Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott
erlöst wurde!
So saß die Kleine ganz allein an den
Opfersteinen, bei denen ihre wunderbare Reise am Johannisfeuer begonnen hatte.
»Das beste ist, wenn ich nun selbst mit
dem Abschied von meinem Zauber anfange!«
Und bei diesem Gedanken lief Dott zum
See hinunter, öffnete ihren zerbeulten, selbstgenähten Reisebeutel und nahm
behutsam den wunderbaren goldenen Becher der Frau Harke heraus, mit dem Sie
sich klein und groß machen konnte. Noch einmal ließ sie ihn in der Abendsonne
funkeln — und warf ihn dann weit in den See hinaus.
Wieder
daheim
»Ich möchte doch wissen, wem ich zuerst
begegne«, dachte Dott, während sie auf der Landstraße dem Dorf zuging. Da kam
auf der Straße Marlen, die Magd des Großbauern Thiele mit den Melkeimern daher,
um die Kühe auf der Weide zu melken.
»Ja, Dott!« rief sie aus und stellte
vor Verwunderung die Eimer auf die Erde, »ja, ist denn das möglich! Bist du
wirklich heimgekehrt!« Und sie schlug die Hände zusammen. Die kleine Dott
erschrak. — War denn die Marlen gestorben, daß sie sie sehen konnte? Aber die
Kleine wollte sich nicht mit Fragen aufhalten, sie nickte darum nur und lief so
schnell sie konnte weiter.
Da sprangen die drei Waldhüterkinder,
die auf der anderen Seite des Gehölzes wohnten, aus dem Wald. Aber auch die
Kinder erkannten Dott. Sie schrien auf, als sie Dott sahen und rannten, ohne
sich umzusehen, in den Wald zurück.
»Das ist wirklich schrecklich!« dachte
die Kleine. — »Sind denn nun auch Marie und Anton und Hans gestorben?
Vielleicht hat die Pest hier im Dorf gewütet oder irgendeine andere furchtbare
Krankheit!« Und voll Angst rannte sie weiter. Da konnte sie auch schon ihr
liebes Heimathaus hinter den Bäumen sehen! Das Tor war weit geöffnet, sicher
sollten die Kühe noch eingetrieben werden, da waren doch wohl auch die Eltern
und Geschwister noch am Leben und gesund! — Und sie sprang ins Tor hinein.
Als sie aber in den Hof eintreten
wollte, da sah sie vom Wohnhaus her Vater Gnilica auf sich zukommen. Schon von
weitem nickte und lächelte er ihr zu, während seine Augen vor Freude strahlten.
»Es ist gut, daß du heimgekommen bist, kleine Dott«, sagte er, indem er die
Hand der Kleinen ergriff.
Der Kleinen traten die Tränen in die
Augen. »Ach, nun war also auch der liebe, alte Vater Gnilica gestorben!« dachte
sie, und ihr Herz begann vor Angst laut zu schlagen. Wen würde sie denn
überhaupt noch unter den Lebenden antreffen! Aber sie sagte nichts, sondern
folgte Vater Gnilica, als der sie bei der Hand nahm und sie an das geöffnete
Fenster der Wohnstube führte.
Da saßen Vater und Mutter am
blankgescheuerten großen Holztisch, und neben ihnen saß Gert und auf dem Schoß
der Mutter das kleine Mummele, ganz aufrecht saß es da, so rotwangig und kräftig
wie alle Kinder in dem Alter! Der Vater, die Mutter und Gert aber schauten
gespannt in eine Richtung. Und als auch die Kleine ihre Augen dorthin wandte,
sah sie einen Jungen stehen. Er war nicht anders gewachsen als andere Jungen
auch, aber er hatte ein Gesicht wie die Unterirdischen und Kobolde, halb wie
ein Mensch und halb wie ein Tier, mit großen, traurigen Augen unter wilden,
verfilzten Haaren.
»Und dann möchte ich euch sagen, daß
alle Tiere die kleine Dott nur darum so lieben und ihr helfen, weil sie selbst
allen, mit denen sie zusammen ist, nur Gutes tut«, hörte Dott ihn gerade sagen.
»Und auch mir hat die kleine Dott
geholfen, so daß ich jetzt auch erlöst werden kann.«
Und mit diesen Worten nahm der Junge
seine Geige vom Rücken und begann zu spielen. Und er spielte so schön, daß den
Eltern die Tränen in die Augen traten.
Als die Kleine die wunderbaren Töne
hörte, wußte sie auf einmal, was der Junge damals sagen wollte, als er den Satz
nicht zu Ende sprechen wollte. »Dann muß ich eben allein zu deiner Mutter gehen
und ihr alles erzählen, damit sie weiß, daß du gar nicht zum Abscheu und
Schrecken für alle geworden bist, sondern zum Segen.«
Und seht, da steht die Mutter von ihrem
Platz auf, legt das Mummele in sein Körbchen und geht schweigend zur Tür
hinaus. Und dann tritt sie aus dem Haus in den Hof hinaus und sieht sich
suchend um.
Ja, da sieht sie die kleine Dott und
sieht, wie sie auf sie zugelaufen kommt, und dann ist die kleine Dott
heimgekehrt. Und Vater und Mutter sprechen gar nicht mehr von der
Johannisnacht, sie zeigen ihr nur, wie sie sich freuen, daß sie wieder da ist,
und die Mutter führt sie selbst ins Haus, und sie
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