Zauber des Orients
nicht länger bleiben.
Raffa unterdrückte ein Lächeln. Würde er sie wirklich wegschicken können?
Wenig später lenkte er das Fahrzeug auf einen weitläufigen Parkplatz, wo ein Parkwärter nur darauf wartete, den Lamborghini zu übernehmen.
„Brauchen Sie Geld?“, wollte Raffa wissen, als Casey ausstieg.
Sie zog ein Bündel abgegriffener Scheine und einige Münzen aus der Jeanstasche und zeigte sie ihm. Zweifelnd blickte er darauf. „Glauben Sie, das genügt?“
„Für das, was ich kaufen will, bestimmt“, versicherte sie ihm.
Raffa zog die Brauen hoch, doch er erwiderte nichts und stieg aus, um Casey in die Einkaufspassage zu begleiten.
Seine Leibwächter waren ihnen in mehreren Wagen gefolgt und beobachteten sie besorgt. Das haben die Jungs noch nicht erlebt, dachte Raffa, während er mit Casey die belebte Luxuspassage betrat. Unauffällig bedeutete er den Sicherheitsleuten, sich im Hintergrund zu halten. Als Erstes studierte er mit Casey den Übersichtsplan des Einkaufsparadieses, dann blickte sie forschend in die Runde und schlenderte los.
Interessiert folgte er ihr. In den Einkaufspassagen von A’Qaban gab es nur Luxusmarken. Etwas so Vulgäres wie der Preis einer Ware wurde meist gar nicht erst ausgeschildert. Überhöhte bis astronomische Preise gehörten hier zur Tagesordnung, nach dem Motto: Wer nach dem Preis fragen muss, kann ihn sich nicht leisten. Als wirtschaftskundiger Landesherr störte ihn das gewaltig. Auch diesen Missstand würde er abschaffen. Bald. Aber der heutige Tag gehörte Casey Michaels.
Er hatte sie nach A’Qaban geholt, um ihr fachliches Können zu prüfen, nicht, um sie beleidigen zu lassen. Sicherheitshalber hielt er sich direkt hinter ihr, um gegebenenfalls einzugreifen.
Bei der ersten Boutique, die Casey betrat, wartete er im Hintergrund, um zu sehen, wie sie zurechtkam. Das Geschäft war auf konservative Mode spezialisiert. Wie er befürchtet hatte, beachteten die Verkäuferinnen Casey kaum, während sie die Kleiderständer durchging. Das gefiel ihm gar nicht.
Es überraschte ihn nicht, an der Wand ein Foto des verstorbenen Scheichs zu entdecken, eines entfernten Verwandten von ihm. Hier herrschte immer noch tiefstes Mittelalter. Doch er wollte A’Qaban zu einem modernen demokratischen Staat umwandeln. Die Angestellten dieser Boutique würden ihr blaues Wunder erleben, wenn er seine Reformen durchsetzte. Im Moment war Casey jedoch mit dem alten Regime konfrontiert, und es ärgerte ihn, zu sehen, dass sie den Laden enttäuscht verlassen wollte.
„Entschuldigen Sie, dass ich Sie warten lassen musste, Raffa, aber hier gefällt mir nichts.“
„Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.“ Natürlich konnte sie sich in dieser Boutique nichts leisten. Er zog Casey zur Seite, wo niemand sie beobachten konnte.
Argwöhnisch sah sie ihn an, als er ihr ein Bündel Banknoten zustecken wollte.
„Betrachten Sie es als Vorschuss auf Ihr zukünftiges Gehalt“, riet er ihr, um ihren Stolz nicht zu verletzen.
„Nein, nein.“ Entschlossen schob sie seine Hand fort. „Ich meine es ernst, Raffa. Bitte nicht …“
Widerstrebend zog er die Hand zurück. Diese Einstellung musste er respektieren. So blickte er nur stirnrunzelnd zu der hochnäsigen Geschäftsführerin, ehe er mit Casey das Geschäft verließ.
Erst jetzt, in der lichtdurchfluteten Passage, erkannte die Frau ihn und erbleichte.
Ohne sich zu beklagen, steuerte Casey auf das nächste Geschäft zu. Nachdem sie auch dort von oben herab behandelt wurde, beschloss Raffa einzugreifen.
Als er sie erneut beiseite zog, wehrte sie ab: „Nein, wirklich nicht – ich lerne schnell.“
Dass sie sich in A’Qaban nichts leisten konnte? Dass Leute ohne Geld in seinem Land hochnäsig behandelt wurden? Das würde er nicht dulden! Raffa schämte sich für seine Landsleute und wollte erneut die Brieftasche zücken, als Caseys Gesicht sich aufhellte.
„Ach, dort drüben ist genau das, was ich brauche!“ Zielstrebig ging sie auf ein Schreibwarengeschäft zu.
„Aber Sie wollen sich doch ein Kostüm kaufen“, erinnerte er sie.
„Würden Sie draußen auf mich warten?“
Raffa wurde ungeduldig. Jetzt war nicht die Zeit, Postkarten zu kaufen. „Bitte nehmen Sie das Geld von mir an und kaufen Sie, was Sie brauchen“, drängte er.
„Für das, was ich vorhabe, brauche ich kaum Geld“, versicherte Casey ihm.
Neugierig geworden, folgte Raffa ihr in das Papiergeschäft, wo sie ein Klemmbrett und einen Schreiber
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