Zaehne und Klauen
der Kaution. Und die Vorstellung gefiel mir: Wir könnten sehen, was das Ding – mein Haustier – trieb, und wenn wir es beobachten konnten, dann wäre es nicht mehr so unnahbar und geheimnisvoll. Ich musste es schließlich kennenlernen, ihm irgendwann einen Namen geben, es zähmen, es vielleicht sogar an der Leine ausführen. Ich sah kurz vor mir, wie ich den Gehsteig entlangschlenderte, dieses Es mit Krallen neben mir, die Leute drehten sich nach mir um, die Gewichtheber mit ihren Dobermännern und Rottweilern ausgestochen, und ich holte meine Bohrmaschine unter der Küchenspüle hervor und bohrte ein sauberes Loch, ungefähr zwei Zentimeter im Durchmesser, in die Schlafzimmertür. Kaum war ich fertig, spähte Daria hindurch.
»Und?«
»Das arme Tier. Er tigert hin und her wie ein Tier im Zoo.«
Sie trat zur Seite und ergriff meinen Arm, als ich mein Auge gegen das Loch drückte. Die Katze floss wie geschmolzenes Eisenerz von einer Ecke des Zimmers in die andere, ihre gelben Augen fixierten die Tür, das falbe, leicht gefleckte Fell über den zitternden Muskeln gespannt wie Spandex. Ich sah, dass das Katzenklo umgestürzt und die blaue Schüssel aus Hartplastik zu Stückchen zerkaut war, und ich fragte mich, wo das Ding sein Geschäft erledigen würde, wenn nicht auf dem Katzenklo. »Er hat das Katzenklo umgeworfen«, sagte ich.
Sie hielt noch immer meinen Arm fest. »Ich weiß.«
»Er hat es zerkaut.«
»Metall. Wir brauchen eins aus Metall, einen Trog oder so.«
Ich wandte mich vom Guckloch ab und ihr zu. »Aber wie soll ich es saubermachen – muss man es nicht saubermachen?«
Ihre Augen funkelten. »Ach, er wird sich beruhigen. Er ist nur ein großes Kätzchen, mehr nicht« – und dann, an die Katze gewandt, mit einem sirupartigen Gurren: »Nicht wahr, Kätzchen?« Als nächstes ging sie zum Kühlschrank und holte ein Steak heraus, gut eineinhalb Pfund Fleisch. »Zieh den Handschuh an«, sagte sie, »und ich stehe an der Tür bereit, während du ihn fütterst.«
»Was ist mit dem Blut – wird das Blut nicht auf den Teppich tropfen?« Der Handschuh roch nach Sattelseife und war auf der ganzen Länge zerkratzt und zerbissen; er passte mir, als wäre er maßgefertigt.
»Ich drücke das Blut mit Küchenpapier raus – hier, schau«, sagte sie, tupfte das Fleisch in der Spüle ab und steckte es auf eine Gabel. Ich nahm die Gabel, und gemeinsam gingen wir zur Schlafzimmertür.
Ich weiß nicht, ob die Katze das Blut roch oder ob sie uns an der Tür hörte, aber kaum hatte ich den Knauf gedreht, war sie da. Ich zählte bis drei, riss die Tür gerade so weit auf, dass ich den Arm und das von der Gabel baumelnde Fleisch hineinstecken konnte, während die Katze gegen den Türrahmen krachte und das Fleisch verschwand. Wir schlugen die Tür zu – Darias Gesicht war gerötet, und sie schien zu kichern oder nach Luft zu schnappen –, und dann wechselten wir uns ab und beobachteten, wie das Tier das Steak kreuz und quer über den Teppich zerrte, als müsste es erst noch getötet werden. Als es aufgefressen hatte, war überall Blut, sogar an der Decke.
Nachdem Daria zur Arbeit gegangen war, wusste ich nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Die Katze verhielt sich verdächtig still, und als ich durch das Guckloch schaute, sah ich, dass sie den Käfig in eine Ecke gezerrt und sich dahinter offenbar schlafen gelegt hatte. Ich schaltete den Fernseher ein und sah mir den üblichen Schwachsinn an, der kurzzeitig belebt wurde von einer Tiersendung über die Serengeti. Sie gewährte mir einen flüchtigen Blick auf eine Katze wie meine – Der Serval lebt in felsiger Landschaft, wo er seine Feinde, Löwen und Hyänen, misstrauisch beobachtet und sich vorwiegend von kleinen Beutetieren wie Hasen, Vögel, sogar Schlangen und Eidechsen ernährt, informierte mich der Sprecher mit leiser Stimme –, und dann ging ich in den Sandwichladen, bestellte eine Nummer 7 spezial ohne Mayo und machte mich damit auf zum Strand. Es war ein klarer Tag, die Sintflut vom Vortag hatte die Luft von Dunst und Schwebstoffen gesäubert, und ich saß da, ließ mir die Sonne ins Gesicht scheinen und sah zu, wie Welle auf Welle anbrandete, während ich aß und über meine veränderten Lebensumstände nachdachte. Darias Gesicht hatte einen ernsten Ausdruck angenommen, als sie in der Tür stand, ihr T-Shirt zerknittert, das Haar so fest nach hinten gebunden, dass ich jede einzelne Strähne erkennen konnte. »Pass gut auf unsere Katze auf, okay?«
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