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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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immer zur Veröffentlichung im Sommer vorgesehen, Booth. Als unser Hauptbeitrag.«
    »Wenn auch umformuliert.«
    »Bearbeitet«, sagte House.
    Stallings zuckte mit den Schultern und erhob sich. »Dann lassen Sie meinen Namen weg.« Er widmete der hübschen Bibliothek einen weiteren Abschiedsblick. »Danke für den Drink.«
    Tomguy erhob sich rasch mit ausgestreckter rechter Hand. Stallings schüttelte sie, ohne zu zögern. »Tut mir leid, daß es so gekommen ist, Booth.«
    »Wirklich?« sagte Stallings. »Mir nicht.«
    Er nickte dem immer noch sitzenden Douglas House zu, drehte sich um und schritt zur Tür – ein großer, schlaksiger Mann, dessen Gang einem geschmeidigen Gleiten ähnelte. Sein struppiger Schopf kurzen grauen Haars schmiegte sich wie eine alte Mütze um seinen Kopf. Darunter zeigte sich der Welt ein derart zerfurchtes und wettergegerbtes Gesicht, daß viele, unschlüssig, ob es häßlich oder gut aussehend war, zweimal hinschauten und sich dann für keins von beiden, sondern für ›eigenartig‹ entschieden.
    Nachdem Booth Stallings gegangen war, sah Tomguy schweigend zu, wie House sich erhob, ans Telefon trat und auswendig eine Ortsnummer eintippte. Es klingelte nur einmal, dann wurde abgenommen. »Es ist erledigt«, sagte House ins Telefon. »Er ist gerade gegangen.« House hörte sich entweder eine Frage oder eine Bemerkung an, erwiderte: »In Ordnung«, legte auf und wandte sich Tomguy zu.
    »Sie sind alle außerordentlich dankbar«, sagte House. »Ich zitiere hier.«
    Tomguy nickte mit säuerlicher Miene. »Das sollten sie, verflucht noch mal, auch sein.«
     
    Booth Stallings saß auf seiner Lieblingsbank an der Nordseite des Dupont Circle und trank in kleinen Schlucken vierzigprozentigen Smirnoff aus einer Viertelliterflasche, vorschriftsmäßig getarnt mit der braunen Papiertüte. Von der Nebenbank warf ihm eine hübsche junge Mutter einen weiteren besorgten Blick zu und verstaute schleunigst ihre achtzehn Monate alten Zwillingssöhne in dem aufwendigen, hochmodernen Sport-Kinderwagen, in dem sie, einander gegenübersitzend, nach Hause gekarrt werden würden.
    Stallings versuchte es mit einem beruhigenden Lächeln, was offensichtlich ein Fehler war, da ihm die Mutter einen weiteren düsteren Blick zuwarf, dem Kinderwagen einen Schubs gab und davoneilte. Der in Fahrtrichtung sitzende Zwilling fing an zu plärren. Der in Gegenrichtung sitzende gluckste fröhlich und winkte Stallings, der ihm mit der Wodkaflasche zuprostete. Er genehmigte sich noch einen Schluck und steckte die Flasche in eine Tasche seiner acht Jahre alten Wildlederjacke, die er in Istanbul billig erstanden hatte.
    Jetzt erst wurde sich Stallings des Wetters und der Tageszeit bewußt. Es war kühl geworden und dämmerte schon fast, was ihn vor das Problem stellte, wie er den Samstagabend verbringen sollte, der sich wie ein Stück Unendlichkeit vor ihm erstreckte.
    Stallings’ Auswahl war begrenzt. Er konnte den Abend allein mit einem Buch oder einer Flasche in seiner Mietwohnung an der Connecticut Avenue, gegenüber dem Zoo, verbringen, oder er konnte uneingeladen, unerwartet und möglicherweise unerwünscht entweder bei seiner Tochter in Georgetown aufkreuzen oder bei der anderen, die in Cleveland Park wohnte.
    In Georgetown versprach zwar das Essen einiges, aber die Dinnergäste (samstags mindestens sechs) würden den ganzen Abend damit zubringen, das Präsidentschaftsrennen für die Wahl 1988 zu analysieren, indem sie Zeichen und Omen aus dem gleichen gedruckten Kaffeesatz herauslasen, den jeder von ihnen während der vergangenen Woche in der Post, der Times, und was immer sie sonst eben lasen, studiert hatte.
    Booth Stallings, ein Kind der Depression, hatte sich eigentlich nie darum geschert, wer nach Roosevelts Tod Präsident gewesen war. Er hatte nur einmal gewählt, und zwar 1948, als er, zweiundzwanzigjährig, unbekümmert sein Kreuz für Henry Agard Wallace gemacht hatte. Wann immer er heute daran dachte, was selten vorkam, beglückwünschte er sich zu seiner jugendlichen Torheit.
    Stallings nippte ein letztes Mal an seiner Wodkaflasche, erhob sich von der Bank und machte sich auf die Suche nach einem Münztelefon, nachdem er sich entschieden hatte, seine Tochter in Cleveland Park anzurufen. In der Nähe des Peoples Drugstore am Südwestbogen des Dupont Circle stieß er auf eine Reihe Telefonzellen. Er benutzte die einzige, die nicht verwüstet worden war, und rief die dreiunddreißigjährige Lydia an, die Howard

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