Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung
Atemzüge, damit der Mann versteht, dass sie mehr frische Luft braucht.
Der Polizist sagt etwas zu dem Mann, der daraufhin die Decke so richtet, dass Mandis Gesicht zwar bedeckt ist, sie aber trotzdem mehr Luft bekommt.
Mandi hat keine Ahnung, wie viel Zeit verstreicht, bevor das Boot langsamer wird. Sie zwingt sich, besonders aufmerksam zu sein – vielleicht geben gewisse Umgebungsgeräusche einen Hinweis darauf, wo sie sich befindet. Aber sie hört nichts außer Dschungelgeräuschen und Männerstimmen. Bevor der Polizist Mandi mitsamt dem Stuhl aufrecht stellt, bindet er ihr die Augen zu. Sie hört die Stimmen anderer Männer und spürt, wie das Boot schaukelt, während anscheinend Leute aus- und einsteigen. Die Vorbeigehenden werfen kühle Schatten auf sie. Mandi versucht mitzuzählen, wie viele Schatten es sind und wie oft das Boot schaukelt, aber alles ist zu verworren.
Nach kurzer Zeit hat man offenbar beschlossen, Mandi woanders hinzubringen. Ihre Arme werden unsanft gepackt und das Seil, mit dem sie am Stuhl festgebunden war, fällt zu Boden. Ihre Hände werden ihr schnell auf den Rücken gelegt und sofort wieder zusammengebunden. Jemand greift ihr unter die Arme und zieht sie hoch. Aber die Fesseln an den Beinen haben ihr das Blut abgeschnürt und ihre Beine sind gefühllos und geben nach. Bevor die Männer sie auffangen können, fällt sie kopfüber gegen die Bordwand. Mandi spürt einen stechenden Schmerz über ihrem rechten Auge – und wie das Blut in die Augenbinde sickert. Sie hört aufgeregtes Schreien. Beim Versuch die Beine zu bewegen spürt sie immer noch nichts außer ein starkes Kribbeln. Schließlich wird ihr ein kühles Tuch auf die Stirn gelegt und das Gefühl in den Beinen kehrt langsam zurück. Man hilft ihr wieder auf und diesmal bleibt sie auf den Beinen.
Wüsste Mandi, was ihr bevorsteht, sie würde diese »Ruhepause«im Boot mehr genießen. In dieser Nacht marschieren sie über vier Stunden durch den Dschungel. Zuerst geht es nur langsam voran. Mandi sind immer noch die Augen verbunden, sie stolpert oft und fällt immer wieder hin. Grob wird sie dann hochgezogen und weitergetrieben. Schließlich nimmt man ihr die Augenbinde ab, lässt sie aber weiter geknebelt.
Mandis Erleichterung, als sie Elly sieht, ist groß – ihre Augen füllen sich mit Tränen. Als Elly die Augenbinde abgenommen wird, blickt sie schnell um sich, bis sie Mandi sieht. Ihre Blicke treffen sich und sie sehen einander lange an. Kein Lächeln ist auf ihren Lippen, aber der intensive Blick gibt unglaublich viel Trost.
Sie sind im Dschungel und es sind immer noch dieselben Männer, die sie begleiten. Es geht weiter – noch ein paar anstrengende Stunden, bevor endlich wieder für eine Rast angehalten wird. Einer der Polizisten reicht Elly und Mandi eine Wasserflasche und die Männer rauchen eine Zigarette. Mandi bemerkt, dass die Polizisten eng zusammensitzen und ebenso die Dayak. Aber die beiden Gruppen halten Abstand voneinander. Auch Mandi und Elly werden wieder getrennt.
»Würde mich interessieren, wie loyal die Dayak gegenüber den Polizisten im Ernstfall wirklich sind«, denkt Mandi. »Vielleicht kann man sie gegeneinander ausspielen …«
Nachdem Mandi die Distanz zwischen den Dayak und den Polizisten aufgefallen ist, beobachtet sie mit noch größerer Aufmerksamkeit die gruppendynamischen Vorgänge. Es wird zwar während des Marsches nicht viel gesprochen, aber allein, wie die Dinge getan werden, ist aufschlussreich. Die Dayak sind diejenigen, die vorangehen und den Weg frei schlagen, wenn ein besonders undurchdringliches Stück Wald zu durchqueren ist. Diese Rolle ist möglicherweise eine Folge ihres geschickten Umganges mit den Krisschwertern, aber vielleicht ist es auch die übliche Hierarchie: die Dayak zuständig für die Ausführung manueller Arbeit und die Polizisten die Befehlshaber? Jedes Mal, wenn irgendetwas als »ungewöhnlich«angesehen wird – eine besonders dichte Dschungelstelle, ein außergewöhnlich dicker Stamm, sumpfiger Boden –, wird ein Dayak vorausgeschickt. Sobald der Weg frei und gesichert ist, ruft der größere der Polizisten etwas nach vorne und der Dayak nimmt seinen Platz in der Gruppe wieder ein.
Mandi wünscht sich nichts sehnlicher als stehen zu bleiben. Aber als sie dann tatsächlich stehen bleiben, ist es nicht ganz so toll, wie sie es sich vorgestellt hat. Denn solange sie gehen, bewegen sie sich wenigstens. Es gibt zwar jede Menge Moskitos und andere Insekten,
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