Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung
die Männer stehen. Sie beobachten sie schon eine Zeit lang.
Wie auf Befehl heben sie ihre Schwerter und Gewehre. Die Aggressivität, mit der sie das Boot angegriffen haben, scheint allerdings gewichen zu sein. Der Mann in Polizeiuniform schreit nicht mehr, sondern er spricht. Elly versucht aufzustehen, fällt aber rückwärts hin – Mandi hilft ihr auf.
Elly und Mandi werden getrennt und an kleine, harte Stühle gefesselt, die in der Mitte der Schnellboote aufgestellt werden. Die Boote rasen in die Richtung zurück, aus der sie gekommen sind. Als sie sich vom Ufer entfernen, sieht Mandi ihren schwarzen Rucksack im Wasser zwischen dem Schilf tänzeln, dann versinkt er im braunen Strudel.
»Ich frage mich, ob es noch irgendeine Spur von mir geben wird«, denkt Mandi. »Vielleicht wird mein Name auf eine Vermisstenliste gesetzt? Wie lange man wohl auf so einer Liste bleibt, bevor man endgültig abgeschrieben wird?«
Mandi zwingt sich, solche Gedanken nicht zu denken: »Keine weiteren morbiden Überlegungen«, sagt sie sich. »Wir sind nicht tot. Noch nicht.«Sie denkt an die Orang-Utans in den Käfigen und an den alten Mann im Boot. »Diese Bastarde werden nicht siegen. Denk nach! Denk! Es muss einen Weg geben …«
Das Bild von Marcus kommt Mandi in den Sinn. »Wenn ich nur Marcus und seine Gruppe kontaktieren könnte«, denkt sie.
Neben dem Studium der indonesischen Sprache hat sich Mandi an den Abenden im Bergwerkscamp auch mit Nachforschungen über SR Inc. befasst. Obwohl das Unternehmen kaum jemals direkt in Zusammenhang mit Rettungsaktionen gebracht wird, wird der Name doch oft genug in Verbindung mit Hilfestellungen bei Feuer, Explosion und Naturkatastrophen wie zum Beispiel Wirbelstürmen und Erdbeben genannt. »Wie durch ein Wunder«, heißt es immer wieder in den Medien, wenn von diesen Rettungsaktionen die Rede ist.
»Na ja, ein Wunder wäre auch in dieser Situation angebracht«, denkt Mandi. Sie beobachtet die Männer im Boot. Derjenige, der sie bewacht, lehnt an der Bordwand gegenüber von ihr. Sein Schwert hat er wieder mit dem Tuch auf seinen Rücken gebunden. Sein Gesicht hat mehr Ähnlichkeit mit dem von Elly als mit dem der anderen Männer, der Polizisten, die das Boot lenken. Sein und Ellys Gesicht sind ein wenig breiter und gröber geformt. Mandi fragt sich, ob das vielleicht die Merkmale des Volks der Dayak sind im Gegensatz zu den indonesischen Einflüssen. Elly schien nach Zentralkalimantan zu wollen und Mandi weiß, dass das Dayak-Gebiet ist.
Mandi erinnert sich daran, was sie einmal in einem Pub in Singapur gehört hat. Sie und Alan hatten ein paar Australier getroffen, die von Kalimantan hergeflogen waren, um eine Pause einzulegen. Sie saßen beisammen und bald begannen die Australier, Geschichten über die Dayak von Zentralkalimantan zu erzählen. Es ging um Kopfjagdrituale, ihre eigenartige Mischung von Christentum und Animismus und ihren Glauben an die Mächte der Vorfahren. Sie sagten, die Dayak glaubten an Geister, und das wäre der Grund, warum Frauen bei der Dämmerung nicht im Freien sein dürften. Die Geister würden dann draußen umgehen und die Frauen – als das »schwache Geschlecht«– müssten in den Häusern bleiben. Angeblich glauben die Dayak auch verhindern zu können, dass ihre Opfer sie als Geister weiter verfolgen, indem sie ihnen Köpfe und Hände abschneiden. Als die Männer den entsetzten Gesichtsausdruck Mandis sahen, lachten sie und sagten, sie würden nie »die Wahrheit einer guten Geschichte in den Weg stellen«– eine australische Redensart.
Glaubt ihnen Mandi? Egal, wo die Wahrheit liegt, sie weiß eines: Die Indonesier, die Mandi kennen gelernt hat, haben offensichtlich einen gesunden Respekt vor den Dayak.
Mandi sieht zu, wie die gewundene Flusslandschaft vorbeizieht. Nach einiger Zeit beschließen die Polizisten, Mandi und Elly so unterzubringen, dass sie nicht mehr zu sehen sind. Sie legen sie mitsamt den Stühlen, an die sie gebunden sind, seitlich hin, sodass sie hinter der Seitenwand des Bootes verborgen sind. Die Männer werfen leichte Decken über die Frauen.
Mandi spürt die Vibration des Motors unangenehm an Hüfte, Schulter und Kopf. Unter der Decke ist es stickig und heiß und so knapp über dem Holzboden gibt es kaum eine Luftbewegung.
Mandi ruft: »Permissi. Permissi. He, Entschuldigung!«
Der Mann in traditioneller Kleidung hebt die Ecke der Decke etwas hoch und Mandi sagt: »Ja! Ja! Bagus – gut.«Sie nimmt einige tiefe
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