Zauber des Orients
das habe ich nicht! Das ist nicht die Art Leben, die ich führe“, stieß sie wütend aus. „Und wird es nie sein. Wenn Sie also vorschlagen wollen, ich soll …“
Er trat mit solcher Wucht auf die Bremse, dass Sadie im Sicherheitsgurt vorgeschleudert wurde. „Sie wagen es anzudeuten, dass ich, der Herrscher von Dhurahn, so tief sinken würde?“
Es war nicht zu übersehen, dass sie ihn zutiefst beleidigt hatte. Die Arroganz, die vorher zu erkennen gewesen war, hatte einem unbeugsamen Stolz Platz gemacht. „Das war keine Unterstellung. Ich wollte lediglich klarstellen, dass ich zu so etwas nicht bereit bin“, verteidigte sie sich.
Sie sagte die Wahrheit, das konnte Drax sehen. Alles war also genau so, wie er sich erhofft hatte. Sie war perfekt für Vere, und es war seiner Menschenkenntnis zu verdanken, dass er sie gefunden hatte. Er gratulierte sich selbst in Gedanken für seine Geistesgegenwart.
Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Straße zu und fuhr an. „Also ist es abgemacht. Sie akzeptieren mein Stellenangebot und reisen mit mir nach Dhurahn“, schloss er.
War es abgemacht? Sadie hatte bisher nicht zugesagt. Aber irgendwie gelang es ihr auch nicht, überhaupt viel zu sagen. Und dass er ihr Stillschweigen als Zustimmung ansah, konnte sie ihm nicht wirklich verübeln.
So sagte er auch gleich darauf: „In ungefähr einer halben Stunde erreichen wir den Flughafen.“
„Ich werde meinen Pass brauchen“, merkte sie an.
„Wir fliegen in meinem Privatjet nach Dhurahn zurück. Als meine persönliche Assistentin werden Sie die Zollformalitäten nicht über sich ergehen lassen müssen, weder auf der zuranischen noch auf der dhurahnischen Seite.“ Allerdings fiel ihm ein, dass er wohl den Herrscher anrufen und sich für die abrupte Abreise entschuldigen sollte.
Ein Privatjet. Sadie hatte Mühe, sich unbeeindruckt zu geben. „Ich bin mir nicht sicher … Ich meine, ich weiß ja nicht einmal, wie ich Sie anreden soll, welchen Titel Sie tragen.“
Er zuckte mit den breiten Schultern, die Sadie gleich zu Anfang aufgefallen waren. „Mein Bruder und ich haben eine liberale Erziehung genossen. Unsere Mutter war Irin, und unser Vater wünschte sich für uns die gleiche Ausbildung, wie er sie hatte. So wurden wir in England und Paris ausgebildet. Während die Traditionalisten in unserem Land unsere Titel benutzen, werden Sie und ich uns mit dem Vornamen ansprechen. Schließlich arbeiten wir zusammen an einem fortschrittlichen Projekt. Also nennen Sie mich Drax.“
„Drax …“, wiederholte sie.
Sie sprach den Namen aus, als würde sie ihn schmecken wollen, ein gehauchtes Flüstern, mit stimmlosem D und weichem X.
„Es ist ein Familienname“, erklärte er ihr und ärgerte sich über die Bilder, die sich unwillkürlich vor seinem geistigen Auge formten. Er hatte schönere Frauen gesehen, hatte sinnlichere Frauen gekannt – wieso also reichte es bei dieser Frau aus, dass sie seinen Namen aussprach, damit sein Körper mit unwillkürlicher und unkontrollierbarer Erregung reagierte? Eine Reaktion, die er unbedingt kontrollieren lernen musste, denn es stand Vere zu, ihre Sexualität für sich zu beanspruchen. Wenn er es denn so wollte.
Der männliche Besitzerinstinkt, der sich jäh in ihm meldete, ließ ihn die Stirn runzeln. Er befand sich inmitten eineshöchst delikaten diplomatischen Prozesses, ein Prozess, der nicht durch eine nicht nachvollziehbare körperliche Lust gestört werden durfte. Er hatte einfach zu lang keine Frau mehr gehabt, nur deshalb spürte er dieses unwillkommene Verlangen, versicherte sich Drax. Es war über ein Jahr her, dass er seine letzte Beziehung beendet hatte, kein Wunder also, dass sein Körper ihn an gewisse Bedürfnisse erinnerte.
Es gab da eine sehr elegante und diskrete Bauchtänzerin, die erst kürzlich, nach dem Tode ihres älteren Ehemannes, wieder nach Dhurahn zurückgekehrt war. Sie würde ihn mit Freuden in ihren Armen empfangen, und sie würde auch die Regeln der Beziehung mit ihm verstehen, ohne dass eine ausführliche Erklärung notwendig wäre. Sie war gerade erst dreißig und zudem eine bemerkenswerte Schönheit.
Sie waren jetzt beim Flughafen angekommen. Sadie spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. War dieser Schritt richtig? War es jetzt schon zu spät, um noch ihre Meinung zu ändern?
Ihre Meinung? So wie sie das sah, waren alle Entscheidungen bisher von ihm getroffen worden, auch wenn sie sich das nur unwillig eingestand. Und doch, wenn sie
Weitere Kostenlose Bücher