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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vollständig. Es gab da noch eine Kleinigkeit, die er Becci gegenüber wohlweislich verschwiegen hatte: Er nahm es nicht mehr als vollkommen selbstverständlich an, daß sie diesen Teil der Welt lebend und unversehrt wieder verlassen würden.
    Er begann unruhig im Zimmer auf und ab zu gehen; schon, um die Kälte zu verscheuchen, die dem prasselnden Kaminfeuer zum Trotz immer unangenehmer wurde. Der Raum war nicht besonders groß, und er hätte sowohl von seiner Ausstattung als auch seiner Bauweise her aus dem vergangenen Jahrhundert stammen können, oder auch dem vorletzten: eine primitive Blockhütte mit niedriger Decke und winzigen Fenstern. Die Wände bestanden aus roh bearbeiteten Baumstämmen, deren Zwischenräume mit Lehm oder vielleicht auch einem etwas unappetitlicheren Dichtungsmaterial gefüllt waren. Es gab nur wenige Möbelstücke, die mit Ausnahme der beiden rostigen Feldbetten ebenfalls roh aus kaum bearbeiteten Brettern zusammengezimmert zu sein schienen. Das Haus hätte gut in die Dekoration eines Wild-West-Filmes gepaßt, und möglicherweise stammte sie sogar dorther: Es war vielleicht ein wenig vor seiner Zeit gewesen, aber Stefan wußte, daß in dieser Gegend früher eine große Anzahl von Western-und Abenteuerfilmen gedreht worden war. Aber das war, bevor ein Teil der Welt vollends den Verstand verlor und eine Handvoll Verrückter damit begonnen hatten,
wirklich
Krieg zu spielen.
    Die Tür ging auf, und Wissler kam herein, begleitet von einem Schwall durchdringenden Knoblauchgeruchs und durcheinanderschwirrender Stimmen. Sie schienen zu streiten, aber Stefan war nicht ganz sicher. Für jemanden, der diese Sprache nicht sprach, hörte sich Russisch eigentlich immer ein bißchen so an, als wäre gerade ein Streit im Gange. Wissler schloß die Tür und sperrte die Stimmen aus, ehe Stefan sicher sein konnte.
    »Nun?« fragte Rebecca. »Alles in Ordnung?«
    Wissler nickte. Er ging zum Tisch, angelte sich Stefans Tasse und goß sie halb voll. Er leerte sie in einem Zug, ehe er antwortete. »Ja. Sie bringen uns hin.«
    »Wann?« fragte Stefan. Er hätte erleichtert sein sollen, aber eigentlich war er nur überrascht. Er hatte eigentlich fest damit gerechnet, daß Wissler mit einer schlechten Nachricht zurückkam.
    »Sofort«, antwortete Wissler, machte trotzdem eine abwehrende Bewegung mit beiden Händen, als Rebecca aufstehen wollte. »Immer mit der Ruhe. Sie holen noch den Wagen und müssen die eine oder andere Vorbereitung treffen. Eine halbe Stunde wird es schon noch dauern.« Er lächelte flüchtig. »Sofort bedeutet in diesem Land nicht unbedingt
sofort.«
    »Stefan sagte, es gab ein paar Probleme«, sagte Rebecca.
    »Nicht der Rede wert«, antwortete Wissler mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Schließlich bin ich hier, um so etwas zu regeln. Hören Sie, Stefan, es... tut mir leid, daß ich Sie gerade so angefahren habe. Aber es mußte sein. Sie kennen diese Leute hier nicht.«
    »Schon gut«, sagte Stefan - aber das war offensichtlich die falsche Antwort. In Wisslers Augen blitzte es fast feindselig auf, und seine Stimme klang plötzlich um mehrere Nuancen schärfer.
    »Nein, es ist nicht ›schon gut‹«, sagte er. »Sie scheinen das Ganze immer noch für eine Art Spiel zu halten, aber das ist es nicht. Sie kennen diese Leute hier nicht. Sie haben vielleicht eine Menge über sie gelesen, aber das bedeutet gar nichts. Sie können sich hier eine Menge Fehler erlauben, aber einen niemals: Sie dürfen nie Schwäche zeigen.«
    »Ich habe es verstanden«, antwortete Stefan. Er klang sehr ruhig, aber innerlich brodelte er vor Zorn. »Muß ich Sie erst daran erinnern, wer Sie bezahlt, Herr Wissler?«
    »Nein«, antwortete Wissler. Er sah nicht sonderlich beeindruckt aus. »Aber vielleicht muß ich Sie daran erinnern,
wofür
Sie mich bezahlen. Sie haben mich engagiert, damit ich Sie und Ihre Frau heil hierher und wieder aus diesem Land herausbringe. Aber das kann ich nicht, wenn Sie sich nicht an ein paar ganz einfache Grundregeln halten.«
    »Wie zum Beispiel die, Ihnen nie zu widersprechen?«
    »Nicht, solange wir nicht allein sind«, bestätigte Wissler. »Es ist vollkommen egal, ob Sie recht haben oder ich. Wenn diese Männer dort draußen merken, daß wir uns nicht einig sind, haben wir verloren. Ihnen ist offensichtlich nicht klar, womit wir es hier zu tun haben.«
    »Bleiben Sie auf dem Teppich«, sagte Rebecca. »Wir sind hier nicht im Dschungel, und diese Männer dort draußen sind

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