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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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Abendschein. Die kleine Dott hatte sich diese Stunde anders
vorgestellt!
    Schon die ganze Reise hierher war viel
eher ein ständiges Abschiednehmen gewesen als eine Heimkehr! Kaum hatte sie
Gurian und die jungen Reiher wiedergesehen, da war auch schon die Stunde der
Trennung gekommen. Dott hatte zwar noch so viel Zeit gehabt, um all das zu
sagen, was sie auf dem Herzen hatte. Und dazu gehörte vor allem auch ihre
Sorge, daß ihre Freunde, die Reiher, vielleicht einmal vor ihr Angst haben
könnten, wenn sie wieder als ein richtiger Mensch unter den Menschen lebte.
    Gurian hatte ihr nichts geantwortet. Er
hatte sie nur auf seinen Rücken gehoben, um mit ihr in großen Kreisen höher und
höher zu steigen, bis zu den Wolken — als sollte sie noch einmal die ganze
Seligkeit ihres gemeinsamen Fluges erleben. Und als er sich wieder auf den
Gipfel des Altvaters niederließ, da hatte er sie so behutsam zur Erde gesetzt,
wie man etwas Zerbrechliches und Kostbares niedersetzt, das man nun für immer
von sich geben muß. Bevor sie noch ein Wort sagen konnte, hatten sich alle mit
lautem Brausen in die Luft erhoben.
    »Vergeßt mich nicht!« hatte die Kleine,
so laut sie konnte, geschrien. »Wir werden dich niemals vergessen!« klang es
zwischen dem Rauschen und Knattern zu ihr zurück. »Habt Dank! Habt Dank!«
schallte es dünn von unten, und »Lebwohl, kleine Dott! Lebwohl!« tönte es rauh
und heiser aus den Lüften.
    Das war der erste Abschied der kleinen
Dott gewesen.
    Der Abschied von Cornix kam erst, als
die Kinder ihre brandenburgische Heimat erreicht hatten und von einer Anhöhe
aus, über die Elbe hinweg, das Ufer der Prignitz von Mödlich bis nach Havelberg
hinunter überschauen konnten.
    »Siehst du den Kirchturm von Mödlich,
dort, hinter dem Deich, Klaus?« hatte Dott gefragt. »Dort habe ich zum letzten
Male mit dem Roten Jungen gesprochen. Und wenn du ganz genau an meinem Arm
entlangsiehst, dann kannst du den hohen Nistbaum Gurians sehen mit dem
zerstörten Nest darin. Und siehst du dort, ganz hinten im Nebel, Havelberg?
Dort habe ich Uff zum Doktor gebracht. Und ganz dicht daneben liegt die Höhle
von Frau Harke, von der ich unseren Zauberbecher habe!«
    Es war der Kleinen so sonderbar zumute
gewesen, als sie dem Jungen die Orte zeigte, an denen sie ihre ersten
Erlebnisse nach ihrer Verwandlung durch die Rennefarre gehabt hatte. Gerade da
hatte sich Cornix neben ihr niedergelassen.
    »Hm«, räusperte er sich, während er
sich groß und breit vor ihnen aufstellte. »Man kann nie wissen, wann ein Zauber
nachläßt, wenn einmal die Zeit dafür gekommen ist«, sagte er, indem er die
kleine Dott mit seinem guten, belustigten Blinzeln musterte. »Darum sage ich
dir, was ich dir zu sagen habe, Dott, solange du mich noch verstehen kannst.
Wir werden dich niemals vergessen, kleines Menschenkind, und auch du wirst
niemals vergessen, wie es war, als du noch mit uns zusammengelebt hast. Zum
Trost will ich dir aber noch sagen, kleine Dott: Wenn du uns auch nicht mehr
verstehen wirst, so werden wir dich doch immer sehr gut verstehen können! — So,
und nun macht euch noch einmal klein, damit ich euch über den Strom bringen
kann!«
    So flogen die Kinder über die Elbe in
die Mark Brandenburg hinein, und dies war ihr letzter Flug auf dem Rücken des
Cornix. Einen solchen Flug aber hatte Dott noch nicht erlebt!
    Sie sah, wie es wie große Rußflocken
aus dem Havelberger Forst aufstieg, eine Wolke von Ruß, Hunderte von
wirbelnden, schwarzen Flocken — die Krähen des Cornix! — Und mitten hinein in
diese wirbelnde Wolke stürmte der Knese Cornix. Er flog an der Spitze seines
ungeheuren Schwarmes — einige Flügelschläge noch, und dann hatte er sie alle
hinter sich zurückgelassen und schoß in jähem Sturz zur Erde, daß die Luft um
die Ohren der Kinder sauste.
    »Und nun — lebt wohl«, sagte er ruhig
und in seiner kurzen Art zu den Kindern, die vor Aufregung zitternd vor ihm
standen. »Lebwohl, kleine Dott! Und wenn du mir einmal Bobbohnen vorsetzen
willst, so soll es mich freuen!« lachte er, und dann breitete er seine starken
Schwingen aus, warf sich in die Luft, und nach kurzer Zeit war er in der
Richtung des Havelberger Forstes verschwunden.
    Den Abschied von Klaus konnte sie
jedoch nicht verstehen. War er davongelaufen, ohne sich darum zu kümmern, ob
sie ihm folgen konnte? Er wußte doch, daß ihr nun die schwerste Stunde
bevorstand. Denn nun sollte es sich ja zeigen, ob die Mutter ihr entgegenkam
und ob sie

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