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Zaehne und Klauen

Zaehne und Klauen

Titel: Zaehne und Klauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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sagte sie. »Sobald ich Schluss habe, komme ich wieder.« Ich zuckte auf hilflose, unterwürfige Art die Achseln, der Abschiedsschmerz so akut, wie ich ihn noch nie im Leben empfunden hatte. »Klar«, sagte ich, und dann langte sie nach meinen Schultern und zog mich zu sich herunter, um mich zu küssen – auf den Mund. »Du bist süß«, sagte sie.
    Ich war also süß. Nie zuvor hatte mich jemand süß genannt, zumindest seit meiner Kindheit nicht mehr, und ich muss zugeben, die Bezeichnung gefiel mir, erblühte in mir wie ein Versprechen für die Zukunft. Ich begann, Daria als grundlegende bewegende Kraft in meinem Leben zu betrachten, Daria mit nackten Beinen ausgestreckt auf meiner Couch, mit über die Schultern fallendem Haar am Küchentisch, ihre Lippen auf meine gepresst. Aber während ich dasaß und meinen Schinken-Käse-Wrap aß, meldete sich ein widersprüchlicher Gedanke: Es musste bereits jemanden in ihrem Leben geben, ein so hübsches Mädchen, das in einer Bar arbeitete, und ich machte mir etwas vor, wenn ich glaubte, ich hätte eine Chance bei ihr. Sie musste einen Freund haben – womöglich war sie sogar verlobt. Ich versuchte mich an den Vorabend zu erinnern, an ihre Hände und Finger – hatte sie einen Ring getragen? Und wenn ja, wo war dann ihr Verlobter, ihr Freund, wer immer er war? Ich hasste ihn bereits, ohne überhaupt zu wissen, ob er existierte.
    Die Folge war, dass ich mich um halb vier nachmittags im kühlen unterirdischen Dämmerlicht von Daggett’s wiederfand und einen Jack-mit-Coke trank wie ein Stammgast, während Daria, der Ringfinger ihrer linken Hand so ungeschmückt wie meiner, herumging und nach der Mittagszeit aufräumte und die Tische für das Abendessen deckte. Um fünf kam Chris, und er begrüßte mich namentlich und stellte mir einen neuen Drink hin, bevor er die Stammgäste auch nur eines Blickes würdigte, und wenn nichts los war, unterhielten wir uns während der nächsten Stunde über alles mögliche, angefangen beim Naheliegenden – die Katze –, aber auch über Sport, Musik, Bücher und Filme, und ich stellte fest, dass ich in einen ganz neuen Bereich Eingang gefunden hatte. Irgendwann blieb Daria stehen und fragte, ob sich die Katze eingewöhne – tigerte sie noch immer neurotisch herum? –, und ich konnte ihr mit einiger Bestimmtheit versichern, dass sie schlief. »Wahrscheinlich ist sie nachtaktiv«, sagte ich, »oder so etwas Ähnliches.« Und dann, weil Chris dabei war, musste ich unbedingt hinzufügen: »Du kommst doch nachher vorbei, oder? Nach der Arbeit? Um mir beim Füttern zu helfen, meine ich.«
    Sie schaute zu Chris, dann ließ sie den Blick durch den Raum schweifen. »Ja«, sagte sie, »ja«, und in ihrer Stimme schwang ein leichtes Zögern mit, »ich komme.«
    Dabei beließ ich es für den Augenblick, aber ich war unsicher, und der Alkohol wirkte, und ich konnte keine Ruhe geben. »Wir können zusammen fahren«, sagte ich, »weil ich meinen Wagen nicht dabeihabe.«
    Am Ende ihrer Schicht sah sie müde aus, ihr Gang federte nicht mehr, ihr Haar war eine Schattierung glanzloser im düsteren Licht, und als ich zu Kaffee überging, sah ich, dass Chris ihr am Ende des Tresens ein Schnapsglas mit irgend etwas zuschob. Gegen sechs hatte ich ein Sandwich gegessen und dann, um nicht überängstlich zu wirken, war ich spazierengegangen zu einer anderen Bar am Ende der Straße, wo ich einen Jack-mit-Coke trank und mit niemandem ein Wort redete, und um acht war ich wieder da, um Kaffee zu trinken, sie zu beobachten und an ihr Versprechen zu erinnern.
    Auf der Fahrt in meine Wohnung sprachen wir nicht viel. Es dauerte nur fünf Minuten, und im Radio lief ein Song, den wir beide mochten. Außerdem schien mir, dass man Schweigen respektieren konnte, wenn man sich mit jemandem wohl fühlte. Ich war zuvor am Bankomaten gewesen und hatte in hoffnungsvoller Stimmung Frühstücksvorräte angelegt – Eier, englische Muffins, einen halben Liter Milch ohne Fett und einen halben Liter mit zwei Prozent Fett, teure chinesische Teebeutel, einzeln in Folie verpackt –, und ich hatte zwei Flaschen kalifornischen Chardonnay gekauft, der wirklich ganz ausgezeichnet sein sollte, das behauptete zumindest der Verkäufer in der Spirituosenabteilung, sowie eine Tüte mit Maischips und ein Glas Salsa. Auf dem Gestell neben dem Medizinschränkchen hingen zwei neue Handtücher, ich hatte die Wohnung gesaugt und das Geschirr in der Spüle in kochendheißem Wasser mit den letzten

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