Zähmung der Wildkatze
zu sortieren. Blitze zuckten über den Himmel und Donner grollte in der Ferne. Er widerstand dem Impuls, das Dungeon von Madame Dita erneut aufzusuchen. Hätte er Marie an dem Abend nicht den Rücken gekehrt, wäre er seinem ersten Instinkt gefolgt, wäre das alles nicht passiert. Stuart wählte die Telefonnummer der Domina.
„Ihr könnt ihn gehen lassen. Die Polizei sucht wahrscheinlich schon nach ihm.“
Noch bevor sie nachhaken konnte, beendete er mit einem Knopfdruck das Gespräch. In seiner Brust zog sich alles zusammen. Das Versprechen an Maries Vater, auf sie zu achten, hatte er bereits zuvor gebrochen. DerSchmerz zog ihm die Kehle zu. Während er seinen Frust über ein Missverständnis in einer Session abreagiert hatte, wurde Marie von Jamie betäubt und verschleppt. Wer weiß, was er ihr alles angetan hatte. Einen der Kerle hatte er daran hindern können, doch wie viele hatten sich bereits über sie hergemacht? Stuart spülte mit dem Bier die Übelkeit runter und schloss die Augen. In seinem Kopf hämmerte es und seine Gedanken drehten sich nur darum, dass er allein die Schuld trug.
Er hätte es verhindern können, wenn er nicht so verdammt engstirnig und idiotisch reagiert hätte. Wie sollte er ihr je wieder in die Augen sehen.
22
Gegen Mitternacht öffnete Marie langsam ihre Augen. Orientierungslos blinzelte sie ins Licht der kleinen Lampe über ihrem Krankenbett, bis sie begriff, wo sie sich befand.
„Stuart?“
„Hey, Honey.“
Sie erstarrte, als sie in das freundlich lächelnde Gesicht von Master Alexander blickte.
„Was machst du hier?“
Ihre Kehle fühlte sich trocken und wund an. Er hob sanft ihren Kopf und legte ihr ein Glas Wasser an die Lippen.
„Wow, langsam trinken, sonst verschluckst du dich.“
Er trug grüne Krankhauskleidung und der Schmuck war auch verschwunden.
„Ich arbeite hier und ich habe extra für dich meine Schicht getauscht.“
„Was ist passiert?“
„Willst du die lange oder die kurze Version?“
Seine perfekte Zahnreihe blinzte auf, als er sie angrinste. Sie fühlte sich benommen und der Schwindel in ihrem Kopf ließ sie blinzeln. Marie nippte ein weiteres Mal an dem Wasser und sank seufzend zurück auf das Kissen. Alexander setzte sich auf die Bettkante und berührte sanft ihre Stirn. Sie versteifte sich unter seiner Berührung.
„Alles ist okay. Du bist hier sicher.“
Langsam kehrten Fragmente der Erinnerung in ihre Gedanken zurück. Schockiert holte sie tief Luft. Die Wärme seiner Hand drang durch das dünne Krankenhausleibchen auf ihre Schulter. Sein liebevoller Blick entspannte sie ein wenig.
„Die Jungs sitzen jetzt erst einmal im Knast, Honey. Stuart hat die ganze Stadt nach dir abgesucht, bis er dich gefunden hat.“
Er erzählte ihr die ganze Geschichte, schmückte hier und da ein wenig aus.
„Wo ist er?“
„Er war hier, die ganze Nacht und hat vor deiner Tür gesessen. Als ich eben kurz raus bin, war er verschwunden. Honey, der Kerl scheint dich wirklich zu lieben.“
„Was macht dich so sicher? Wenn er mich lieben würde, wäre er noch hier.“
„Ich habe gesehen, wie er dich ansieht, Marie. Er hätte aus jedem der Kerle am liebsten die Scheiße rausgeprügelt und es bringt ihn um, dass sie dich angefasst haben.“
Hitzewellen schossen durch ihren Körper und sie versuchte, sich aufzusetzen. „Haben sie …“
Er lächelte sanft. „Nein, sie haben dich nicht vergewaltigt. Der Arzt hat einige Tests gemacht und dich gründlich untersucht. Bis auf ein paar Prellungen fehlt dir körperlich nichts.“
Marie atmete erleichtert aus. Mit beiden Händen rieb sie sich über die Augen. Alles wirkte noch immer vernebelt und unklar. „Ich kann mich nur an ein paar Bruchteile erinnern. Ich weiß, dass Jamie mir gedroht hat und dass …“
„Marie, ganz ruhig. Du wirst dich an vieles davon nicht mehr erinnern. Vielleicht ist das auch gut so. Sie haben dir GHB verabreicht. Du hattest eine hohe Konzentration davon im Blut.“
„GHB?“
„Eingeweihte nennen das Zeug auch Liquid Ecstasy. Es ist ein starkes Beruhigungsmittel und kann zu einem komatösen Zustand führen. Das Zeug ist nur zwölf Stunden, je nach Dosierung, im Blut nachweisbar. Kriminelle benutzen die Droge, um Frauen gefügig zu machen und dann über sie herzufallen. Die Opfer können sich danach an nichts erinnern. Deine Gedächtnislücken sind also vollkommen normal. Der Mist wirkt relativ schnell, schon nach einer halben Stunde fühlt sich das Opfer wie betrunken und
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