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Worm

Worm

Titel: Worm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Bowden
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lockte ein nagelneues Auto. Von Baka stammte unter anderem ein Schadprogramm, das unter der Bezeichnung »Antivirus XP « als vermeintliches Antivirenprogramm angeboten wurde, und aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich bei der Software, die Computer von TrafficConverter.biz herunterladen sollten, um ebendieses Programm. Außerdem unterhielt das Unternehmen ein Büro in Kiew.
    Die Verbindung legte die Vermutung nahe, die Designer des neuen Wurms könnten darauf aus gewesen sein, den Wettbewerb zu gewinnen. Wäre die Website nicht abgeschaltet worden, hätte der Wurm ihr eine beispiellose  – und ihre Kapazitäten bei weitem übersteigende  – Flut an Anfragen beschert. Aber auch andere Möglichkeiten waren denkbar. So könnte der neue Wurm auch von Konkurrenten von TrafficConverter.biz in Umlauf gebracht worden sein, schließlich hätte der von ihm erzeugte Verkehr zum Absturz der Website geführt. Eine weitere Möglichkeit war, dass die Schöpfer des neuen Wurms mit den Weißhüten spielten und mit diesem Link wie bei seiner Verpackung eine falsche Fährte gelegt hatten. Warum nicht die eigenen Spuren noch mehr verwischen und die Aufmerksamkeit auf einen bekannten Schadsoftwareanbieter lenken, der aber zumindest in diesem Fall unschuldig war?
    Was auch immer damit erreicht werden sollte, der Link zu TrafficConverter.biz gab dem Wurm seinen Namen. Einige Computer-Labs nannten ihn »Downadup« oder »Kido«, aber die Microsoft-Sicherheitsexperten spielten mit den Buchstaben von TrafficConverter herum, bis sie auf »Conficker« verfielen. Ficken ist deutscher Slang für »fuck«. Passt man das an die englische Syntax an, bekommt man Ficker, was der Wurm ja zweifelsohne auch war.
    Der Name blieb haften.
    Am 1. Dezember 2008 hatte Conficker weltweit schätzungsweise bereits eine halbe Million Computer infiziert, die auf der Suche nach Instruktionen jeden Tag 250 neue Domainnamen erzeugten.
    Der Wurm legte gerade erst richtig los.

4
    Ein Heer von Ahnungslosen
    Dass wir über Mutantenfähigkeiten verfügen, gibt uns nicht das Recht, über andere zu herrsche n.
    – The X-Men Chronicles
    Die Idee zu einem infektiösen Computerwurm ist direkt der Science-Fiction-Literatur entnommen. Über ein Jahrzehnt vor der Geburt des Internets entwarf der britische SF -Autor John Brunner in seinem 1975 erschienenen Roman Der Schockwellenreiter das Konzept eines viralen Softwarecodes, der in andere Rechner eindringen und sie sabotieren konnte.
    Zu einer Zeit, als Bill Gates eine Auszeit von Harvard nahm und zusammen mit Paul Allen »Micro-Soft« gründete, entwarf Brunner mit erstaunlicher Voraussicht eine im 21. Jahrhundert angesiedelte dystopische Welt, die zu einem globalen »Daten-Netz« verdrahtet ist und von einem tyrannischen Staat kontrolliert wird. Brunners Held, ein begabter Hacker namens Nick Haflinger, schreibt ein Programm, das er als »Bandwurm« bezeichnet. Der Wurm kann in das Daten-Netz eindringen, sich dort verbreiten und am Ende die Regierung zu Fall bringen. »Meine neueste Schöpfung  – mein Meisterwerk  – pflanzt sich von alleine fort«, verkündet Haflinger, der wie die Schöpfer von WikiLeaks mit seinem Wurm darauf aus ist, über das Daten-Netz in die Regierungsarchive einzudringen und Staatsgeheimnisse öffentlich zu machen. Brunner gab seiner Techno-Waffe den Namen »Bandwurm«, weil der Code wie sein reales Gegenstück aus einem Kopf mit angehängten Segmenten besteht, von denen jedes einzelne sich aus sich selbst heraus zu einem neuen Wurm entwickeln kann.
    »W as ich gestern im Netz freigesetzt habe, ist der Vater und die Mutter aller Bandwürmer  … es kann nicht getötet werden«, sagt Haflinger. »Es kann sich unbegrenzt selbst erhalten, solange das Netz existiert  … Dennoch wird es nicht zu unendlicher Größe expandieren und das Netz für andere Anwendungen verstopfen. Es verfügt über eingebaute Schranken  … Aber wie ich selbst gerne sage, es ist ein gelungenes Stück Arbeit.«
    Brunners Vorstellungen über das kommende digitale Zeitalter waren geistreich, seine Vision der Zukunft aber war genau genommen ein alter Hut. Sie stand in der Tradition der von George Orwell, Aldous Huxley, Philip K. Dick und anderen SF -Autoren entworfenen Zukunftsvisionen, die in den totalitären Bewegungen des 20. Jahrhunderts die Vorboten einer düsteren Zukunft sahen, in der alle Macht in den Händen eines unterdrückerischen Staates konzentriert lag. Jeder dieser Autoren hielt die Technologie

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