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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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könnte.
    Stallings erwiderte das Starren, mäßig enttäuscht darüber, daß Crites sich so gut gehalten hatte. Er hatte nur um die Mitte ein bißchen Fett angesetzt, obwohl die gut geschnittene Weste dies geschickt zu verbergen half. Dem runden Gesicht war noch kein Doppelkinn gewachsen. Auch die Farbe war gut, wenig geplatzte Äderchen, und die kontrollierte Ausdruckspalette reichte noch immer von froh bis fröhlichst.
    Natürlich waren ein paar neue Falten hinzugekommen, aber offensichtlich nicht aus Kummer. Sein Haar war hellbraun geblieben, nur ein oder zwei Schattierungen dunkler als ein echtes Blond, und was davon übrig war, reichte völlig aus. Nur die Jugendlichkeit fehlte. Sie war gewichen – gemeinsam mit ihren Spielgefährten Spontaneität und Sorglosigkeit. Geblieben war ein verhaltener, wenn nicht gar vorsichtiger Mann mittleren Alters, offensichtlich wohlhabend, der noch immer reich zu werden plante.
    »Sie haben dich also rausgeschmissen«, sagte Harry Crites, und er ließ es nicht wie eine Frage klingen.
    »Haben sie?«
    Crites zuckte die Achseln. »Wir sind in Washington, Booth. Schon irgendeine Vorstellung, wo du anheuern willst?«
    »Keine Ahnung.«
    »An einem Schnellschuß interessiert?«
    »Warum ich?«
    »Du bist der Alleinanbieter.«
    »Das heißt, ich kann eine Menge verlangen.«
    »Verdammt viel.«
    »In Ordnung«, sagte Stallings. »Zuerst esse ich; dann höre ich zu.«
    Nach dem Kalbfleisch, das sich als besonders gut erwies, bestellten Stallings und Crites eine große Kanne Kaffee, ließen das Dessert aus und lehnten den vom Kellner empfohlenen Cognac ab. Nach zwei Schluck Kaffee setzte Booth Stallings seine Tasse ab und lächelte Crites an. »Ist es nicht trotzdem komisch?«
    »Was?«
    »Daß ich um drei gefeuert werde und um Viertel nach acht im Madison sitze, Kalbfleisch zu sechsundzwanzig Dollar esse und mir anhöre, wie du mir einen Exklusiv-Schnellschuß anbietest. Wer hat die Sache angezettelt, Harry? Jemand bei der Stiftung?«
    Crites fuhr fort, seine Verdauungszigarre anzuzünden, ließ sich Zeit, genoß offensichtlich das Ritual. Nach etlichen Zügen betrachtete er die Zigarre liebevoll. Als er sprach, richtete sich dies mehr an seine Zigarre als an Stallings. »Wenn ich sagen würde, ich selbst, würdest du denken, ich schneide auf. Wenn ich sagen würde, ich nicht, würdest du denken, ich lüge. Also laß ich dich denken, was immer du willst.«
    »Dann her damit«, sagte Stallings. »Das Angebot.«
    »Die Philippinen.«
    »Na so was.«
    »Du warst schon mal da.«
    »Nicht in letzter Zeit.«
    »Länger her«, sagte Crites. »Im Krieg.«
    »Stimmt. Lange her.«
    »Wir – und mit wir meine ich gewisse Leute, mit denen ich in Verbindung stehe –«
    Stallings unterbrach ihn. »Was für Leute?«
    »Laß mich ausreden, Booth, ja? Wenn ich was zu verkaufen habe, mach ich das gern in einem Schwung.«
    Stallings zuckte mit den Achseln.
    »Also, diese Leute möchten, daß du zurückgehst.«
    »Um was zu tun?«
    »Den Mann treffen.«
    »Wen?«
    »Einen Kerl, der dieses Buch von dir gelesen hat – das Buch, das alle vom Hocker gerissen hat.«
    »Ich habe nur dieses eine Buch geschrieben, Harry.«
    »Ja. Anatomie des Terrors. Ich hab’s gelesen. Jedenfalls teilweise. Aber unser Knabe hat es ganz gelesen, und er ist sehr, sehr beeindruckt. Man könnte sagen, er ist ein Fan.«
    »Und was hätte ich zu tun, wenn ich ihn treffen würde?«
    »Ihn überreden, daß er aus den Bergen kommt.«
    »Wie?«
    »Wir gehen bis auf fünf Millionen Dollar hoch, hinterlegt in Hongkong.«
    »Wie ist sein Name – Aguinaldo?«
    »Wer ist Aguinaldo?«
    »Ein Mann, der vor langer Zeit aus den Bergen gekommen und nach Hongkong gegangen ist.«
    »Nie von ihm gehört«, sagte Harry Crites. »Was ist passiert?«
    »Er wurde reingelegt.«
    »Was dann?«
    »Er ging zurück auf die Philippinen und wurde entweder ein verrückter Terrorist oder ein Revolutionsheld, je nachdem, welche Quelle man befragt.«
    »Wann war das?«
    Stallings blickte weg und runzelte die Stirn, als versuche er, sich genau zu erinnern. »Vor etwa neunzig Jahren. So ungefähr.«
    »Such keine historischen Parallelen«, sagte Crites.
    »Warum nicht? Sie sind nützlich.«
    »Diesmal nicht. Unser Bursche ist bereit zu dem Deal, aber wir brauchen einen Garanten, eine Vertrauensperson. Dich.«
    »Mich.«
    »Er kennt dich.«
    »Durch mein Buch, meinst du?« sagte Stallings, der sich bemühte, Crites’ Antwort nicht vorzugreifen.
    »Nicht bloß

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