Wozu wollen Sie das wissen?
Haus zu wohnen. Dass sie an ihrem Glauben festhalten wird, aber vielleicht mit dem gebührenden Abstand, um ein wenig weltliches Glück zu genießen.
Ihr Ehemann predigt noch von seinem Schlafzimmerfenster aus, als er schon zu schwach und dem Tod zu nahe ist, um sich in die Kirche und auf die Kanzel zu begeben. Er mahnt tapfer und inbrünstig wie immer, und die Leute versammeln sich in Scharen, um ihn zu hören, obwohl es, wie üblich, regnet.
Ein Leben, denkbar karg und freudlos, von außen betrachtet. Nur vom Inneren des Glaubens her ist es möglich, sich eine Vorstellung sowohl von dem Ziel als auch von dem Ringen darum zu machen, dem zur Sucht gewordenen Streben nach makelloser Rechtschaffenheit, dem Rauschzustand beim Aufblitzen von Gottes Gnade.
Deshalb kommt es mir merkwürdig vor, dass ausgerechnet Thomas Boston der Pfarrer gewesen sein soll, dem Will O’Phaup als junger Mann an einem jeden Sonntag lauschte, wahrscheinlich auch der Pfarrer, der ihn mit Bessie Scott traute. Mein Ahnherr, nahezu ein Heide, ein lustiger Geselle, ein Schnapstrinker, einer, auf den Wetten abgeschlossen werden, ein Mann, der an Elfen glaubt, muss den Ermahnungen und dürren Hoffnungen dieses strengen kalvinistischen Bekenntnisses gelauscht und daran geglaubt haben. Und als Will am Allerseelenabend von den Elfen verfolgt wurde, rief er da nicht um Schutz zum selben Gott, den Boston anrief, als er darum flehte, ihm möge die Last – der Gleichgültigkeit, des Zweifels, des Kummers – von der Seele genommen werden? Die Vergangenheit ist voller Widersprüche und Verwicklungen, vielleicht ebenso sehr wie die Gegenwart, auch wenn wir das oft nicht wahrhaben wollen.
Was sollten diese Menschen auch anders tun, als ihren Glauben ernst nehmen, mit seiner Androhung des unausweichlichen Höllenfeuers, mit einem so schlauen und so gnadenlos marternden Satan und einem so spärlich bevölkerten Himmel? Und sie nahmen ihn sehr ernst. Sie wurden wegen ihrer Sünden aufgerufen, mussten sich vor der ganzen Gemeinde auf den Armsünderstuhl setzen und ihre Schande ertragen, wobei es sich meistens um sexuelle Dinge handelte, für die es nur ein Wort gab – Unzucht. James Hogg wurde mindestens zweimal auf diesen Stuhl beordert, weil ihn Mädchen aus der Gegend der Vaterschaft beschuldigten. Den einen Fall gab er unumwunden zu, im anderen wollte er nur sagen, dass es möglich war. (Etwa achtzig Meilen westlich davon, in Mauchline in Ayrshire, erlitt Robert Burns, elf Jahre älter als Hogg, dieselbe öffentliche Demütigung.) Die Kirchenältesten gingen von Haus zu Haus, um zu prüfen, ob am Sonntag auch ja nicht gekocht wurde, und an allen Tagen waren ihre harten Hände damit beschäftigt, die Brüste jeder Frau, die im Verdacht stand, ein uneheliches Kind geboren zu haben, fest zu drücken, damit ein Tropfen Milch sie verriet. Doch gerade die Tatsache, dass solche Wachsamkeit für notwendig erachtet wurde, zeigt, wie sogar diesen Frommen von der Natur immer wieder Fallen gestellt wurden, ganz so wie anderen Menschen auch. Ein Ältester in der Kirche von Burns verzeichnet: »Nur 36 Fälle von Unzucht seit dem letzten Abendmahl«, als sei diese Zahl ein Schritt in die richtige Richtung.
Und es taten sich auch bei der Ausübung ihres Glaubens Fallen auf, sogar durch ihre eigenen Denkanstrengungen, in Argumentationen und Auslegungen, die sich zwangsläufig ergaben.
Was etwas damit zu tun haben mochte, dass sie zu den gebildetsten Kleinbauern Europas gehörten. John Knox hatte auf Schulbildung bestanden, damit sie die Bibel lesen konnten. Und sie lasen sie, mit Frömmigkeit, aber auch mit Hunger, um Gottes Ordnung zu entdecken, sein Gedankengebäude. Sie fanden viel, an dem sie herumrätselten. Andere Pfarrer aus Bostons Zeit beklagen sich darüber, wie streitsüchtig ihre Gemeindemitglieder sind,
sogar die Frauen
! (Boston erwähnt das nicht, zu sehr mit Selbstvorwürfen beschäftigt.) Sie nehmen stundenlange Predigten nicht stumm hin, sondern mischen sich ein, als seien sie Teilnehmer an einer lebenslangen und todernsten Debatte. Sie zerbrechen sich ständig den Kopf über Lehrmeinungen und strittige Bibelstellen, weitaus mehr, als ihnen gut tut, sagen ihre Pfarrer. Sie sollten sich besser auf jene verlassen, die für den Umgang mit solchen Dingen ausgebildet sind. Doch sie denken gar nicht daran, und tatsächlich werden auch die ausgebildeten Pfarrer manchmal zu Schlussfolgerungen getrieben, die andere Pfarrer verdammen müssen. Als Resultat
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