keine Fluchtmöglichkeit, selbst wenn er hätte laufen können, ohne zusammenzubrechen. Doch dann hob sie die Schnauze, schnupperte und wandte sich fauchend ab.
Matt war jetzt wie sie, oder fast, und sie brauchte Menschenblut.
Gina hatte erst einen Schritt in Richtung Ausgang gemacht, als sich ein Schemen aus der Dunkelheit löste.
Sie sprang auf ihn zu; ein Schuss knallte. Sie stürzte zu Boden.
Matt hob den Blick zu Edward Mandenauer, und da feuerte er auch auf ihn.
27
Gina erwachte in ihrem eigenen Bett. Ihr tat alles weh, vor allem ihr Kopf. Als sie zu rekapitulieren versuchte, was passiert war, wuchs sich der Kopfschmerz zu einer Migräne aus.
»Scheiße«, fluchte sie leise und zog sich die Decke übers Gesicht.
Doch mit der Dunkelheit kamen flackernde Visionen von Blut und Tod und Verstümmelung. Sie machten ihr so viel Angst, dass sie die Decke wieder nach unten schob.
Eine bildhübsche Blondine stand am Ende des Betts.
»Wissen Sie noch, wer ich bin?«
»Dr. Hanover?«
»Elise.«
»Was für eine Art Doktor sind Sie?« Irgendeine - ologin , aber Gina glaubte nicht, dass sie Psychologin war. Was in Anbetracht dessen, was ihr durch den Kopf spukte, die einzige Art von Arzt war, die sie brauchte.
»Virologin.« Elise setzte sich auf die Bettkante. Sie schien nicht besorgt zu sein, dass Gina Fangzähne wachsen oder sie ihr die Kehle rausreißen könnte.
Vielleicht waren diese Gedanken, die so sehr wie Erinnerungen gewirkt hatten, letztendlich doch nur Träume gewesen.
»Ich
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