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Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut

Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut

Titel: Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Schulter auf, und etwas knackte.
    Ohne den Schmerz zu beachten, rappelte ich mich auf die Füße und suchte verzweifelt nach Nic. Ich entdeckte ihn am Waldrand. Er bewegte sich nicht.
    Der Wolf drehte den Kopf in meine Richtung. Hellgraue, menschliche Augen funkelten in einem verwilderten Gesicht.
    „Billy“, murmelte ich.
    Ich hätte wissen müssen, dass er nicht umgekommen war. Es erforderte etwas Tödlicheres als eine Brandbombe, um Billy Bailey in die Hölle zu schicken.
    Aber wo war er gewesen? Hatte es einige Zeit gedauert, bis seine Verletzungen verheilt waren und er aus den Trümmern kriechen konnte?
    Was war mit den anderen? Hatten sie ebenfalls überlebt?
    Ich strengte die Ohren an und hörte nur den Wind, schnüffelte in der Luft und roch nichts als Schnee und Billy, den Irren.
    Entweder hatte der Rest meiner Kellerwölfe in die Freiheit gefunden und sich dann zerstreut, oder aber sie waren inzwischen Asch e – und Billy war noch mächtiger, als ich gedacht hatte. Und wäre das nicht einfach wunderbar?
    Billy legte den Kopf zur Seite; die Zunge hing ihm aus dem Maul, fast so, als würde er lachen. Verflucht, vermutlich tat er das auch.
    Ich tastete nach der Pistole in meiner Tasche. Ich könnte Billy sämtliche Kugeln verpassen, und es würde ihn nicht stoppen. Wenn ich in dieser Gestalt bliebe, würde er mich töte n – falls ich Glück hatt e – und dann über Nic herfallen.
    Ich würde mich verwandeln müssen.
    Allerdings dauerte so etwas seine Zeit, und während der Transformation würde ich vollkommen wehrlos sein. Billy kannte keine Skrupel. Er würde bis zu dem für mich denkbar schlechtesten Moment warten und dann zuschlagen. Trotzdem musste ich das Risiko eingehen und darauf hoffen, dass meine Verwandlung an sich ihn lange genug verwirren würde, bis ich meine neue Gestalt angenommen hatte.
    Ich schaffte es, mir die Schuhe von den Füßen zu trete n – ich hasste es, wenn meine Pfoten durch sie hindurchbrache n – , hatte jedoch keine Chance, irgendetwas anderes auszuziehen. Nicht, dass ich jemals vor Billy strippen würde, selbst wenn ich eine Woche lang Zeit gehabt hätte.
    Als ich das Gesicht hob, rieselten Schneeflocken auf meine Wangen, blieben an meinen Wimpern hängen, kitzelten mich in der Nase. Ich verdrängte diese sensorischen Wahrnehmungen und dachte an den Mond.
    Wäre er voll gewesen, hätte ich mich nicht weiter anstrengen müssen. Aber ohne die silberne Scheibe, deren Sog so stark war wie das Auf- und Abbranden der Gezeiten, gestaltete sich die Transformation etwas schwieriger, besonders für jemanden mit einer unterentwickelten Vorstellungskraft.
    Ich schätzte, dass Billy in dieser Nacht einen Riesenspaß dabei gehabt hatte, pelzig zu werden.
    Ein leises Knurren entrang sich seiner Kehle. Ich hatte etwas vor, aber er wusste nicht, was. Schon sehr bald würde er es leid sein, sich darüber den Kopf zu zerbrechen; er würde einfach herkommen und mir in den Arsch treten. Solange ich noch eine Frau und er ein Wolf war, würde ihm das überhaupt keine Probleme bereiten.
    Ich starrte zum schwarzen Samthimmel hoch und stellte mir vor, wie das kühle, metallische Weiß des Mondes mein Gesicht überflutete. Ich roch den Wind, die Bäume, die Erde. Das Totem in meiner Tasche vibrierte, dann platzten die Nähte meiner Lieblingsjacke auf.
    Das Verschieben von Knochen, das Verbiegen der Wirbelsäule brachte normalerweise qualvollen Schmerz mit sich. Vom Zwei- zum Vierfüßler zu werden, fühlt sich in der Regel nicht gut an. Meine Haut brannte, wenn das Fell kam. Meine Finger und Zehen taten immer weh, wenn ihnen Krallen wuchsen. Mein Gesicht schmerzte, während Mund und Nase sich zu einer Schnauze verformten.
    Ich verabscheute es, pelzig zu werde n – hatte das immer getan und würde es vielleicht auch immer tun, falls ich niemals ein Heilmittel entdecken sollt e – , aber der Schmerz war dabei nur ein kleines Detail. Ich hasste es, mit Haar bedeckt zu sein und zu spüren, wie mir ein Schwanz wuchs. Das Sabbern, das Hecheln, das Heule n – und nie konnte ich die Erde unter meinen Fingernägeln ganz loswerden. Zum Werwolf zu werden ruiniert einfach jede Maniküre.
    Aber in dieser Nacht verlief die Verwandlung schmerzlos. In dieser Nacht stellte ich mir einfach vor, ein Wolf zu sein, und schon war ich einer.
    Billy jaulte auf. Ich war der schnellste Gestaltwandler im ganzen Westen. Ein verfluchtes Werwolf-Genie. Irgendetwas Seltsames ging vor sich, aber ich hatte keine Zeit zu

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