Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
Botschafterin versprochen, sie an der Grenze einzuholen. Sollten die Sitianer Schwierigkeiten machen, dann wohl am ehesten dort.“
Sobald er verschwunden war, bereute ich meinen Entschluss, zurückzubleiben, und ich empfand eine grenzenlose Einsamkeit. Doch Kiki stupste mir ihre warme Nase in den Nacken und drang in meine trüben Gedanken ein.
Kiki bleibt beim Lavendelmädchen , sagte sie. Kiki hilft.
Ja, du bist wirklich eine große Hilfe.
Klug.
Klüger als ich , verbesserte ich sie.
Apfel?
Du hast doch die ganze Nacht gegrast. Wie kannst du da noch hungrig sein?
Für Äpfel ist immer Platz.
Lachend gab ich ihr einen Apfel, ehe wir uns auf unsere zweitätige Rückreise zum Bergfried machten.
Am Tor des Bergfrieds teilte mir ein Wächter mit, ich solle mich sofort zum Versammlungsraum der Meister-Magier begeben. Während ich Kiki im Stall rasch trocken rieb, überlegte ich, was während meiner Abwesenheit geschehen sein mochte.
Über den Campus wehte ein eisiger Wind. Schüler liefen von einem Gebäude zum nächsten. Sie warfen mir nur einen überraschten Blick zu, ehe sie ihren Weg eilig fortsetzten. Das Grau des Himmels wurde noch dunkler, während ein Graupelschauer niederging. Ein unheilvoller Beginn der kalten Jahreszeit. Ich zog mir die Kapuze ins Gesicht, um mich vor Kälte und Nässe zu schützen.
Zu Beginn der heißen Jahreszeit war ich in Sitia angekommen. Die beiden Jahreszeiten, die ich hier bereits erlebt hatte, kamen mir vor wie zwei Jahre.
Meine Ankunft nahmen drei Magier mit Gleichgültigkeit und eine mit unbändigem Zorn zur Kenntnis. Roze empfing mich mit einer Woge von Energie. Sie stieß gegen meine Brust, und von der Wucht des Aufpralls taumelte ich zurück. Rasch zapfte ich die Energiequelle an und projizierte mein Bewusstsein auf sie. Ihr mentaler Verteidigungsschild war undurchdringlich, aber ich zielte tiefer. In ihr Herz und durch ihre Seele hindurch. Das waren viel verletzlichere Stellen.
Sachte, sachte , sagte ich. Benehmt Euch.
Wütend sprang sie hoch. Wie bitte?
Ich habe Eure Seele gefunden, Roze. Da drinnen ist es dunkel und ungemütlich. Ihr habt Euch zu lange mit diesen Schurken abgegeben. Ihr solltet Euch besser ändern, denn sonst wird diese Seele nicht zum Himmel fliegen.
Ihre bernsteinfarbenen Augen musterten mich mit all ihrem Hass und ihrer Verachtung, deren sie fähig war. Hinter diesen Gefühlen versteckte sie jedoch bloß ihre Angst. Hass und Verachtung machten mir nichts aus, aber Angst war eine starke Emotion. Aus Angst beißen Hunde, und Roze war eine ganz besonders hinterhältige Hündin.
Ich ließ sie frei. Roze kochte vor Wut. Am liebsten hätte sie mich auf der Stelle umgebracht. Gelassen erwiderte ich ihren Blick. Schließlich stürmte sie aus dem Raum.
„Es stimmt also“, unterbrach Bain die plötzliche Stille. „Du bist tatsächlich eine Seelenfinderin.“ Er klang eher fürsorglich als verängstigt.
„Warum ist sie so aufgebracht?“, fragte ich.
Irys bedeutete mir mit einer Handbewegung, Platz zu nehmen. Ich sank auf einen der gepolsterten Stühle.
„Roze glaubt, du und Valek seid Teilnehmer einer Verschwörung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Ratsversammlung umzubringen.“ Ehe ich etwas entgegnen konnte, fuhr sie fort: „Es gibt keine Beweise. Besorgniserregender ist jedoch die Tatsache, dass Ferde aus dem Gefängnis des Bergfrieds ausgebrochen ist.“
Mit einem Satz war ich auf den Füßen. „Ferde ist entkommen? Wann? Wohin?“
Irys und Bain tauschten einen wissenden Blick. „Ich habe dir doch gesagt, dass sie nichts mit seiner Flucht zu tun hat“, sagte sie zu ihm. Dann wandte sie sich an mich. „Wir wissen nicht, wann es passiert ist. Heute Morgen jedenfalls war er nicht mehr da.“ Sie lächelte säuerlich. „Wir nehmen an, dass Cahil ihm behilflich war.“
„Cahil?“ Jetzt war ich wirklich total verwirrt.
„Er ist nämlich auch verschwunden. Man hat Captain Marrok gefunden – er wurde brutal zusammengeschlagen. Als Marrok wieder bei Bewusstsein war, hat er uns erzählt, dass Cahil ihn gefoltert habe, bis Marrok ihm die Wahrheit sagte.“ Irys schüttelte den Kopf, als könnte sie es selbst nicht fassen.
„Dass in Cahils Adern kein königliches Blut fließt“, sagte ich.
„Du hast es gewusst?“, fragte Zitora. „Warum hast du es uns nicht gesagt?“
„Ich hatte nur einen Verdacht. Aber Valek hat meine Vermutungen bestätigt.“
„Marrok hat uns erzählt, dass Cahils Mutter bei seiner Geburt
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