Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
Vom Netzwerk:
während sie sich anschickten, Lusitania vor der Descolada zu retten, hatte Ender eine neue Gefahr heraufbeschworen, die möglicherweise nicht minder destruktiv war.
    Aber nicht so schwer zu töten.
    Erneut versteifte er sich bei dem Gedanken, obwohl er ihm schon ein Dutzend Mal gekommen war, seit er begriffen hatte, daß es Peter war, der im Sternenschiff links neben ihm saß. Ich habe ihn erschaffen. Er ist nicht echt, nur mein Alptraum. Ihn zu töten wäre doch kein Mord, oder? Es wäre eher das moralische Äquivalent eines… ja, wovon? Eines Erwachens? Ich habe der Welt meinen Alptraum aufgebürdet, und wenn ich ihn jetzt töte, würde die Welt nur aufwachen und feststellen, daß der Alptraum verschwunden ist, mehr nicht.
    Falls Peter allein gewesen wäre, hätte Ender sich vielleicht zu solch einer Tat überreden können; zumindest glaubte er das. Doch die junge Val hinderte ihn daran. Wenn man Peter töten konnte, konnte man auch sie töten. Falls man ihn töten sollte, sollte man vielleicht auch sie töten – sie hatte genauso wenig Anrecht auf Existenz, sie war genauso unnatürlich, genauso eng und verzerrt in ihrer Schöpfung. Aber dazu wäre er niemals imstande. Man mußte sie beschützen, nicht töten. Und wenn die eine echt genug war, um weiterzuleben, war es der andere auch. Wenn es Mord wäre, der jungen Val etwas anzutun, wäre es auch bei Peter Mord. Sie waren aus derselben Schöpfung hervorgegangen.
    Meine Kinder, dachte Ender verbittert. Mein lieber kleiner Nachwuchs, der voll ausgebildet meinem Kopf entsprang wie Athene aus dem Geist Zeus. Nur, daß ich hier keine Athene habe. Eher Diana und Hades. Die jungfräuliche Jägerin und den Herrn der Hölle.
    »Wir gehen besser«, sagte Peter. »Bevor Andrew sich überredet, mich zu töten.«
    Ender lächelte boshaft. Das war das Schlimmste – daß Peter und die junge Val mehr über seinen eigenen Geist zu wissen schienen als er selbst. Mit der Zeit, so hoffte er, würden diese intime Kenntnisse von ihm verbleichen. Doch bis dahin trug es zu der Erniedrigung bei, daß Peter ihn wegen Gedanken verhöhnte, die sonst niemand vermutet hätte. Und die junge Val – an der Art, wie sie ihn betrachtete, erkannte er, daß sie seine Gedanken mitunter auch kannte. Er hatte keine Geheimnisse mehr.
    »Ich gehe mit dir nach Hause«, sagte Val zu Quara.
    »Nein«, erwiderte Quara. »Was ich getan habe, habe ich getan. Ich werde Glas bis zum Ende des Tests beistehen.«
    »Wir wollen doch keine Gelegenheit verpassen, öffentlich zu leiden«, sagte Peter.
    »Halt die Klappe, Peter«, sagte Ender.
    Peter grinste. »Na, komm schon. Du weißt, daß Quara diese Sache bis auf den letzten Tropfen auspreßt. Es ist einfach ihr Art, sich zum Star der Show zu machen – alle sind nett und freundlich zu ihr, wo sie doch eigentlich bejubeln sollten, was Ela geleistet hat. Es ist so billig, einem die Schau zu stehlen, Quara – aber es entspricht ganz deinem Niveau.«
    Quara hätte vielleicht geantwortet, wären Peters Worte nicht so ungeheuerlich gewesen – und hätten sie nicht einen Kern der Wahrheit enthalten, der sie verwirrte. Statt dessen bedachte die junge Val Peter mit einem kalten Blick und sagte: »Halt die Klappe, Peter.«
    Dieselben Worte, die Ender gesprochen hatte, doch als Val sie sprach, funktionierten sie. Er grinste sie an und kniff ein Auge zusammen – ein verschwörerisches Blinzeln, als wolle er sagen: Ich lasse dich dein kleines Spiel spielen, Val, aber glaube nicht, ich wüßte nicht, daß du dich bei allen einschmeichelst, indem du so nett bist. Doch er sagte nichts mehr, als sie Grego in seiner Zelle zurückließen.
    Draußen gesellte sich Bürgermeister Kovano zu ihnen. »Ein großer Tag in der Geschichte der Menschheit«, sagte er. »Und durch einen bloßen Zufall bin ich in allen Nachrichtensendungen dabei.« Die anderen lachten – besonders Peter, der mit Kovano schnell und problemlos Freundschaft geschlossen hatte.
    »Es ist kein Zufall«, sagte Peter. »Viele Leute in Ihrer Position wären in Panik geraten und hätten alles verdorben. Es war ein offener Verstand und eine Menge Mut nötig, um die Dinge den Verlauf nehmen zu lassen, den sie genommen haben.«
    Ender hätte über Peters offensichtliche Schmeichelei fast laut gelacht. Doch für den Empfänger ist eine Schmeichelei niemals so offensichtlich. Kovano gab Peter einen Knuff auf den Arm und stritt alles ab, doch Ender sah, daß er die Bemerkung genossen und Peter schon größeren Einfluß

Weitere Kostenlose Bücher