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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hierher gehörte, dass vielleicht tief in dem Priester das Herz eines Seemanns schlug.
    Ein leises, merkwürdiges Geräusch drang an sein Ohr. Eine Vibration von Metall. Er fragte sich, ob irgendwelche Beschläge locker waren, und sein Herz schlug schneller.
    Langsam hangelte er sich an der Sicherungsleine entlang und suchte nach der Quelle des Geräuschs. Der Wind trieb sein Spiel mit ihm, brachte das Geräusch näher und trug es dann wieder fort. Erst nachdem er es einige Male gehört hatte, erkannte er, dass es verschiedene Töne waren und dass der Rhythmus nichts mit dem Wind zu tun hatte. Er kletterte bis zum Krähennest und hielt sich an der Seite fest.
    In dem Ausguck saß Mild. Der Seemann hatte sich bequem hingehockt. Seine Augen waren nur noch Schlitze, und er hatte eine winzige Maultrommel an die Wange gelegt.
    Er spielte sie mit einer Hand, wie Seeleute es taten. Seinen Mund benutzte er als Klangkörper, während seine Finger an dem Metallzinken zupften. Er lauschte nur seiner eigenen Musik, während er mit den Blicken den Horizont absuchte.
    Wintrow dachte, dass er ihn nicht bemerkte, bis der andere Junge ihm einen kurzen Seitenblick zuwarf. Er hörte auf zu spielen. »Was?«, wollte er wissen, ohne das Instrument abzusetzen.
    »Nichts. Bist du auf Wache?«
    »Sozusagen. Aber hier gibt es nicht viel zu bewachen.«
    »Piraten?«, meinte Wintrow.
    Mild schnaubte verächtlich. »Normalerweise belästigen sie kein Zauberschiff. Oh, sicher, ich habe Gerüchte gehört, als wir in Chalced waren, dass ein oder zwei gejagt worden wären. Aber meistens lassen sie uns in Ruhe. Alle Zauberschiffe können ein Holzschiff abhängen, wenn die Bedingungen gleich sind. Es sei denn, das Zauberschiff hätte eine wirklich unerfahrene Mannschaft. Und die Piraten wissen, dass es einen fürchterlichen Kampf gibt, selbst wenn sie ein Zauberschiff einholen. Und wenn sie gewinnen, was hätten sie davon? Ein Schiff, das nicht für sie segeln will. Ich meine… Glaubst du wirklich, dass die Viviace Fremde an Bord willkommen heißen und sich von ihnen segeln lassen würde? Wohl kaum!«
    »Wohl kaum«, stimmte Wintrow zu. Er war angenehm überrascht. Sowohl von Milds offensichtlicher stolzer Zuneigung zu dem Schiff als auch darüber, dass der Junge überhaupt mit ihm redete. Mild schien Wintrows Aufmerksamkeit zu schmeicheln, denn er fuhr wissend fort:
    »So wie ich das sehe, tun uns die Piraten einen großen Gefallen.«
    Wintrow schluckte den Köder. »Wieso?«
    »Ja… wie soll ich das erklären? Du bist nicht in Chalced an Land gegangen, stimmt’s? Nun, wir haben gehört, dass die Piraten plötzlich anfangen, Sklavenschiffe anzugreifen.
    Wenigstens eines ist gekapert worden, und es gibt Gerüchte, dass andere bedroht wurden. Jetzt haben wir Ende Herbst.
    Aber im Frühling braucht Chalced eine Menge Sklaven, damit sie pflügen und aussäen. Wenn die Piraten die gewöhnlichen Sklavenschiffe angreifen, gibt es sicherlich einen großen Markt, wenn wir mit einer erstklassigen Ladung nach Chalced einlaufen. Vermutlich bekommen wir soviel für unsere Fracht, dass wir direkt nach Bingtown zurücksegeln können.«
    Mild grinste und nickte zufrieden, als würde es positiv auf Kyle zurückfallen, wenn er einen guten Preis für seine Ladung erzielte. Vermutlich wiederholte er nur das, was er von den älteren Matrosen gehört hatte. Wintrow schwieg und sah hinaus auf die wogende See. Ihm war übel, und dieses Gefühl hatte nichts mit Seekrankheit zu tun. Wann immer er an Jamaillia dachte und daran, dass sein Vater dort tatsächlich Sklaven kaufen wollte, um sie wieder zu verkaufen, überkam ihn eine schreckliche Trauer. Es war fast so, als empfinde er die Gewissensbisse und den Schmerz einer furchtbaren Erinnerung, bevor das Ereignis überhaupt passiert war. Nach einem Moment setzte Mild das Gespräch fort.
    »Hat Torg dich wieder hier heraufgeschickt?«
    »Ja.«
    Wintrow war selbst verblüfft, als er mit den Schultern zuckte und sich lässig gegen das Seil lehnte.
    »Mittlerweile macht es mir nicht mehr soviel aus.«
    »Das ist mir klar. Deshalb macht man das ja.«
    Als Wintrow ihn fragend ansah, grinste Mild. »Ach, denkst du, dass es eine besondere Folter nur für dich ist? O nein. Sicher, Torg hackt gern auf dir rum. Bei Sas Eiern, Torg hackt gern auf allen rum. Jedenfalls auf allen, bei denen er damit durchkommt. Aber den Schiffsjungen den Mast rauf und runter zu schicken hat Tradition. Als ich neu an Bord war, habe ich es gehasst.

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