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zauberhafte Tierhandlung 1

zauberhafte Tierhandlung 1

Titel: zauberhafte Tierhandlung 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Webb
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Kapitel 1
    Ich guck nicht hin, ich guck nicht hin.
    Lotte starrte stur geradeaus und ignorierte ihre Mutter, die ihr unverdrossen von der anderen Seite des Zugfensters aus zuwinkte.
    Lotte hatte kaum ein Wort mit ihr gesprochen, seit sie ihr vor zwei Tagen die Neuigkeit eröffnet hatte. Sie war einfach zu wütend – und sobald sie darüber redeten, es miteinander besprachen, würde es Wirklichkeit werden. Bis zu diesem Moment war Lotte überzeugt gewesen, dass ihre Mutter den neuen Job in Paris gar nicht annehmen würde. Dass sie die Sache nicht durchziehen würde, wenn sie erkannte, wie verhasst Lotte die Vorstellung war. Doch nun war der Zeitpunkt vorüber, an dem sie noch einen Rückzieher hätte machen können.
    Lotte und ihre Mum würden einen ganzen Sommer lang getrennt sein, und sie hatten sich noch nicht einmal richtig voneinander verabschiedet! Sie fuhr herum und drückte ihre Hand gegen die Fensterscheibe.
    Ihre Mum war nicht mehr da.
    Der Zug hatte sich schon in Bewegung gesetzt, und alles, was Lotte sah, waren fremde Gesichter, die an ihr vorüberhuschten. Voller Panik kletterte sie auf ihren Sitz, um eine bessere Sicht zu haben. Sie wusste ja nicht mal, wann sie ihre Mutter wiedersehen würde! Das Gesicht gegen die Scheibe gepresst, spähte sie mit klopfendem Herzen aus dem Fenster, und als der Zug den Bahnsteig allmählich hinter sich ließ und sich in eine Kurve legte, erhaschte sie endlich einen Blick auf den pinkfarbenen Mantel ihrer Mutter. Mum winkte immer noch. Lotte sprang auf und winkte zurück, bis der Zug den Bahnhof verlassen hatte. Dann setzte sie sich wieder hin. Sie zitterte am ganzen Körper, ihr war ein kleines bisschen schlecht, und sie fühlte sich sehr allein.
    Aus dem Lautsprecher drang unter Knistern und Knacken eine Stimme, welche die nächsten Stationen ankündigte. Es waren eine Menge, und irgendwo in dem Wortsalat, ziemlich genau in der Mitte, versteckte sich der Halt Netherbridge. Von einem Moment auf den anderen war Lotte nicht länger traurig, sondern nur noch stinksauer, so sauer, wie sie es schon die vergangenen zwei Tage gewesen war. Netherbridge war eine winzige, kleine Stadt, irgendwo mitten auf dem Land, und Mum schob sie mir nichts dir nichts dorthin ab. Schlimmer noch: Sie nahm sich nicht mal die Zeit, Lotte persönlich dort abzuliefern. Sie hatte sie einfach in den Zug gesetzt und überließ es ihrem Onkel Jack, sie am Bahnhof abzuholen.
    »Ich kann mich noch nicht mal dran erinnern, wie er aussieht«, murmelte Lotte wütend vor sich hin und blinzelte gegen die Tränen an. Sie hatte ihn schon mal getroffen, aber das war vor Ewigkeiten gewesen, auf einem Familienfest, zu dem ihre Mum eigentlich gar nicht hatte gehen wollen. Lottes Mum war nicht mehr gern mit der Familie von Lottes Dad zusammen. Sie sagte, es mache sie zu traurig.
    Onkel Jack war der ältere Bruder von Lottes Dad, und er hatte eine Tierhandlung in Netherbridge. Lotte war noch nie dort gewesen, aber sie hatte den Laden auf den Fotos gesehen, die Onkel Jack jedes Jahr in seine Weihnachtskarte legte. Eins davon steckte sogar in ihrer Tasche. Mum hatte es ihr gegeben, damit sie Onkel Jack am Bahnhof auch erkannte. Lotte kramte in ihrer Tasche und fand das Bild schließlich, eingeklemmt zwischen zwei Seiten ihres Buches.
    Onkel Jack sah Lottes Dad sehr ähnlich. Er hatte das gleiche lockige schwarze Haar und sehr dunkle Augen. Normalerweise hätte sie das fasziniert, aber in diesem Augenblick war Lotte weniger an ihrem Onkel als vielmehr an dem Laden interessiert, den sie im Hintergrund der Fotografie ausmachen konnte – und der für den Sommer ihr Zuhause sein sollte. Ihre Laune verbesserte sich etwas. Lottes Mum hatte schon immer etwas gegen Tiere gehabt. Und zwar sehr viel. Sie sagte, Tiere machten Dreck und würden stinken, und für sie wäre in einer Mietwohnung kein Platz. Sogar Goldfische, was Lotte nicht besonders einleuchtend fand. Es würde bestimmt Spaß machen, zur Abwechslung mit ein paar Tieren unter einem Dach zu leben. Es sah nicht so aus, als gehörte Onkel Jacks Tierhandlung zu der langweiligen Sorte – die, in der man nur Flohhalsbänder und Katzenspielzeug kaufen konnte. Sie sah sich das Foto aufmerksam an. Es war schwer zu erkennen, aber da schien ein Papagei auf einer Stange am Fenster zu sitzen. Außerdem entdeckte sie Tüten mit Tiernahrung. Auf dem Schild über dem Laden stand Tierhandlung Grace und noch etwas anderes darunter, aber die Schrift war zu klein, als dass man sie

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