Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott
hinzu.
»Was ihr seht, das sind nur die Feuer
und Dämpfe der Eisenhütten und Hochöfen Oberschlesiens«, erklärte Cornix. »Die
Rauchwolken und Gluten aus den Stahlwerken der Menschen sind das.«
As sie näher herankamen, erkannten auch
die Kinder, daß dies keine Feuersbrunst war. Die kurzen, stämmigen Schornsteine
standen wie rote Fackeln da mit ihrem Qualm, der durch die Glut von unten
gerötet war. Dazwischen schossen Sterne auf, die in tausend sprühende Funken
zerstoben, und plötzlich brachen an vielen Stellen zugleich haushohe, gewaltige
Flammen hervor! Aus den Dächern der Stahlwerke wälzte sich unaufhörlich ein
dunkler Qualm, als stände drinnen alles in Flammen — nun färbte er sich braun
und rot, ein Funkenregen sprühte in die Höhe, und gleich darauf sank der ganze
Rauch in sich zusammen, als sei die Kraft der Flammen darunter gebrochen.
Plötzlich aber stieg ein blendendweißer, gewaltiger Strahl aus der Öffnung,
kerzengerade, wie eine Säule aus Licht, die von der Erde bis zum Himmel
reichte.
»Aah — wie schön!« rief die kleine
Dott. »Sieh nur, Klaus, da!«
Cornix flog mit den Kindern dicht an
die Fenster heran. »Seht euch nur alles genau an«, sagte er. Da sahen die
Kinder, wie die Männer in den Werken arbeiteten. Wie aus Kupfer gegossen
erschienen ihre von den Flammen geröteten Gestalten. Einige trugen zum Schutz
gegen die Glut Rüstungen aus Leder wie Krieger. Nicht wie gewöhnliche Menschen
erschienen die Arbeiter den Kindern, viel eher wie Zauberer, die es verstanden,
mit geheimnisvollen Kräften glühende Eisenmassen und furchtbare Feuer zu
regieren!
»Schaut dort hinein!« sagte er. Drinnen
schaufelten die Heizer die schwarze Kohle in die weitgeöffneten Feuerschlünde
der walzenförmigen Kessel; in ihnen siedete und brodelte es gewaltig, bis einer
der Männer den Hahn aufdrehte und damit den Dampf durch mächtige Rohre zu den
verschiedenen Werken leitete. Mit seiner riesigen Kraft setzte dieser
Maschinen, Räder, Hämmer, Fördermaschinen und Walzen in Bewegung. All das
zeigte Cornix den Kindern.
Sie sahen, wie die Männer riesige,
weißglühende Eisenblöcke hin und her bewegten, wie auf ihr Geheiß unter den
Walzen rotglühenden Schlangen hervorkrochen, die zu Eisenbahnschienen wurden.
Sie beobachteten, wie die Drähte durch Maschinen zu Nägeln gepreßt und wie dann
die Nägel unter ohrenbetäubendem Lärm in großen Trommeln herumgewirbelt und
gereinigt wurden. In den Stahlwerken sahen die Kinder, wie in das geschmolzene
Eisen in riesigen birnenförmigen Gefäßen an der Decke die Luft hineingepreßt
wurde, und wie der goldglänzende zischende Strom des Eisens sich sprühend zu
hartem, blauem Stahl formte: Masten und Rädern und Eisenplatten.
»Seht gut zu!« sagte Cornix immer
wieder. — Von Werk zu Werk brachte er die Kinder, und zuletzt sahen sie durch
ein Fenster, wie die Kolben einer Dampfmaschine auf einen einzigen Hebeldruck
hin fauchend und stöhnend zu arbeiten begannen, um ein Seil von einer Trommel
abzuwickeln, erst langsam, dann mit sausender Geschwindigkeit! Und dann flog
Cornix mit den Kindern auf das Haus hinauf und zeigte ihnen, wie dieses Seil
aus dem Dach herausfuhr und über Räder und hohe Gerüste hinweglief, um dann in
der Erde zu verschwinden und die Förderschale mit den Bergarbeitern
hinunterzulassen, viele Hunderte von Metern tief!
Die Kinder blickten mit immer größerer
Ehrfurcht auf die Arbeit der Menschen. Wie einer dem anderen half, denn wenn
zum Beispiel der Maschinenwärter aufhörte, den Hebel zu bedienen, so würde die
Förderschale mit den Bergarbeitern im finsteren Schacht steckenbleiben. Und
wenn die Heizer aufhörten, die Dampfkessel zu versorgen, so müßten sogleich
alle Maschinen und Walzen und Hämmer Stillstehen.
Ja, sicher hatte Cornix ihnen zeigen
wollen, daß etwas Großes nur dann entstand, wenn der eine sich auf den anderen verlassen
konnte.
Dott mußte sich wundem, wie viele
Gedanken ihr beim Anblick dieser Hüttenwerke kamen! Immer wieder fiel ihr etwas
Neues ein. As Cornix höher hinaufstieg und über die leuchtenden Städte hinweg
in die dunkle Nacht hineinflog, da dachte sie daran, Hunderte und Tausende von
Männern arbeiteten, nur damit das ganze Volk all das bekam, was es zum Leben
brauchte: Pflüge und Spaten, Nägel und Messer, Maschinen und Werkzeuge, Eimer
und Lampen, Schienen und Eisenbahnen, Schiffe und Wagen.
Auch, wie schön war es doch, ein Mensch
zu sein und zu all den anderen Menschen zu
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