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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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gravierende Etatkürzungen aus und wandte sich dann der Qualität von Booth Stallings’ Arbeit zu, die, so schwor er, brillant gewesen sei. Keine Frage. Absolut, vollkommen brillant.
    Nachdem Tomguys Massage vollendet war, sprach Douglas House von Geld. In Anbetracht der fristlosen Kündigung sollte er drei Monatsgehälter Abfindung erhalten, und die Stiftung wollte sechs Monate lang für Stallings’ Krankenversicherung aufkommen. Von einer Pension war nicht die Rede, da der Terrorismusexperte nur achtzehn Monate bei der Stiftung gewesen war, was immerhin drei Monate länger war, als er es je in einem anderen Job ausgehalten hatte.
    Während die trockene Rede fortdauerte, verlor Stallings das Interesse und ließ, vermutlich zum letzten Mal, den Blick über die schwarze Nußbaumtäfelung der Bibliothek schweifen. Schließlich registrierte er die längliche Stille. Nun, da sie dich so nett abserviert und sich so artig entschuldigt haben, erwarten sie, daß du etwas Angemessenes sagst. Also sagte er das einzige, was ihm in den Sinn kam. »Ich habe hier mal gewohnt, wissen Sie.«
    Es war nicht das, was Douglas House erwartet hatte, und er rutschte unruhig auf seinem ledernen Ohrensessel herum, als befürchte er, daß Stallings soeben zu einem sentimentalen, gar rührseligen Lebewohl angesetzt hatte. Aber Tomguy, der Vorsitzende, schien ihn besser zu kennen. Er lächelte und stellte die naheliegende Frage: »Was heißt hier, Booth?«
    »Genau hier«, sagte Stallings mit einer knappen, aber umfassenden Geste. »Bevor die Stiftung diesen Bau hier – wann war das noch, zweiundsiebzig? – hochgezogen hat, stand hier eine große, alte vierstöckige Villa aus rotem Sandstein, die während des Krieges in Apartments unterteilt wurde.« Er blickte zu Douglas House. »Zweiter Weltkrieg.« House nickte.
    »Im Februar einundsechzig habe ich die Wohnung im dritten Stock gemietet«, fuhr Stallings fort. »Teils, weil es von hier nur ein kurzer Fußweg zur Arbeit war, und teils wegen der Adresse – 1776 Massachusetts Avenue.« Seine Lippen verzogen sich leicht; es hätte die Andeutung eines Lächelns sein können, oder auch nicht. »Die Adresse eines Patrioten.«
    Tomguy räusperte sich. »Dieser Fußweg führte damals zum Weißen Haus, nicht wahr, Booth? Und Sie waren aus Afrika zurück oder so ähnlich.«
    »Ich war gerade aus Stanleyville zurück, und der Weg hat zum alten Executive Office Building geführt – das war damals nicht das Weiße Haus und ist es auch heute nicht.«
    »Heiße Zeiten damals«, sagte Douglas House, offenbar nur, um irgend etwas zu sagen.
    Stallings, der es dem Geschäftsführer nicht zum Vorwurf machte, daß er 1961 erst zehn Jahre alt gewesen war, musterte House flüchtig. »Antike Geschichte«, sagte er und wandte sich wieder an Tomguy. »Was passiert mit meinem Angola-Bericht?«
    Tomguy hatte ein eckiges, zu aufrichtiges rosa Gesicht und nicht sehr viel graublondes Haar, dessen Spärlichkeit er klugerweise nicht zu verhehlen suchte. Hinter einer randlosen Bifokalbrille starrte ein Paar wäßriger, leicht vorquellender brauner Augen auf die Niedertracht dieser Welt, als löse diese bei ihm chronische Verwunderung aus. Dennoch war es ein vertrauenerweckendes Gesicht, das mit seinem markanten Kinn, dem energischen Mund und der aggressiven Römernase alles in allem eine beruhigende Wirkung hatte. Das perfekte Bankiersgesicht, dachte Stallings, wenn es nur fähig wäre zu heucheln, wozu es nicht imstande zu sein schien.
    Die Frage nach dem Angola-Bericht veranlaßte Tomguy, sich Unterstützung heischend an den Geschäftsführer zu wenden. Mit einem leichten Lächeln, das alles mögliche bedeuten mochte, musterte Douglas House unverwandt Stallings, der sich auf die unvermeidlichen Ausflüchte gefaßt machte.
    »Wir haben ihn ein paar Leuten in der Stadt vorgelegt«, sagte House noch immer lächelnd, die grauen Augen gleichmütig.
    Stallings erwiderte das Lächeln. »So, haben Sie das? Welchen Leuten? Den Georgetown-Boys? Den Jungs im Building? Vielleicht ein paar Knaben aus Langley? Fanden ihn alle toll?«
    »Sie waren alle der Auffassung, man sollte ihn ein bißchen umarbeiten.«
    »Das heißt, sie haben nichts dagegen, daß ich Savimbi brillant nenne, aber es wäre ihnen lieber, wenn ich ihn nicht als einen brillanten, hinterfotzigen, maoistischen Gauner bezeichnet hätte, was er, wie sie verdammt genau wissen, ist.«
    Tomguy, der besonnene Mittler, gab beschwichtigende Laute von sich. »Er ist noch

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