Wuestenfeuer in Seinem Blick
einen Schritt zurück, um Karas Frisur mit etwas Haarspray zu fixieren. „Er hat einen Skandal riskiert, als er der Polizei gesagt hat, dass Mom in der Mordnacht bei ihm war. Damit hat er sie gerettet.“
„Ich habe ihr eine kleine und feine Hochzeit mit ihm vorgeschlagen. Aber sie findet, sie kann so kurz nach Dads Tod noch nicht heiraten. Das Trauerjahr ist noch nicht um.“
Da war sie wieder – die verhasste Rücksichtnahme auf Konventionen. „Ach was“, widersprach Laurel brüsk. „Ich finde, Mom hat ein Recht, das zu tun, was sie will.“
„Ja, finde ich auch“, stimmte Kara zu. „Vor allem nach der Geschichte mit Dads Doppelleben. Und wenn Cutter sie glücklich macht, bin ich sein größter Fan.“ Sie drehte sich auf dem Stuhl um und schaute Laurel prüfend an. „Deinen Lippenstift habe ich nur nicht bemerkt, weil ich so aufgeregt bin. Aber jetzt fällt er mir schon auf. Ich bin neugierig. Was hast du als Nächstes vor?“
Das wusste sie ja selbst noch nicht. Und Laurel spürte, wie sie rot wurde.
„Nichts Weltbewegendes“, wiegelte sie ab und dachte dabei an den Punkt, Eiscreme im Bett zu essen. Aber da war noch mehr …
Punkt fünf: Die ganze Nacht lang im Casino spielen.
Punkt sechs: In ferne Länder reisen.
Das war schon nicht mehr ganz so unbedeutend …
„Du hast immer gesagt, roter Lippenstift ist zu auffällig. Also, das finde ich schon eine deutliche Veränderung“, meinte Kara anerkennend.
Das Rot biss sich mit ihren Haaren. Das war kitschig und damit verboten. Laurel vermied den Blick ihrer Schwester, indem sie in den Spiegel sah. Verschmiert war der Lippenstift nicht. Kein Wunder, sie küsste ja niemand …
Und das brachte sie zu Punkt drei der Liste Mein eigenes Leben .
Er lautete: Mit einem Fremden flirten.
Im Gegensatz zu den meisten Südstaatenfrauen beherrschte sie die Kunst des Flirtens nicht. Seit ihrer Teenagerzeit zog sie Männer geradezu magisch an. Manchmal hasste sie geradezu ihre Schönheit, durch die ihr so viel Aufmerksamkeit zuteilwurde. Daher hatte sie sich beizeiten einen höflichen und unverbindlichen Umgangston angewöhnt, der ihr außerdem bei ihrer Arbeit als Werbeleiterin der Kincaid Group sehr zupassekam.
Sie wusste selbst nicht, warum sie diesen Punkt auf die Liste gesetzt hatte. Vielleicht hätte sie lieber schreiben sollen: Einen Fremden küssen. Der Gedanke verwirrte sie. Sie spürte, wie ihr heiß wurde.
„Du bekommst ja richtig Farbe im Gesicht! Es ist doch nicht etwa ein Mann im Spiel?“
„Nein, kein Mann. Der Lippenstift ist nur für mich allein.“ Noch einmal spielte sie mit dem Gedanken, sich ihrer Schwester anzuvertrauen, dann ließ sie es. An diesem Tag ging es schließlich um Kara, nicht um sie.
Sie trank ihr Glas aus und betrachtete im Spiegel ihre Lippen. Wie es sich wohl anfühlen würde, den schönen Fremden zu küssen? Eine prickelnde Vorstellung …
Doch sofort riss sie sich zusammen. Was, wenn er tatsächlich Elis Freund war? Wie kitschig wäre das denn! Sie als die große Schwester war immer Vorbild für die jüngeren Geschwister gewesen und hatte stets getan, was man von ihr erwartet hatte. Sie hatte viel gelernt, um gute Noten zu bekommen. War abends immer rechtzeitig nach Hause gekommen. Hatte keine Miniröcke getragen, keine Ohrstecker und keine zerrissenen Jeans. War irgendwelchen Beziehungen zu Jungen aus dem Weg gegangen. Und hatte sich nie auffallend geschminkt …
Sie riss sich von ihrem Spiegelbild los und drehte sich um, um festzustellen, dass Kara sie noch immer nachdenklich betrachtete.
„Weißt du, was ich finde?“, fragte sie. „Auch wenn du so gern Beige trägst … Der rote Lippenstift steht dir. Damit siehst du wie ein Filmstar aus. Glamourös und sexy. Vergiss, dass ich gesagt habe, du sollst es nicht übertreiben. Brich ruhig öfter mal aus.“
Während sie zur Tür gingen, fühlte sich Laurel mit einem Mal seltsam unbeschwert.
„Am besten fängst du auf der Stelle damit an. Das Heute zählt!“ Damit rauschte Kara zurück zu den Gästen.
Und Laurel blieb ratlos zurück. Die Dinge etwas weniger eng zu sehen war eine Sache. Dieser veränderten Sicht auch Taten folgen zu lassen eine andere. Vor ihr lag absolutes Neuland.
Sollte sie den ersten Schritt ins Unbekannte, ins Abenteuer wagen? Oder lieber in ihrer sicheren Welt bleiben, ohne darin jemals zufrieden zu sein?
Die Antwort war so eindeutig, dass es sie selbst überraschte. Sie war das Gefühl leid, ständig etwas zu verpassen. Sie
Weitere Kostenlose Bücher