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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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zerstören) und in der neunundfünfzigsten oder
neunundachtzigsten Minute den Mord lösen. Wirklich lächerlich.
Polizeiarbeit war genau das, was das Wort besagte: Arbeit. Erbarmungslos, routinemäßig,
langweilig, frustrierend und vor allem zeitaufwändig. Er sah auf seine Uhr. Es war genau zwei
Uhr. Sein Hotel lag im Zentrum von London, irgendwo hinter Piccadilly Circus. Es würde dreißig
bis vierzig Minuten dauern, dorthin zu kommen, immer unter der Voraussetzung, dass ein
Streifenwagen zur Verfügung stand.
»Kommen Sie mit?«
Es war Flight, der jetzt ein paar Meter vor ihm stand.
»Warum nicht«, sagte Rebus, der genau wusste, wovon Flight redete, oder genauer gesagt, wohin er
meinte.
Flight lächelte. »Eines muss ich Ihnen ja lassen, Inspector Rebus, Sie geben nicht auf.«
»Die berühmte Verbissenheit der Schotten«, sagte Rebus, aus einem der Berichte über das
Rugbyspiel in einer der Sonntagszeitungen zitierend.
Flight lachte tatsächlich. Zwar nur kurz, doch nun war Rebus froh, dass er gleich nach seiner
Ankunft hierher gekommen war. Das Eis war zwar noch nicht ganz gebrochen, doch ein gewaltiger
Brocken war von einer Ecke des Eisbergs abgeplatzt.
»Dann kommen Sie. Ich bin mit dem Auto da. Ich bitte einen der Fahrer, ihr Gepäck in seinen
Kofferraum zu tun. An meinem klemmt das Schloss. Vor ein paar Wochen hat jemand versucht, ihn mit
einem Brecheisen aufzustemmen.« Er sah Rebus zum ersten Mal direkt in die Augen.
»Heutzutage ist es nirgends sicher«, sagte er. »Nirgends.«
Oben an der Straße ging es bereits ziemlich laut zu. Stimmen und das Zuknallen von Autotüren. Ein
paar Beamte würden natürlich dableiben und den Tatort bewachen. Und einige wenige könnten
vielleicht in die warmen Räume der Wache oder - ein kaum vorstellbarer Luxus - in ihre eigenen
Betten zurückkehren. Doch einige der Autos würden dem Leichenwagen folgen, den ganzen Weg bis zum
Leichenschauhaus.
Rebus saß vorn in Flights Wagen. Während der Fahrt suchten beide Männer verzweifelt nach einem
Gesprächsthema und sagten infolgedessen sehr wenig, bis sie am Ziel waren.
»Wissen wir, wer sie ist?«, fragte Rebus.
»Eine gewisse Jean Cooper«, sagte Flight. »Wir haben einen Ausweis in ihrer Handtasche
gefunden.«
»Gibt's einen besonderen Grund, weshalb sie den Pfad benutzte?«
»Sie ging von der Arbeit nach Hause. Sie arbeitete in einem Schnapsladen ganz in der Nähe. Ihre
Schwester hat gesagt, sie hätte um sieben Uhr frei.«
»Wann wurde die Leiche gefunden?«
»Viertel vor zehn.«
»Ganz schöne Lücke.«
»Wir haben Zeugen, die sie im Dog and Duck gesehen haben. Das ist ein Pub in der Nähe, wo sie
arbeitet. Sie ging dort manchmal abends einen trinken. Die Frau hinter der Theke meint, sie war
so gegen neun Uhr gegangen.« Rebus starrte durch die Windschutzscheibe. Für die Uhrzeit herrschte
immer noch reichlich Verkehr; außerdem fuhren sie an Gruppen von Jugendlichen vorbei, die lärmend
über den Bürgersteig zogen.
»In Stokie gibt's einen Club«, erklärte Flight. »Sehr beliebt, aber wenn der zumacht, fahren
keine Busse mehr, also gehen alle zu Fuß nach Hause.«
Rebus nickte, dann fragte er: »Stokie?«
Flight lächelte. »Stoke Newington. Da sind Sie vermutlich auf dem Weg von King's Cross
durchgekommen.«
»Weiß der liebe Himmel«, sagte Rebus. »Für mich sah das alles gleich aus. Ich glaub, mein
Taxifahrer hat mich für einen Touristen gehalten. Wir haben so lange von King's Cross gebraucht,
dass ich fast glaube, wir sind über die Mi 5 gefahren.« Rebus wartete, dass Flight lachte, aber
er verzog nur den Mund zu einem schwachen Lächeln. Erneut herrschte Schweigen.
»War diese Jean Cooper ledig?«, fragte Rebus schließlich.
»Verheiratet.«
»Sie trug aber keinen Ehering.«
Flight nickte. »Sie lebte von ihrem Mann getrennt. Wohnte mit ihrer Schwester zusammen. Keine
Kinder.«
»Und sie ist allein einen trinken gegangen.«
Flight sah kurz zu Rebus hinüber. »Was wollen Sie damit sagen?«
Rebus zuckte die Achseln. »Nichts. Wenn sie sich gern amüsiert hat, dann ist sie vielleicht auf
diese Weise an ihren Mörder geraten.«
»Das ist möglich.«
»Aber ob sie ihn nun gekannt hat oder nicht, der Mörder könnte ihr jedenfalls von dem Pub aus
gefolgt sein.«
»Wir werden mit allen reden, die dort waren, keine Sorge.«
»Entweder das«, sagte Rebus laut denkend, »oder der Mörder hat einfach am Fluss gewartet, wer
zufällig gerade vorbeikam. Irgendjemand könnte ihn gesehen

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