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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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eher aus wie Rehkötel, dachte er. Und es hätte ihn nur wenig überrascht, wenn sich herausstellen sollte, dass es tatsächlich welche waren. Er steckte drei in die Flasche zurück und reichte Reller die drei anderen. »Nimm sie alle. Und sag Smutje, dass er dir ein halbes Maß Rum geben soll zum Runterspülen. Dann setz dich in die Kombüse und wärm dich auf, bis sie anfangen zu wirken.«
    Das Gesicht des Mannes leuchtete sofort auf. Kapitän Sickel war nicht gerade freigiebig, was Spirituosen auf seinem Schiff anging. Vermutlich war es für Reller der erste Schluck Alkohol, seit sie Bingtown verlassen hatten. Bei der Aussicht auf einen Drink und einige Zeit an einem warmen Plätzchen leuchtete das Gesicht des Mannes vor Dankbarkeit. Brashen beschlichen einen Moment Zweifel, dann jedoch musste er einräumen, dass er nicht wusste, wie die Pillen wirkten. Wenigstens konnte er sicher sein, dass der billige Rum, den sie für die Mannschaft gekauft hatten, dem Mann helfen würde, trotz seiner Schmerzen einzuschlafen.
    Als Reller gehen wollte, zwang Brashen sich dazu, die Frage zu stellen, die ihm auf der Zunge brannte. »Der Sohn meiner Base… derjenige, den du für mich im Auge behalten solltest… Wie macht er sich?«
    Reller zuckte mit den Schultern und jonglierte mit den Tabletten in seiner Linken. »Er macht sich gut, Sir. Ganz gut.
    Er ist ein williger Bursche.«
    Er legte die Hand auf den Riegel.
    Anscheinend konnte er es kaum erwarten zu verschwinden. Der versprochene Rum lockte.
    »Also«, fuhr Brashen widerwillig fort. »Er versteht seine Arbeit und erledigt sie geschickt?«
    »Oh, das tut er, Sir. Er ist ein guter Junge, wie ich schon sagte.
    Ich behalte Athel im Auge und sorge dafür, dass ihm nichts zustößt.«
    »Gut. Sehr gut. Meine Cousine wird stolz auf ihn sein.«
    Er zögerte. »Und vergiss nicht, der Junge soll nichts davon erfahren. Ich möchte nicht, dass er glaubt, er bekäme eine Sonderbehandlung.«
    »Ja, Sir. Nein, Sir. Gute Nacht, Sir.«
    Reller drückte sich durch die Tür und machte sie fest hinter sich zu.
    Brashen schloss die Augen und holte tief Luft. Das war alles, was er für Althea tun konnte: einen verlässlichen Mann wie Reller bitten, auf sie aufzupassen. Er sah nach, ob der Riegel an seiner Tür vorgelegt war, verschloss dann den kleinen Schrank mit den medizinischen Vorräten, kroch in seine enge Koje und seufzte.
    Mehr konnte er für Althea nicht tun. Wirklich nicht. Das war alles.
    Schließlich gelang es ihm einzuschlafen.

    Wintrow mochte die Takelage nicht. Er hatte so gut wie möglich versucht, es vor Torg zu verbergen, aber der Mann hatte den untrüglichen Instinkt eines Tyrannen. Infolgedessen erfand er ein dutzend Mal am Tag einen Grund, warum Wintrow den Mast hinaufklettern musste. Als er spürte, dass diese Wiederholung Wintrows Widerwillen schwächte, hatte er zusätzliche Aufgaben erfunden. Er gab Wintrow Dinge mit, die er hinauftragen und ins Krähennest legen sollte. Nur, um ihn wieder hochzuschicken und sie herunterzuholen, kaum dass Wintrow auf dem Deck stand. Torgs letzte Befehle schickten Wintrow nicht nur den Mast hinauf, sondern hießen ihn auch bis auf die Enden der Rundhölzer zu gehen. Dort hielt er sich mit heftig pochendem Herzen fest, bis Torg den Befehl brüllte, wieder zurückzugehen. Es war eine einfache Quälerei, von der schlichtesten und vorhersehbarsten Sorte. Wintrow hatte nichts anderes von Torg erwartet. Viel schwieriger war es für ihn, sich vorzustellen, dass der Rest der Mannschaft diese Quälerei als normal akzeptierte. Wenn sie überhaupt wahrnahmen, wie Torg ihn quälte, dann amüsierten sie sich gewöhnlich darüber. Und niemand schritt dagegen ein.
    Dennoch hat der Mann mir einen Gefallen getan, dachte Wintrow, während er auf einem Rundholz stand und auf das Deck unter sich blickte. Der Wind rauschte an ihm vorbei, die Segel blähten sich, und das Tau, an dem er sich festhielt, sang vor Spannung. Durch den hohen Mast verstärkte sich die Bewegung des Schiffes im Wasser, so dass jedes Rollen zu einem Bogen wurde. Es gefiel ihm immer noch nicht da oben, aber er konnte nicht bestreiten, dass es eine Beschwingtheit auslöste, die nichts mit Freude zu tun hatte. Er hatte eine Herausforderung bestanden. Wäre es ihm überlassen geblieben, hätte er so etwas niemals ausprobiert.
    Er kniff die Augen zusammen, während der Wind ihn mit ohrenbetäubendem Lärm umwehte. Einen Moment spielte er mit der Idee, dass er vielleicht tatsächlich

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