Zauber des Orients
erstand.
„Das ist alles?“, fragte er verwundert, während sie bezahlte.
„Mehr brauche ich nicht.“
„Wollen Sie das anziehen?“, bemerkte er ironisch.
Sie lehnte sich an die Theke und drückte ihre Einkäufe an sich.
„War nur ein Scherz“, sagte er entschuldigend.
Nachsichtig seufzte sie. „Natürlich will ich das nicht anziehen.“
Ihre Reaktion war gewagt, doch wieder beließ er es dabei.
„Würden Sie bitte mitkommen?“, fragte sie höflich, als befürchtete sie, seine Geduld über Gebühr strapaziert zu haben.
„Gehen Sie vor.“ Er passte sich ihrem Schritt an und war jetzt wirklich neugierig, was sie vorhatte. Mit einer Handbewegung winkte er seine Leibwächter fort, die sich ihr in den Weg stellen wollten.
Komisch, sie kehrte zum ersten Geschäft zurück. Beherrscht wartete er draußen, während Casey den Laden erneut betrat. Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, als die hochnäsigen Angestellten von Casey diesmal überhaupt keine Notiz nahmen. Fünf Minuten lang. Dann wurden sie erstaunlich aufmerksam. Vielleicht hatte das etwas damit zu tun, dass Casey sich mitten im Geschäft hinstellte und auf ihrem Klemmbrett schrieb.
„Kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte eine Verkäuferin sie.
„Nein, danke“, wehrte Casey höflich ab. „Aber ich könnte etwas für Sie tun.“
Die Frau runzelte die botoxgeglättete Stirn –, soweit dies möglich war.
Jetzt wurde Raffa hellhörig und trat näher. Am liebsten wäre er in den Laden gestürmt, aber er wollte Caseys Vorhaben durch sein Erscheinen nicht gefährden.
Freundlich fuhr sie fort: „Ich führe nämlich für Scheich Rafik al Rafar bin Haktari eine Erhebung durch, um zu ermitteln, wie gut die Kunden in seinen Geschäften bedient werden.“ Als die Frau sich verkrampfte, setzte Casey vertraulich hinzu: „Diese Boutique gehört doch dem Scheich?“
Die Verkäuferin wurde nervös. „Diese und alle anderen Geschäfte in der Einkaufspassage.“
„Das dachte ich mir“, bemerkte Casey heiter. „Sie müssen wissen, ich bin, was man in der Branche eine verdeckte Testkundin nennt.“
Nun geriet die Frau in Panik. Raffa unterdrückte ein Lächeln.
Eins musste er Casey lassen: Das Ergebnis war beeindruckend. Mit Einkaufstüten bepackt, verließ sie das Geschäft, ohne einen Cent ausgegeben zu haben.
„Ich kann die Sachen zurückgeben oder umtauschen“, eröffnete sie ihm locker.
Na ja, dachte er. Letztlich würde doch Geld den Besitzer wechseln.
Wieder erwartete ihn eine Überraschung.
„Natürlich behalte ich die Teile nicht“, gestand Casey ihm, während sie die taghell erleuchtete Einkaufspassage entlangschlenderten.
„Und was wollen Sie damit machen?“ Raffa bedeutete einem Leibwächter, die Tüten zu übernehmen.
„Natürlich gebe ich sie zurück.“
„Aber … was sollte das Ganze dann?“
Casey warf ihm einen zufriedenen Blick zu, sie schien jetzt ganz in ihrem Element zu sein. „Geben Sie mir etwas Zeit, dann zeige ich es Ihnen.“
Als Nächstes blieb Casey vor einem Geldautomaten stehen. Instinktiv blickte Raffa sich um, ob sich nicht irgendwo Paparazzi herumdrückten. Scheich Rafik al Rafar, der milliardenschwere Industrielle, wartete geduldig neben einem Geldautomaten, während seine neueste Begleiterin mickrige zweihundert Dollar abhob und nachzählte, ehe sie die Scheine sorgsam in der Tasche verstaute.
Tolle Schlagzeilen!
„Das dürfte genügen“, erklärte Casey.
Sicherheitshalber erwiderte er nichts und wies sie an, vorauszugehen.
Sobald er sah, wohin sie wollte, verstand er. Vor ihnen erstrahlte die Boutique einer internationalen Modekette, die auf dem heiß umkämpften Designerschlachtfeld in eine Marktlücke gestoßen war: Modelle berühmter Modeschöpfer wurden einfach kopiert, die Teile zum Bruchteil des Preises angeboten.
In diesem Geschäft erstand Casey eine kleine Auswahl an Kleidungsstücken, dazu einen schicken Schal, eine preisgünstige Handtasche und eine Wolljacke.
„Sicher werde ich mir die Arme hier manchmal bedecken müssen“, bemerkte sie nachdenklich.
Auch eine Hose hatte sie gekauft. Das gefiel Raffa. Falls sie das Einstellungsgespräch bestand, gab es im Landesinneren immer noch genug Traditionsanhänger, die gegen zur Schau gestellte nackte Haut auf die Barrikaden gingen. Und er wollte, dass Casey auch vor diesen Landesbürgern bestand.
Ihm wurde bewusst, dass sie ihm eine Hand mit Münzen hinhielt.
„Sehen Sie, ich habe immer noch Geld übrig“,
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