Wolfsliebe - Tochter der Wildnis
verwirrt.
»Hab dich hergetragen! Du lagst dort unten im Schnee. Hätte Kyra Koon nicht geweckt, wärst du elendig erfroren.«
Kenzô lächelte sie liebevoll an. »Danke …«, sagte er matt.
Tikia hob ihre Schultern, drehte sich mit Kenzôs Kleidern in den Armen wieder um und reichte sie ihm.
»Zieh sie wieder an! Ich habe sie getrocknet.«
Verwirrt nahm Kenzô die Kleider entgegen und lief dannrot an. Vorsichtig hob er den wärmenden Pelz hoch und sah an sich herab. »Ich bin nackt«, stellte er fest.
»Du hast mich ausgezogen«, sagte er mit hochrotem Kopf.
»Ja«, antwortete Tikia knapp und hockte sich vor der Feuerstelle hin.
»Du kannst mich doch nicht einfach ausziehen!«
»Wäre es dir lieber gewesen, wenn du erbärmlich erfroren wärst?«, fragte sie ihn. »Zudem gibt es da nicht viel, was diese Aufregung wert ist.«
Kenzô lief einmal mehr feuerrot an.
Tikia grinste und drehte sich dann freudig nach Koon um, und Kenzô bemerkte, dass der Wolf einen toten Hasen im Maul trug. Tikia nahm ihm die Beute gelassen ab, schnitt ihn bäuchlings auf, häutete ihn und entnahm die Innereien.
Kenzô stieß dieser Anblick bitter auf, und er musste würgen. »Ekelhaft …«, stöhnte er angewidert.
Hämisch grinsend blickte Tikia ihn an. »Wenn du hier leben willst, musst du dich daran gewöhnen!«, lachte sie ihn aus.
»Ich will nicht hier leben!«
»Warum bist du dann hier?«, fragte sie ihn verwirrt, spießte den Hasen auf einen Stab und platzierte ihn am Feuer. »Zieh dich an! Mir ist kalt. Du hast meinen Pelz!«, sagte sie und drehte sich demonstrativ um. »Ich verspreche dir auch, nicht hinzugucken.«
»Hast ja sowieso bereits alles gesehen!«, murrte Kenzô grantig und richtete sich behutsam auf.
»So was macht ein Mädchen nicht! Man zieht einen schlafenden, hilflosen Jungen nicht einfach aus!«, begehrte er auf und zog sich an.
»Du wärst andernfalls erfroren!«, antwortete Tikia.
»Wäre ich nicht!«
Tikia schüttelte entnervt den Kopf, sagte aber nichts. Sie wollte nicht mit ihm streiten, doch sie musste ihn dazu bringen zurückzugehen, ganz gleich, wie sehr es schmerzen würde. »Großvater! Gib mir die Kraft, ihn fortzuschicken! Bitte! Alleine schaffe ich das nicht!«
Doch zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, dass der Großvater sie nicht hörte. Traurig senkte sie den Kopf und schloss die Augen.
»Alles in Ordnung?«, fragte Kenzô sie leise flüsternd und nahm sie in den Arm.
Ihr Rücken schmiegte sich an seinen Bauch und verspürte seine wohlige Wärme. »Klar!«, antwortete Tikia knapp und versuchte sich aus der Umarmung zu lösen, doch Kenzô hielt sie fest. »Lass dich treiben!«, flüsterte er leise. Sein Atem strich ihr über den Hals und ließ ihren Körper erzittern. »Ich weiß, dass du nicht fortgehen willst.«
»Ach ja?«, sagte Tikia und bemerkte, wie schwach ihre Stimme klang.
»Ja!«, sagte Kenzô mit fester Stimme und drehte sie behutsam zu sich herum. »Ich liebe dich!«, sagte er zärtlich.
Tikia spürte, wie sie rot wurde. Verlegen wand sie sich in seiner Umarmung.
»Ich weiß einen Weg, wie wir alle glücklich werden können!«, platzte Kenzô heraus.
Fragend sah Tikia ihn an.
»Ich dachte, du willst nicht hier leben?«, fragte sie verwirrt.
»Will ich auch nicht!«, bestätigte Kenzô und fuhr fort: »Ich bin dir gefolgt, um dich zurückzuholen.«
Enttäuscht blickte Tikia zu Boden. »Ich komme nichtmit!«, sagte sie und vermied es, ihn dabei anzusehen.
»Hör mir doch erst einmal zu!«
»Da gibt es nicht viel zuzuhören! Ich werde nicht zurück in die Stadt gehen, und du wirst nicht hierbleiben! Thema abgeschlossen!«, schrie sie fast.
»Ist es nicht!«, begehrte Kenzô auf und zwang Tikia, ihn anzusehen. »Wir besitzen außerhalb der Stadt einen kleinen Bauernhof! Weißt du, was das ist?«, fragte er sie zögernd, als er ihren fragenden Blick auffing.
Tikia schüttelte verlegen den Kopf.
Kenzô lächelte sie an. »Nun, das ist ein sehr großes Haus, das sich auf dem Land befindet, da wo es keine Autos und keine angsteinflößenden Kreaturen gibt!«, sagte er lachend. »Dort gibt es sehr viele zahme Tiere, und es ist wunderschön. Es ist fast wie in den Bergen, nur ohne Schnee, und Gefahren gibt es dort auch keine!«
Tikia sah ihn misstrauisch an.
»Wirklich!«, beteuerte er. »Das ist ein endloses Tal mit saftigen grünen Feldern und einer paradiesischen Ruhe! Und es ist im Besitz meiner Familie! Dort können wir mit Shila, Kyra und Koon gemeinsam
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