Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
Brashen war damals Maat, und ich hielt ihn für einen richtigen Schweinepriester. Nachdem er begriffen hatte, dass es mich nervös machte, hier heraufzuklettern, endete jede meiner Mahlzeiten hier oben.
    ›Wenn du essen willst, geh und hol es dir‹, sagte er. Und ich musste den Mast hochklettern und herumkrabbeln, bis ich die Schüssel mit meinem Fraß fand. Verdammt, wie habe ich ihn gehasst! Ich war so verängstigt und langsam, dass mein Essen beinahe immer kalt war, bis ich es gefunden hatte.
    Und die Hälfte war verschüttet. Aber ich habe wie du gelernt, und dann hat es mir nach einer Weile nichts mehr ausgemacht.«
    Wintrow schwieg und dachte nach. Milds Finger tanzten erneut über die Maultrommel und erzeugten eine lebhafte, kleine Melodie. »Also hasst Torg mich gar nicht? Es ist alles nur ein Teil meiner Ausbildung?«
    Mild lachte belustigt auf. »O nein. Das kommt darauf an.
    Torg hasst dich. Torg hasst alle, von denen er glaubt, dass sie schlauer sind als er, und das ist der größte Teil der Besatzung.
    Aber er versteht auch was von seiner Arbeit. Und er weiß, dass er dich zu einem Seemann machen muss, wenn er seinen Job behalten will. Also bringt er dir was bei. Er macht es so quälend und unerfreulich, wie er nur kann, aber er bringt dir was bei.«
    »Wenn er so hassenswert ist, warum behält mein… der Kapitän ihn dann als Zweiten Maat?«
    Mild zuckte mit den Schultern. »Frag deinen Alten«, erwiderte er bissig. Dann grinste er, als wolle er es ins Scherzhafte ziehen.
    »Ich habe gehört, dass Torg schon eine Weile bei ihm ist und mit ihm eine wirklich schlimme Fahrt auf dem Schiff überstanden hat, auf dem sie normalerweise segelten. Als er an Bord der Viviace gekommen ist, hat er also Torg mitgebracht.
    Vielleicht wollte ihn niemand sonst anheuern, und er fühlte sich ihm verpflichtet. Oder vielleicht hat Torg einfach nur einen netten, knackigen Hintern.«
    Wintrow klappte bei dieser Andeutung die Kinnlade herunter.
    Aber Mild grinste schon wieder. »Heh, nimm das nicht so ernst.
    Kein Wunder, dass dich jeder so gern auf den Arm nimmt. Du bist ein leichtes Opfer.«
    »Aber er ist mein Vater«, protestierte Wintrow.
    »Von wegen. Nicht, solange du an Bord dieses Schiffes dienst.
    Hier ist er einfach nur dein Kapitän. Und er ist leidlich in Ordnung als Kapitän, auch wenn er nicht so gut ist wie Ephron Vestrit. Einige von uns glauben ja auch immer noch, dass Brashen das Kommando hätte übernehmen sollen, als Kapitän Vestrit abgetreten ist. Aber er ist in Ordnung.«
    »Warum sagst du dann… so etwas über ihn?«
    Es war Wintrow tatsächlich ein Rätsel.
    »Weil er der Kapitän ist«, erklärte Mild. »Seeleute sagen so etwas immer, und sie benehmen sich auch so, selbst wenn sie den Mann mögen. Weil man weiß, dass er jederzeit auf dich scheißen kann, wenn er will. Soll ich dir mal was verraten? Als wir das erste Mal erfuhren, dass Kapitän Vestrit das Kommando abgeben und einen neuen Mann einsetzen würde, weißt du, was Comfrey da gemacht hat?«
    »Was?«
    »Er ist in die Kombüse gegangen, hat den Kaffeebecher des Kapitäns genommen und ihn mit seinem Schwanz ausgewischt!«
    Milds graue Augen leuchteten vor Vergnügen, und er wartete gespannt auf Wintrows Reaktion.
    »Du nimmst mich schon wieder auf den Arm!«
    Doch unwillkürlich musste er lächeln. Es war ein etwas schiefes Lächeln, denn so etwas war ekelhaft und entwürdigend. Es war zu verrückt, um wahr zu sein. Wie konnte ein Mann einem anderen Mann, den er noch nicht einmal kennengelernt hatte, so etwas antun? Und das nur, weil der Macht über ihn hatte? Es war unglaublich. Und dennoch… Trotzdem… Es war komisch.
    Plötzlich wurde Wintrow etwas klar. Wenn man das einem Mann antat, den man kannte, musste man grausam und gemein sein. Aber es einem unbekannten Kapitän anzutun, zu einem Mann aufblicken zu müssen, der die Macht über Leben und Tod besaß, und dabei zu wissen, dass er mit seinem Kaffee auch den Geschmack von deinem Schwanz nuckelte… Er wandte den Blick von Mild ab und spürte ungläubig, wie er selbst breit grinste. Genau das hatte Comfrey seinem Vater angetan.
    »Die Mannschaft spielt dem Kapitän und auch dem Maat schon einige Streiche. Sie sollen nicht so einfach damit durchkommen zu glauben, sie wären die Götter und wir nur der Abschaum.«
    »Dann… glaubst du, dass sie es wissen?«
    Mild grinste. »Man kann nicht so lange in der Flotte sein und nicht wissen, was vorgeht.«
    Er spielte noch ein paar Noten

Weitere Kostenlose Bücher